Leitsatz (amtlich)

Hat der Bevollmächtigte die Revisionsbegründung mit einem Begleitschreiben übersandt und das Begleitschreiben, aber nicht innerhalb der Revisionsbegründungsfrist die Revisionsbegründung unterzeichnet, so ist die Revision unzulässig.

 

Normenkette

FGO §§ 120, 124

 

Tatbestand

Der Revisionskläger (Steuerpflichtiger) hat gegen das Urteil des FG, durch das seine Klage abgewiesen wurde, rechtzeitig Revision eingelegt. Innerhalb der Revisionsbegründungsfrist ging ein Schriftsatz der Prozeßbevollmächtigten des Steuerpflichtigen ein, der folgenden Inhalt hat:

"Für die mit Schreiben vom 1. Februar 1971 eingelegte Revision wird hiermit form- und fristgerecht die Begründung als Anlage nachgereicht."

Der Schriftsatz war von einem der beiden Prozeßbevollmächtigten des Steuerpflichtigen unterzeichnet. Die Revisionsbegründung war diesem Schriftsatz als Anlage beigefügt. Sie war nicht unterzeichnet. Der Vorsitzende des Senats sandte den Prozeßbevollmächtigten des Steuerpflichtigen die Revisionsbegründung zurück und wies darauf hin, daß die Unterschrift fehle. Am 2. April 1971 - nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist - ging die Revisionsbegründung, versehen mit der Unterschrift eines der beiden Prozeßbevollmächtigten des Steuerpflichtigen, wieder beim BFH ein.

Der Steuerpflichtige meint, das ursprüngliche Fehlen der Unterschrift auf der Revisionsbegründungsschrift sei unschädlich, da das Begleitschreiben unterzeichnet gewesen sei. Hilfsweise beantragt der Steuerpflichtige Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision ist nicht zulässig, da sie nicht innerhalb der Revisionsbegründungsfrist in der gesetzlichen Form begründet worden ist (§§ 120, 124 FGO).

Die Revision ist schriftlich zu begründen (§ 120 FGO; BFH-Beschluß VI R 230/68 vom 20. Februar 1970, BFH 98, 233, BStBl II 1970, 329). "Schriftlich" heißt, daß die Revisionsbegründungsschrift vom Revisionskläger oder seinem Prozeßbevollmächtigten handschriftlich unterzeichnet sein muß (BFH-Beschluß VI R 230/68, a. a. O.; BFH-Urteil VII R 92/68 vom 29. Juli 1969, BFH 96, 381, BStBl II 1969, 659; grundsätzlich auch BFH-Urteile III R 86/68 vom 29. August 1969, BFH 97, 226, BStBl II 1970, 89; III R 32/70 vom 18. Dezember 1970, BFH 101, 349, BStBl II 1971, 329; III R 127/69 vom 15. Januar 1971, BFH 101, 475, BStBl II 1971, 397). "Unterzeichnen" bedeutet, wie in dem BFH-Urteil VII R 92/68 (a. a. O.) für die Klageschrift ausgeführt ist, daß der Kläger oder der Prozeßbevollmächtigte seine Namensunterschrift unter die von ihm abgegebene, den notwendigen Inhalt der Klageschrift umfassende Erklärung setzt. Dieser Auffassung hat sich der VI. Senat in dem Beschluß VI R 230/68 (a. a. O.) für die Revisionsbegründung angeschlossen.

Der Senat braucht nicht abschließend zu prüfen, ob er dieser Auffassung in jedem Fall folgen und -- wie der VII. Senat in dem Urteil VII R 92/68 (a. a. O.) -- auch eine Unterschrift auf der ersten Seite des Schriftsatzes nicht genügen lassen würde. Er kann es auch -- ähnlich wie der BGH in dem Urteil II ZR 173/60 vom 24. Mai 1962 (Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bd. 37 S. 156) -- auf sich beruhen lassen, ob es ausnahmsweise genügt, wenn das Begleitschreiben, mit dem die nichtunterzeichnete Revisionsbegründung fest verbunden ist, vom Revisionskläger oder dem Prozeßbevollmächtigten unterschrieben ist. Im Streitfall war weder die Revisionsbegründungsschrift auf irgendeiner Seite unterzeichnet noch war die Revisionsbegründung mit dem unterzeichneten Begleitschreiben fest verbunden. In diesem Fall sieht der Senat das Erfordernis der Unterzeichnung und damit der Schriftlichkeit nicht als erfüllt an.

Der Senat befindet sich insoweit im Einklang mit den BFH-Entscheidungen VII R 92/68 (a. a. O.) und VI R 230/68 (a. a. O.). Er weicht andererseits mit seiner Entscheidung nicht von den BFH-Urteilen III R 86/68 (a. a. O.), III R 32/70 (a. a. O.) und III R 127/69 (a. a. O.) ab. Nach diesen Urteilen ist der Schriftform ausnahmsweise genügt, wenn zwar nicht der bestimmende Schriftsatz selbst, wohl aber ein mit diesem zusammen eingereichtes Schriftstück die eigenhändige Unterschrift des Verfassers trägt und daraus geschlossen werden kann, daß der bestimmende Schriftsatz mit Wissen und Willen des Verfassers eingereicht worden ist. Die Entscheidungen des III. Senats beruhen indes nicht auf dieser Auffassung, die daher den erkennenden Senat nicht bindet. Denn in den Streitfällen des III. Senats waren auch die Voraussetzungen, unter denen der III. Senat ausnahmsweise die Wahrung der Schriftform annehmen würde, nicht erfüllt und die Klagen somit unzulässig.

Da somit die Revision nicht in der gesetzlichen Frist "schriftlich" begründet wurde, ist sie unzulässig. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 FGO) kann nicht gewährt werden, da die Steuerpflichtige nichts vorgebracht hat, was ihn entschuldigen könnte.

Die Revisionsschrift selbst enthält den Satz "Beantragt wird die Aufhebung des Urteils wegen unrichtiger Anwendung des § 6b EStG und die Kosten des Verfahrens der Staatskasse aufzuerlegen". Damit sind die Mindesterfordernisse einer Revisionsbegründung nicht erfüllt. Es fehlt eine kurze Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Urteils (BFH-Urteil I R 185/66 vom 8. März 1967, BFH 88, 230, BStBl III 1967, 342).

 

Fundstellen

Haufe-Index 69608

BStBl II 1972, 16

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