Entscheidungsstichwort (Thema)

Hauptsacheerledigung eines Verfahrens wegen Nichtzulassung der Revision

 

Leitsatz (NV)

Ein Verfahren wegen Nichtzulassung der Revision erledigt sich in der Hauptsache, wenn die Zulassung für einen anderen Beteiligten ausgesprochen worden ist.

 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 3

 

Verfahrensgang

FG Baden-Württemberg

 

Tatbestand

Das Finanzgericht (FG) hat der Klage des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger), mit der Freistellung von der Umsatzsteuer 1974 beantragt worden war, teilweise stattgegeben. Es ist davon ausgegangen, daß der Kläger bei dem Verkauf seiner Münzsammlung als Unternehmer tätig war, er aber lediglich als Kleinunternehmer gemäß § 19 UStG zu besteuern sei. Das FG hat demgemäß die Umsatzsteuer 1974 auf . . . DM herabgesetzt (Urteil vom 15. Juli 1982, dem Kläger zugestellt am 23. Juli 1982). Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 16. August 1982 (Eingang beim FG 18. August 1982) Nichtzulassungsbeschwerde und mit Schriftsatz vom 20. September 1982 (Eingang beim FG 23. September 1982) Revision (Az. X R 48/82) eingelegt. Das FG hat der Beschwerde des Klägers nicht abgeholfen (Beschluß vom 1. September 1982). Hingegen hat es auf die Beschwerde des Beklagten und Beschwerdegegners (FA) die Revision zugelassen (Beschluß vom 1. September 1982). Es ist hierbei davon ausgegangen, daß es bei der Anwendung des § 19 UStG von dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 19. Februar 1976 V R 23/73 (BFHE 118, 483, BStBL II 1976, 400) abgewichen sei.

Der Kläger hat mit der Nichtzulassungsbeschwerde grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend gemacht. Nachdem er von der Zulassung der Revision des FA erfahren hatte, hat er die Auffassung vertreten, über seine Beschwerde brauche nicht mehr entschieden zu werden, weil die Zulassung der Revision des FA zugunsten aller Prozeßbeteiligten wirke. Später hat er geltend gemacht, sein am 12. November 1982 zu dem Verfahren X R 48/82 eingereichter Schriftsatz sei als Anschlußrevision zu der vom FA eingelegten Revision anzusehen.

Das FA erwidert: Der Grund für die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde sei nicht entfallen. Die Zulassung seiner Revision wirke nicht für den Kläger. Die Revision könne auch nicht als (unselbständige) Anschlußrevision behandelt werden, weil im Zeitpunkt ihrer Einlegung noch keine Hauptrevision anhängig gewesen sei. Grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sei zu verneinen.

 

Entscheidungsgründe

Der Senat versteht das Vorbringen des Klägers, für seine Beschwerde sei infolge der Zulassung der Revision des FA ,,der Grund" entfallen, dahin, daß sich die zunächst zulässige Beschwerde in der Hauptsache erledigt habe. Da das FA dieser Erklärung des Klägers widersprochen hat, steht der Streit um die Erledigung der Hauptsache im Vordergrund.

Es ist Hauptsacheerledigung eingetreten. Der Kläger konnte ebenso wie das FA Revision einlegen, nachdem das FG am 1. September 1982 auf die Beschwerde des FA die Revision zugelassen hatte. Spricht das FG die Zulassung im Urteil aus, darf die Zulassung nicht auf einzelne Streitpunkte oder einzelne Beteiligte beschränkt werden; eine derart ausgesprochene Beschränkung ist unbeachtlich (BFH-Urteile vom 30. Januar 1970 IV 2/65, BFHE 98, 326, BStBl II 1970, 383; vom 10. März 1981 VIII R 195/77, BFHE 133, 189, 191, BStBl II 1981, 470; vom 13. Mai 1981 II R 167/80, BFHE 133, 450, 452, BStBl II 1981, 649). Das gilt jedenfalls für den hier gegebenen Fall, daß sich das Urteil auf einen unteilbaren Streitgegenstand im Sinne des BFH-Beschlusses vom 17. Juli 1967 GrS 1/66 (BFHE 91, 393, BStBl II 1968, 344) bezieht. Eine andere Beurteilung ist auch nicht deswegen gerechtfertigt, weil das FG die Zulassung nicht im Urteil, sondern in einem Abhilfebeschluß ausgesprochen hat. Der Kläger hat von der ihm durch den Beschluß vom 1. September 1982 eingeräumten Befugnis Gebrauch gemacht und innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses am 23. September 1982 Revision eingelegt. Unerheblich ist, daß das FA erst am 27. September 1982 seinerseits Revision einlegte. Nicht entschieden zu werden braucht, ob hilfsweise der vom Kläger am 12. November 1982 zu X R 48/82 eingereichte Schriftsatz als Anschlußrevision angesehen werden kann.

 

Fundstellen

BFH/NV 1988, 505

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