Entscheidungsstichwort (Thema)

Protokollberichtigung

 

Leitsatz (NV)

1. Die Beschwerde gegen die Ablehnung der Protokollberichtigung durch das FG kann ausnahmsweise zulässig sein, wenn geltend gemacht wird, die Entscheidung über den Berichtigungsantrag sei durch eine nicht dazu berechtigte Person getroffen worden.

2. Eine Fälschung des Protokolls liegt erst vor, wenn eine zu protokollierende Tatsache wissentlich falsch beurkundet oder nachträglich verfälscht worden ist.

3. Der Beweisantrag, bestimmte Zeugen dazu zu vernehmen, ob ein bestimmter Richter an der mündlichen Verhandlung teilgenommen habe, ist für sich allein ungeeignet, die Beweiskraft der Niederschrift über die Beachtung der für die mündliche Verhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten -- hier: Angabe des Namens des Richters -- zu widerlegen.

 

Normenkette

FGO § 94; ZPO § 160 Abs. 1 Nr. 2, § 164 Abs. 3 S. 2, § 165

 

Tatbestand

Mit nach mündlicher Verhandlung am 24. Juni 1997 ergangenem Urteil hat das Finanzgericht (FG) die Klage des Klägers, Antragstellers und Beschwerdeführers (Kläger) gegen die Pfändungsverfügung des Beklagten, Antragsgegners und Beschwerdegegners (Finanzamt) abgewiesen. Mit Schreiben vom 8. September 1997 hat der Kläger die Berichtigung des Protokolls mit der Begründung beantragt, der Richter am FG X habe entgegen der Niederschrift und der Urteilsausfertigung, wo er als Vorsitzender aufgeführt sei, nicht an der mündlichen Verhandlung teilgenommen. Der Antrag wurde vom FG durch X als Vorsitzenden der Sitzung vom 24. Juni 1997 mit Beschluß vom 10. September 1997 abgelehnt, weil er -- X -- an dieser Sitzung teilgenommen habe.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers, mit der er vorträgt, das Sitzungsprotokoll sei gefälscht. X habe an der mündlichen Verhandlung nicht teilgenommen. Der Vorsitzende habe ein schmales Gesicht mit einer markanten Nase gehabt. Nach dem Geschäftsverteilungsplan könne dies nur der Richter am FG Y gewesen sein, den er nicht kenne. "Der Mime vom 24. 6. 97" sei nicht identisch "mit dem Mimen vom 18. 2. 97" (in zwei anderen Rechtssachen des Klägers). In diesen Verfahren hatte der Kläger mit gleicher Begründung erfolglos die Berichtigung des Sitzungsprotokolls beantragt. Die vom Kläger eingelegten Revisionen sind mit Urteil des Senats als unzulässig verworfen worden. Außerdem trägt der Kläger vor, die falschen Besetzungen seien geplant gewesen. Der Ablehnungsbeschluß vom 10. September 1997 sei unzulässig, weil er nur von X unterschrieben sei, nicht aber vom Senat in der Besetzung von drei Richtern.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist nicht begründet.

Der Senat läßt offen, ob die Beschwerde gegen die Ablehnung einer Protokollberichtigung überhaupt als zulässig angesehen werden kann. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist eine solche Beschwerde grundsätzlich unzulässig, soweit der Beteiligte eine inhaltliche Berichtigung des Protokolls begehrt, weil die Protokollberichtigung (§94 der Finanzgerichtsordnung -- FGO -- i. V. m. §164 Abs. 3 Satz 2 der Zivilprozeßordnung -- ZPO --) als unvertretbare Verfahrenshandlung nur durch den Instanzrichter, der das Protokoll unterschrieben hat, und ggf. durch dessen Protokollführer vorgenommen werden kann, nicht aber durch Richter der höheren Instanz (vgl. Senatsbeschluß vom 18. März 1997 VII B 147/96, BFH/NV 1997, 775, m. w. N.). Ausnahmsweise soll die Beschwerde aber zulässig sein, wenn geltend gemacht wird, die Berichtigung sei zu Unrecht als (verfahrensrechtlich) unzulässig abgelehnt oder die Entscheidung über den Berichtigungsantrag sei von einer hierzu nicht berechtigten Person getroffen worden oder leide sonst an einem schwerwiegenden Verfahrensmangel (vgl. BFH- Beschluß vom 23. November 1988 X B 1/88, BFH/NV 1989, 643, m. w. N.; Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl. 1997, §94 Rz. 21). Um einen solchen Fall könnte es sich im Streitfall handeln, da der Kläger mit seinem Einwand, nicht der Richter am FG X habe als Vorsitzender an der mündlichen Verhandlung teilgenommen, sondern ein anderer ihm nicht bekannter Richter, nicht nur die inhaltliche Berichtigung der Niederschrift begehrt, sondern damit zugleich vorträgt, X habe als eine nicht berechtigte Person die Niederschrift unterzeichnet und folglich auch als solche die Entscheidung über den Berichtigungsantrag getroffen.

Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet, denn es steht zur Überzeugung des Senats fest, daß der Richter am FG X als Vorsitzender die mündliche Verhandlung am 24. Juni 1997 geleitet hat. Dies ergibt sich sowohl aus dem Protokoll dieser Sitzung, wie es aufgrund vorläufiger Aufzeichnung (§160 a ZPO) gefertigt worden ist, als auch aus der sich bei den Akten befindlichen Urschrift des Urteils und wird bestätigt durch die Unterschriften der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (Niederschrift) und der beiden anderen Richter, die an der mündlichen Verhandlung teilgenommen und an dem Urteil mitgewirkt haben.

Der Vortrag des Klägers, das Protokoll sei gefälscht (§165 ZPO), ist unsubstantiiert. Er beruht allein auf dem subjektiven Empfinden des Klägers über das Aussehen des Vorsitzenden und auf seiner Vorstellung, die falsche Besetzung des Gerichts sei geplant gewesen und man habe ihn darüber bewußt täuschen wollen. Eine Fälschung des Protokolls liegt erst vor, wenn eine zu protokollierende Tatsache wissentlich falsch beurkundet oder nachträglich verfälscht worden ist (Stöber in Zöller, Zivilprozeßordnung, 20. Aufl. 1997, §165 Rz. 5). Zu diesen Tatbestandsmerkmalen hat der Kläger nichts vorgetragen. Auch sein Beweisantrag, eine Reihe von Zeugen dazu zu vernehmen, ob der Richter am FG X an der mündlichen Verhandlung vom 24. Juni 1997 teilgenommen habe, besagt nichts für eine etwaige Fälschung des Protokolls. Der Beweisantrag ist daher ungeeignet, die Beweiskraft der Niederschrift über die Beachtung der für die mündliche Verhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten (hier: Angabe des Namens des Richters gemäß §160 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) zu widerlegen (§165 ZPO), und zwingt folglich nicht zu der vom Kläger beantragten Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur erneuten Entscheidung über die Protokollberichtigung.

Steht mithin fest, daß der Richter am FG X als Vorsitzender die betreffende Sitzung geleitet hat, so war er allein, und nicht etwa der FG-Senat in seiner Gesamtheit, zur Entscheidung über den Protokollberichtigungsantrag des Klägers berufen (§164 Abs. 3 Satz 2 ZPO). Somit war die Beschwerde zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 67265

BFH/NV 1998, 873

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