Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Nachprüfung der gerichtlichen Kostenentscheidung im Erinnerungsverfahren

 

Leitsatz (NV)

Rechtskräftige Gerichtsentscheidungen, die dem Kostenansatz zugrunde liegen, können im Verfahren der Erinnerung grundsätzlich nicht auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden.

 

Normenkette

GKG §§ 4, 8 Abs. 1, § 13 Abs. 1 S. 1

 

Tatbestand

Der Erinnerungsführer führte vor dem Finanzgericht (FG) einen Rechtsstreit wegen Einkommensteuer 1981 bis 1987 sowie Einkommensteuer-Vorauszahlungen 1988 und 1989.

Die angefochtenen Steuerbescheide beruhten auf Schätzungen des beklagten Finanzamts (FA), da der Erinnerungsführer keine Einkommensteuererklärungen eingereicht hatte.

Da der Erinnerungsführer seinen Rechtsbehelf nicht begründete, wies das FG die Klage durch Urteil vom 9. Februar 1994 als unzulässig ab. Das FG hat die Revision nicht zugelassen.

Gegen die Nichtzulassung der Revision hat der Erinnerungsführer Beschwerde eingelegt, die der erkennende Senat durch Beschluß vom 24. Mai 1994 wegen Nichtbeachtung des Vertretungszwangs (Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs) als unzulässig verworfen hat.

Mit Kostenrechnung vom 27. Juni 1994 setzte die Kostenstelle des Bundesfinanzhofs (BFH) gemäß § 4 des Gerichtskostengesetzes (GKG) bei einem Streitwert von 45 000 DM Kosten in Höhe von 522 DM gegen den Kostenschuldner fest.

Hiergegen wendet sich der Erinnerungsführer mit seinem "Widerspruch" vom 12. Juli 1994. Zur Begründung führt er aus, er habe mit seiner Beschwerde nicht den BFH angerufen, sondern das FG um eine Änderung seiner Entscheidung gebeten; dieses habe die Sache zu Unrecht an den BFH weitergeleitet. Der BFH-Beschluß vom 24. Mai 1994 sei deshalb unzulässig.

Die Kostenrechnung sei auch deshalb zurückzuweisen, weil der Streitwert völlig überhöht und nicht nachgewiesen worden sei.

Die Kostenstelle des BFH hat mit Schreiben vom 6. Februar 1995 den der Kostenrechnung zugrunde gelegten Streitwert erläutert und ausgeführt, der Streitwert für das Beschwerdeverfahren sei auf 5 000 DM pro Jahr geschätzt worden.

Der Erinnerungsführer hat mit Schreiben vom 29. April 1995 und vom 25. Juni 1995 seine Einwendungen gegen den Kostenansatz aufrechterhalten. Er ist der Ansicht, eine Schätzung des Streitwerts sei unzulässig. Maßgebend müsse der Verwaltungsaufwand sein.

 

Entscheidungsgründe

Die Erinnerung ist zulässig, da für ihre Einlegung kein Vertretungszwang gilt (BFH- Beschluß vom 24. September 1986 VI E 2/86, BFH/NV 1987, 732).

Die Erinnerung ist jedoch unbegründet.

1. Von der Erhebung der Gerichtskosten ist nicht wegen offensichtlich unrichtiger Behandlung der Sache gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 GKG abzusehen.

Diese Vorschrift kann nach ständiger Rechtsprechung nicht dazu führen, daß rechtskräftige Gerichtsentscheidungen, die dem Kostenansatz zugrunde liegen, im Verfahren der Erinnerung nochmals auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden (BFH- Beschluß vom 18. November 1993 VIII E 7--8/93, BFH/NV 1994, 571 m. w. N.). Ausnahmen hiervon kommen nur bei erkennbaren Versehen oder offensichtlichen Verstößen gegen eindeutige Vorschriften in Betracht (BFH-Beschluß vom 18. August 1987 VII E 5/87, BFH/NV 1988, 322). Letzteres ist hier schon deshalb nicht der Fall, weil der Erinnerungsführer sein Begehren auf eine Korrektur der finanzgerichtlichen Entscheidung klar zum Ausdruck gebracht und dabei erklärt hat, er lege gegen den Beschluß des FG Beschwerde ein. Das FG war deshalb verpflichtet, die Beschwerde dem BFH vorzulegen.

