Entscheidungsstichwort (Thema)

Nichterhebung von Kosten

 

Leitsatz (NV)

1. Eine Erinnerung gegen den Kostenansatz kann grundsätzlich nicht zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit bestandskräftiger Gerichtsentscheidungen führen. Ausnahmen hiervon kommen nur bei erkennbaren Versehen oder offensichtlichen Verstößen gegen eindeutige Vorschriften in Betracht. Letzteres ist nicht der Fall, wenn ein nach Klageabweisung und Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung durch das FG vom Kläger eingereichter Schriftsatz als Nichtzulassungsbeschwerde bzw. Beschwerde behandelt wird, in dem der Kläger einen ergänzenden Beschluß des FG verlangt und anderenfalls ausdrücklich den Rechtsbehelf der Beschwerde als erforderlich bezeichnet hatte.

2. Von der Kostenerhebung ist nicht gemäß § 8 Abs. 1 Satz 3 GKG wegen unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse abzusehen, wenn die dem juristisch vorgebildeten Kläger zugegangenen FG-Entscheidungen mit zutreffenden Rechtsmittelbelehrungen versehen waren und er durch Mitteilungen einer Senatsgeschäftsstelle des BFH über das Schweben zweier Beschwerdeverfahren unterrichtet war.

 

Normenkette

GKG § 5 Abs. 3, § 8 Abs. 1 Sätze 1, 3

 

Tatbestand

Das Finanzgericht (FG) hatte die Klage des Erinnerungsführers gegen den Einkommensteuerbescheid 1991 und den Einkommensteuervorauszahlungsbescheid für 1992 mit am 17. Dezember 1992 zugestelltem Urteil als unbegründet abgewiesen und gleichzeitig die Aussetzung der Vollziehung dieser Bescheide abgelehnt, ohne die Revision bzw. Beschwerde zuzulassen. Daraufhin hat der Erinnerungsführer persönlich am 15. Januar 1993 bei dem FG einen Schriftsatz eingereicht, in dem er u.a. ausführt, durch diese Entscheidungen werde sein Begehren nicht ausgeschöpft, um wörtlich fortzufahren: Sollte kein ergänzender Beschluß nachgereicht und das Finanzamt auf die neue Rechtslage gebührend hingewiesen werden, muß das ... angesprochene Rechtsbegehren mit dem Rechtsmittel der Beschwerde (auch im Original gesperrt geschrieben) verfolgt werden. Sodann folgen Rechtsausführungen zur Sache. Das FG sah hierin eine Nichtzulassungsbeschwerde bzw. Beschwerde, denen es nicht abgeholfen und daher dem Bundesfinanzhof (BFH) vorgelegt hat. Mit Schreiben vom 17. Februar 1993 wurde der Erinnerungsführer durch die Geschäftsstelle bei dem erkennenden Senat darüber unterrichtet, daß die Streitsachen unter den Aktenzeichen VIII B 17/93 und VIII B 18/93 dem BFH vorlägen; er hat sich dazu nicht geäußert.

Mit Beschlüssen vom 27. Mai 1993 verwarf der Senat die Nichtzulassungsbeschwerde gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) mangels Einhaltung des Vertretungszwangs als unzulässig; der Vertretungszwang gelte nach ständiger Rechtsprechung auch für den Erinnerungsführer als Volljuristen. Die Beschwerde im Verfahren VIII B 18/93 wurde mangels Zulassung durch das FG als unzulässig verworfen.

Mit Kostenrechnungen vom 2. Juli 1993 hat die Kostenstelle beim BFH die Gerichtskosten für das Verfahren VIII B 17/93 bei einem Streitwert von 2966 DM auf 96 DM und für das Verfahren VIII B 18/93 bei einem Streitwert von 296 DM auf 15 DM festgesetzt. Hiergegen wendet sich der Erinnerungsführer mit den Erinnerungen. Er macht geltend, kein Rechtsmittel eingelegt zu haben. Sein Begehren hätte nicht als eindeutig aussichtslose Beschwerden beurteilt werden dürfen.

 

Entscheidungsgründe

Die vom Senat zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Erinnerungen (§ 73 i.V.m. § 121 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) sind zulässig, da für ihre Einlegung kein Vertretungszwang gilt (BFH-Beschluß vom 24. September 1986 VI E 2/86, BFH/NV 1987, 732).

Die Erinnerungen sind jedoch unbegründet, weil die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 GKG nicht vorliegen.

Soweit gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 GKG Kosten, die bei richtiger Sachbehandlung nicht entstanden wären, nicht erhoben werden, kann diese Regelung nach städiger Rechtsprechung grundsätzlich nicht dazu führen, daß bestandskräftige Gerichtsentscheidungen, die der zum Kostenansatz führenden Kostenentscheidung zugrunde liegen, nochmals auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden (vgl. Senatsbeschluß vom 24. August 1988 VIII S 1/88, BFH/NV 1989, 316, und Beschlüsse vom 29. Januar 1991 VII E 8/90, BFH/NV 1991, 701, und vom 30. November 1992 XB 54/92, BFH/NV 1993, 557). Ausnahmen hiervon kommen nur bei erkennbaren Versehen oder offensichtlichen Verstößen gegen eindeutige Vorschriften in Betracht (Senatsbeschluß vom 25. März 1985 VIII E 5/85, 6/85 und 7/85, BFH/NV 1987, 528, sowie Beschluß vom 18. August 1987 VII E 5/87, BFH/NV 1988, 322). Letzeres ist hier schon deshalb nicht der Fall, weil der Erinnerungsführer sein Begehren auf eine Korrektur der finanzgerichtlichen Entscheidungen schriftsätzlich detailliert zum Ausdruck gebracht und dabei den Rechtsbehelf der Beschwerde noch hervorgehoben hatte.

Die Erinnerungen können auch nicht auf § 8 Abs. 1 Satz 3 GKG gestützt werden. Zwar kommt diese Regelung auch bei Beschlüssen, mit denen Beschwerden verworfen wurden, in Betracht (BFH-Beschluß vom 6. März 1990 VII E 8/89, BFH/NV 1991, 55). Die Anträge des Erinnerungsführers beruhten jedoch nicht auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse, da die FG-Entscheidungen mit zutreffenden Rechtsmittelbelehrungen versehen waren, deren Kenntnisnahme für den juristisch vorgebildeten Erinnerungsführer auf der Hand lag. Zudem wußte er aufgrund der Mitteilungen der Geschäftsstelle des erkennenden Senats, daß beim BFH zwei Beschwerdeverfahren als Streitsachen geführt wurden; er hat jedoch die Klärung der verfahrensrechtlichen Lage im von ihm jetzt behaupteten Sinn ohne plausible Begründung unterlassen.

Auch der Höhe nach sind die vom Erinnerungsführer unangegriffenen Kostenrechnungen nicht zu beanstanden.

Damit erweisen sich auch seine Anträge, gemäß § 5 Abs. 3 GKG die aufschiebende Wirkung der Erinnerungen anzuordnen, als unbegründet.

Die Erinnerungsverfahren sind gerichtsgebührenfrei (§ 5 Abs. 4 GKG).

 

Fundstellen

Haufe-Index 419606

BFH/NV 1994, 571

BFH/NV 1994, 756

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