Entscheidungsstichwort (Thema)

Vollmachtloser Vertreter; Begründung der NZB mit einem sich nicht auf den Streitfall beziehenden Sachverhalt

 

Leitsatz (NV)

1. Eine ohne den Nachweis der Bevollmächtigung eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens sind dann in der Regel dem vollmachtlosen Vertreter aufzuerlegen.

2. Beziehen sich die Sachverhaltsangaben, mit denen die geltend gemachten Gründe für die Zulassung der Revision konkretisiert werden, nicht auf den Streitfall, ist die Nichtzulassungsbeschwerde auch aus diesem Grund unzulässig.

 

Normenkette

FGO § 62 Abs. 3, § 115 Abs. 3 S. 3, § 135 Abs. 2

 

Tatbestand

Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erhoben nach erfolglosem Einspruch Klage gegen die Festsetzung von Aussetzungszinsen für die Einkommensteuer 1971 bis 1976. Die erste mündliche Verhandlung in der Sache vor dem Finanzgericht (FG) fand am 19. August 1994 statt. In dieser mündlichen Verhandlung überreichte der damalige Prozeßbevollmächtigte der Kläger, J, ein Sohn der Kläger, auch die Klagebegründung. Die mündliche Verhandlung führte zur Vertagung der Sache. Durch Beschluß vom 15. September 1994 schloß das FG den damaligen Prozeßbevollmächtigten von der weiteren Vertretung der Kläger aus.

Aufgrund mündlicher Verhandlung vom 29. November 1994, in der für die Kläger niemand erschien, wies das FG die Klage als unbegründet ab. In dem Urteil vertrat der Einzelrichter des FG, auf den der Rechtsstreit übertragen worden war, die Auffassung, daß er an der Entscheidung in der Sache nicht gehindert sei, da Befangenheitsanträge der Kläger gegen ihn vom 18. und 19. August 1994 und vom 25. November 1994 rechtsmißbräuchlich und daher unzulässig seien. Die Revision gegen das klageabweisende Urteil ließ das FG nicht zu.

Hiergegen richtet sich die von Rechtsanwalt B für die Kläger eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde. Eine Vollmachtsurkunde für Rechtsanwalt B wurde bisher nicht vorgelegt. Auch eine Aufforderung der Geschäftsstelle des erkennenden Senats vom 23. März 1995 mit Fristsetzung zur Vorlage der Vollmachtsurkunde blieb erfolglos.

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist im wesentlichen wie folgt begründet worden: Die schriftsätzlichen Zeugenbeweisangebote seien in dem FG-Urteil einfach übergangen worden. Die Kläger hätten nämlich mit Schriftsätzen von November und Dezember 1993 beantragt, den in der mündlichen Verhandlung präsenten Zeugen J dazu zu vernehmen, daß keine steuerpflichtigen Gewinne oder Umsätze in den Streitjahren erzielt worden seien. Durch Nichtvernehmung des Zeugen sei den Klägern das rechtliche Gehör verweigert worden. Außerdem hätten die Kläger schriftsätzlich beantragt, den 21. Dezember 1993 als Termin der mündlichen Verhandlung aufzuheben, weil sie alters- und krankheitsbedingt keine Gerichtstermine wahrnehmen könnten. Zudem habe das Gericht mit Beschlüssen vom Dezember 1993 ihren Sohn J unberechtigt von der Prozeßvertretung ausgeschlossen. Gegen diesen Beschluß sei eine Beschwerde beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängig. Deshalb seien die Kläger in den Terminen vom November 1994 nicht vertreten gewesen. Außerdem habe das FG über die Befangenheitsanträge nicht entschieden.

Die Kläger beantragen, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) hat sich zu der Nichtzulassungsbeschwerde nicht geäußert.

 

Entscheidungsgründe

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig.

1. Dies folgt schon daraus, daß der Rechtsanwalt B für das von ihm angestrengte Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren keine schriftliche Vollmacht der Kläger vorgelegt hat. Nach §62 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Bevollmächtigung durch eine schriftliche Vollmacht nachzuweisen. Das ist im Streitfall nicht geschehen, obwohl Rechtsanwalt B von der Geschäftsstelle aufgefordert worden ist. Den Mangel der Vollmacht hat das Gericht gemäß §62 Abs. 3 Satz 2 FGO von Amts wegen zu berücksichtigen. Die im Streitfall ohne den Nachweis der Vollmacht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist daher als unzulässig zu verwerfen (vgl. Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., §62 Rdnr. 38, m. w. N.).

2. Im übrigen ist die Nichtzulassungsbeschwerde auch aus anderen Gründen unzulässig. Der als Prozeßbevollmächtigte aufgetretene Rechtsanwalt B hat offenbar einen Schriftsatz aus einem ganz anderen, früher beim BFH anhängig gemachten Verfahren verwendet und diesen mit nur geringfügigen Änderungen im vorliegenden Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren eingereicht. Die Sachverhaltsangaben, mit denen die geltend gemachten Gründe für die Zulassung der Revision konkretisiert werden, beziehen sich demgemäß auf das andere Verfahren und nicht auf den Streitfall. Die Nichtzulassungsbeschwerde liegt daher im wesentlichen neben der Sache.

So enthält die FG-Akte entgegen der Beschwerdeschrift keine Schriftsätze vom November und Dezember 1993, mit denen die Vernehmung des Zeugen J beantragt worden ist. Der angebliche Antrag, mit dem eine Verlegung des Termins der mündlichen Verhandlung vom 21. Dezember 1993 beantragt worden sein soll, kann sich ebenfalls nicht auf das vorliegende Verfahren beziehen. Denn an diesem Termin hat vor dem FG keine mündliche Verhandlung im Streitfall stattgefunden und war auch nicht terminiert. Da dieser angebliche Antrag auf Aufhebung des Termins der mündlichen Verhandlung der Substantiierung des Vortrags dient, die Kläger seien in dem Termin vom November 1994, an dem tatsächlich in der Streitsache mündlich verhandelt worden ist, nicht den Vorschriften des Gesetzes gemäß vertreten gewesen, bleibt dieser Vortrag ohne jede konkrete Begründung. Denn auch der genannte Beschluß vom "Dezember 1993" über den Ausschluß des J von der Prozeßvertretung kann sich nicht auf den Streitfall beziehen. Ähnlich wird die Behauptung, das FG habe über die Befangenheitsanträge nicht entschieden, nicht substantiiert. Das FG hat vielmehr in dem angegriffenen Urteil eingehend zu den Befangenheitsanträgen Stellung genommen und sie als unzulässig behandelt. Hierzu fehlt jede Auseinandersetzung in der Nichtzulassungsbeschwerde.

Insgesamt entspricht die Nichtzulassungsbeschwerde in keiner Weise den Maßstäben, die an eine ordnungsgemäße Prozeßvertretung in einem Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren vor dem BFH zu stellen sind.

3. Die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens sind dem ohne Prozeßvollmacht aufgetretenen Rechtsanwalt B aufzuerlegen, weil dieser die erfolglose Prozeßführung veranlaßt hat (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschlüsse vom 19. April 1968 III B 85/67, BFHE 92, 173, BStBl II 1968, 473; vom 13. Dezember 1972 I B 42/72, BFHE 108, 477, BStBl II 1973, 532; vom 30. Mai 1996 V B 80/95, BFH/NV 1996, 846).

 

Fundstellen

Haufe-Index 67039

BFH/NV 1998, 878

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