2. Die Erinnerung ist auch nicht nach § 8 Abs. 1 Satz 3 GKG begründet. Zwar kann diese Regelung auch bei Beschlüssen angewendet werden, mit denen Beschwerden als unzulässig verworfen wurden (BFH-Beschluß vom 6. März 1990 VII E 8/89, BFH/NV 1991, 55). Der Antrag des Erinnerungsführers beruht jedoch nicht auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse, da der Beschluß des FG mit einer zutreffenden Rechtsmittelbelehrung versehen war. Zudem war dem Erinnerungsführer aufgrund der Mitteilungen des FG und der Geschäftsstelle des erkennenden Senats bekannt, daß seine Beschwerde dem BFH zur Entscheidung vorlag. Unter diesen Umständen hätte er den BFH unverzüglich darauf hinweisen müssen, daß er mit dem Schreiben vom 2. März 1994 -- entgegen seinem Wortlaut -- nicht die Einlegung eines Rechtsmittels beabsichtigte. Eine solche Klarstellung hat der Erinnerungsführer ohne plausible Begründung unterlassen.

3. Die Kostenrechnung ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden.

Die vollständige Nachprüfung der Kostenrechnung des BFH vom 27. Juni 1994 im Erinnerungsverfahren (vgl. dazu BFH-Beschluß vom 12. Juli 1991 VIII E 2/91, BFH/NV 1992, 54 m. w. N.) ergibt, daß die Gerichtskosten für das Rechtsmittelverfahren zutreffend angesetzt worden sind. Der Streitwert von 45 000 DM, den die Kostenstelle ihrer Kostenrechnung zugrunde gelegt hat, ist nicht überhöht.

Zum Zweck der Berechnung von Gerichtskosten ist der Streitwert im Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (§ 13 Abs. 1 Satz 1 GKG). Der Streitwert des Verfahrens über die Nichtzulassungsbeschwerde entspricht dem voraussichtlichen Streitwert des angestrebten Revisionsverfahrens (BFH-Beschluß in BFH/NV 1992, 54 m. w. N.).

Wird, wie im Streitfall, Anfechtungsklage erhoben mit dem Antrag, eine Steuerfestsetzung um einen nicht bezifferten und aus dem Klagevorbringen nicht errechenbaren Betrag herabzusetzen, so kann der Wert des Streitgegenstandes auf die Hälfte der festgesetzten Steuer geschätzt werden (BFH- Beschluß vom 12. Juli 1991 VIII E 1/91, BFH/NV 1992, 190 m. w. N.).

Im Streitfall sind die Steuern für die Streitjahre wie folgt geschätzt worden: ...

Die Hälfte der für die streitigen Zeiträume festgesetzten Steuern würde somit 56 332 DM betragen. Der von der Kostenstelle des BFH angesetzte Streitwert unterschreitet diesen Betrag um 11 332 DM. Er hält sich im zulässigen Schätzungsrahmen und ist somit nicht zu beanstanden.

Im Streitfall sind keine Umstände ersichtlich, die bei der Beurteilung der Bedeutung der Sache nach Ermessen zu einer geringeren Bestimmung des Streitwerts führen. Der Erinnerungsführer hat die Steuererklärungen für die Streitjahre nicht vorgelegt, so daß auf dieser Grundlage auch eine Berichtigung der Kostenrechnung nicht möglich ist. Die unsubstantiierte Behauptung, der Streitwert sei überhöht, kann eine Änderung der Kostenrechnung zugunsten des Erinnerungsführers nicht rechtfertigen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 421109

BFH/NV 1996, 351

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge