Entscheidungsstichwort (Thema)

Rüge nicht vorschriftsmäßiger Besetzung des Gerichts und der Verletzung von Vorschriften über das Verfahren bei der mündlichen Verhandlung

 

Leitsatz (NV)

Die Prüfung des Vorbringens ein ehrenamtlicher Richter sei durch die Verhandlungsführung des Vorsitzenden Richters verwirrt worden, ist nicht im Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde möglich.

Zur Geltendmachung eines Verfahrensmangels wegen der Einstellung eines abgetrennten Verfahrens während der mündlichen Verhandlung über die Klage.

 

Normenkette

FGO §§ 92-93, 115 Abs. 5, § 116 Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

FG Baden-Württemberg

 

Tatbestand

Mit Schriftsatz vom 30. Dezember 1982 erhoben die ,,Eheleute A" Klage wegen Einkommensteuer und Umsatzsteuer 1977 bis 1979. Die im Betreff angegebene Einspruchsentscheidung wegen Umsatzsteuer 1977 bis 1979 war nur gegen den Ehemann - den Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) - ergangen. Nachdem der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) darauf hingewiesen hatte, daß die Ehefrau des Klägers durch die angefochtenen Umsatzsteueränderungsbescheide 1977 bis 1979 nicht beschwert sei, legte der Kläger dar, die Klage seiner Ehefrau beziehe sich ausschließlich auf das vom Finanzgericht (FG) abgetrennte Verfahren wegen Einkommensteuer 1977 bis 1979.

In der mündlichen Verhandlung vom 28. August 1986 im Verfahren der Eheleute wegen Umsatzsteuer 1977 bis 1979 erklärte der Vertreter der Kläger ausweislich des Sitzungsprotokolls, er nehme die Klage der Ehefrau wegen Umsatzsteuer 1977 bis 1979 zurück. Darauf trennte das FG das Verfahren in eine Klage des Klägers und eine Klage der Ehefrau, stellte dieses Verfahren durch Beschluß ein und erteilte eine Rechtsmittelbelehrung. Danach beantragte der Kläger die Aufhebung der Umsatzsteueränderungsbescheide 1977 bis 1979 und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung.Das FG wies die Klage des Klägers ab. Das Urteil vom 28. August 1986 - enthält keinen Ausspruch über die Zulassung der Revision.

Mit der gegen die Nichtzulassung der Revision erhobenen Beschwerde, der das FG nicht abgeholfen hat, macht der Kläger Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) geltend. Er rügt Verstöße gegen § 92 FGO und gegen § 83 FGO (gemeint ist offenbar § 93 FGO). Zur Begründung führt er aus, es sei nicht auszuschließen, daß die ehrenamtlichen Richter durch die Vermengung und das Dazwischenschieben eines anderen Verfahrens verwirrt und gehindert worden seien, der Verhandlung über seine Klage ordnungsgemäß zu folgen und bei der Urteilsfindung ordnungsgemäß mitzuwirken, weil während der Verhandlung in seiner abgetrennten Sache das Verfahren gegen seine Ehefrau erledigt worden sei. Der Vorsitzende Richter habe weder die Unterbrechung des ursprünglichen Verfahrens erklärt noch darauf hingewiesen, daß zwischenzeitlich in das Verfahren gegen die Ehefrau eingetreten würde.

Der Kläger beantragt, die Revision gegen das Urteil des FG Baden-Württemberg vom 28. August 1986 zuzulassen.

Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers (§ 115 Abs. 3 FGO) ist unzulässig.

1. Mit dem Vortrag, die ehrenamtlichen Richter seien durch die Verhandlungsführung verwirrt und gehindert worden, bei der Urteilsfindung ordnungsgemäß mitzuwirken, rügt der Kläger die nicht vorschriftsmäßige Besetzung des Gerichts (§ 116 Abs. 1 Nr. 1 FGO). Die Prüfung eines solchen Vorbringens ist aber nicht im Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde, sondern nur im Revisionsverfahren selbst möglich (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 9. Juni 1986 IX B 90/85, BFHE 146, 395, BStBl II 1986, 679).

2. Soweit der Kläger die Verletzung der Vorschriften über die mündliche Verhandlung (§§ 92, 93 FGO) rügt, weil das abgetrennte Verfahren gegen seine Ehefrau während der mündlichen Verhandlung über seine Klage eingestellt worden sei, fehlt der für die Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensmangels notwendige Vortrag (vgl. dazu Klein / Ruban, Der Zugang zum Bundesfinanzhof, Rdnr. 164), weshalb die angefochtene Entscheidung auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruhen könne (vgl. auch Urteil des BFH vom 14. Januar 1981 I R 133/79, BFHE 132, 508, BStBl II 1981, 443 unter 3. a). Der Kläger hat nicht ausgeführt, weshalb die angefochtene Entscheidung anders ausgefallen wäre, wenn der Vorsitzende von seiner Befugnis, die mündliche Verhandlung zu leiten, derart Gebrauch gemacht hätte, daß das abgetrennte Verfahren nach dem Schluß der mündlichen Verhandlung über seine Klage eingestellt worden wäre.

 

Fundstellen

Haufe-Index 415287

BFH/NV 1988, 168

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