Entscheidungsstichwort (Thema)

Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für einen Segeltörn

 

Leitsatz (NV)

Die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen eines Pfarrers für sog. kirchengemeindliche Freizeiten (hier: Segeltörn) ist nach den allgemeinen, zu § 12 Nr.1 EStG entwickelten Grundsätzen zu beurteilen.

 

Normenkette

EStG § 12 Nr. 1

 

Verfahrensgang

FG Rheinland-Pfalz

 

Gründe

Die Beschwerde ist unbegründet.

1. Die Zulassung einer Revision ist auf die in § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) bezeichneten Zulassungsgründe beschränkt. Da die Kläger in ihrer Beschwerdeschrift im wesentlichen behaupten, daß das Finanzgericht (FG) die besondere kirchenrechtliche Stellung eines Pfarrers und den Begriff der Segelfreizeit verkannt habe, rügen sie die Rechtswidrigkeit der Vorentscheidung. Eine - unterstellte - Rechtswidrigkeit ist jedoch, wie der abschließenden Regelung in § 115 Abs. 2 FGO zu entnehmen ist, keine Rechtsgrundlage für eine Revisionszulassung.

2. Dem Vortrag der Kläger läßt sich jedoch mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen, daß sie die Rechtsfrage, ob für Pfarrer bei der Durchführung sog. kirchengemeindlicher Freizeiten die allgemeinen Grundsätze zur Abgrenzung privater Lebensführung und nahezu ausschließlich berufsbedingter Aufwendungen gelten, als grundsätzlich bedeutsam i.S. des § 115 Abs. 2 Nr.1 FGO geklärt wissen möchten. Diese Rechtsfrage hat jedoch keine grundsätzliche Bedeutung.

Einer Rechtssache ist grundsätzliche Bedeutung beizumessen, wenn die für die Beurteilung des Streitfalles maßgebende Rechtsfrage das abstrakte Interesse der Gesamtheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Es muß sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln. Die Zulassung kommt dabei nur in Betracht wegen einer klärungsbedürftigen und klärungsfähigen Rechtsfrage (so ständige Rechtsprechung; vgl. z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 27. Februar 1991 II B 27/90, BFHE 163, 495, BStBl II 1991, 465, m.w.N., und vom 27. Juni 1985 I B 23/85, BFHE 144, 133, BStBl II 1985, 605). Der von den Klägern aufgeworfenen Rechtsfrage fehlt die Klärungsbedürftigkeit, weil die Behandlung der Rechtssache sich aus dem klaren Gesetzeswortlaut bzw. aus den bereits ergangenen Entscheidungen des BFH zu derselben Rechtsfrage ergibt und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung zur Abgrenzung ausschließlich beruflich veranlaßter Aufwendungen und Ausgaben für die Lebensführung durch den BFH erforderlich machen (vgl. hierzu Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 115 Rdnr.9, m.w.N.).

Ausgaben, die durch eine selbständige oder nichtselbständige Tätigkeit eines Steuerpflichtigen veranlaßt sind, sind Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes - EStG -) oder Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 EStG) und als solche grundsätzlich steuerlich abzugsfähig. Berühren beruflich veranlaßte Ausgaben zugleich den Bereich privater Lebensführung, so ist ihr Abzug nach § 12 Nr.1 EStG ausgeschlossen. Hiervon macht die Rechtsprechung allerdings eine Ausnahme, wenn der Bezug zur privaten Lebensführung von untergeordneter Bedeutung ist, d.h. die Verfolgung privater Interessen, wie Erholung, Bildung, Erweiterung des allgemeinen Gesichtskreises, nach dem Anlaß der Reise, dem vorgesehenen Programm und der tatsächlichen Durchführung nahezu ausgeschlossen ist (ständige Rechtsprechung; vgl. z.B. BFH-Urteil vom 18. Oktober 1990 IV R 72/89, BFHE 162, 316, BStBl II 1991, 92). Diese Grundsätze gelten für alle Berufsgruppen. Sie sind daher auch für einen Pfarrer und einen Schriftsteller anzuwenden (vgl. zu letzterem z.B. auch BFH in BFHE 162, 316, BStBl II 1991, 92; BFH-Urteile vom 22.November 1979 IV R 88/76, BFHE 129, 269, BStBl II 1980, 152, und vom 11.Oktober 1962 IV 432/60 U, BFHE 76, 97, BStBl III 1963, 36). Eine Unterscheidung nach Berufen widerspräche auch dem Zweck des § 12 Nr.1 EStG, nämlich zu verhindern, daß Angehörige bestimmter Berufe Aufwendungen steuerlich absetzen können, die andere Steuerpflichtige aus versteuertem Einkommen decken müssen (vgl. Beschluß des Großen Senats vom 19. Oktober 1970 GrS 2/70, BFHE 100, 309, BStBl II 1971, 17; BFH‹Urteile vom 1. Dezember 1989 VI R 135/86, BFH/NV 1990, 588, und vom 27. März 1991 VI R 51/88, BFHE 164, 75, BStBl II 1991, 575).

Die Kläger haben auch nicht substantiiert dargelegt, aus welchen Gründen die von ihnen selbst als ,,hinreichend bekannten Abgrenzungskriterien" im Streitfall einer erneuten Überprüfung bedürfen. Wenn die Kläger sinngemäß vortragen lassen, daß bei Pfarrern aufgrund deren Stellung in der Kirche bzw. Kirchengemeinde und der besonderen Aufgaben der Kirchengemeinde im Rahmen der Freizeitgestaltung andere Grundsätze zur Abgrenzung zwischen privater Lebensführung und ausschließlich beruflich veranlaßter Aufwendungen gelten müßten, so trifft dies nicht zu. Es ist zwar nicht ausgeschlossen, daß im Einzelfall ein privater Erlebnis- oder Erholungswert für die von der Kirchengemeinde bei der Freizeitveranstaltung eingesetzten Mitarbeiter nahezu ausscheidet (vgl. ähnlich Rechtsprechung des VI.Senats zu den Klassenfahrten eines Lehrers: BFH-Urteile vom 24. Oktober 1991 VI R 65/90, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Einkommensteuergesetz, § 19 WK, Rechtsspruch 146, und vom 18. Mai 1990 VI R 67/88, BFHE 161, 61, BStBl II 1990, 909). Ein Interesse der Allgemeinheit an der Erstellung abweichender Abgrenzungsgrundsätze speziell für Pfarrer besteht schon im Interesse einer Gleichmäßigkeit der Besteuerung nicht.

3. Auch die Rüge der Kläger, das FG habe seine Ermittlungspflicht nach § 76 Abs. 1 FGO nicht erfüllt, ist unbegründet.

Die Ermittlungspflicht des FG erfaßt nur die nach seiner Auffassung entscheidungserheblichen Tatsachen. Entscheidungserheblich ist im Streitfall aber nicht die Stellung des Pfarrers zur Kirchengemeinde, sondern die Frage, ob für den Kläger auf dem Segeltörn, auf dem touristisch interessante Inseln angefahren wurden und an dem auch die beiden Söhne der Kläger teilgenommen haben, ein privater Erlebnis- und Erholungswert nahezu ausscheidet. Zu diesem Punkt haben die Kläger selbst in ihrer Beschwerdeschrift keine Verletzung der Aufklärungspflicht gerügt.

Entsprechendes gilt für die Rüge der unterlassenen Anforderung der schriftstellerischen Aufzeichnungen des Klägers. Für das FG war es entscheidungsunerheblich, ob der Kläger tatsächlich Aufzeichnungen auf dem Segeltörn machte, weil es den ausschließlich betrieblichen Anlaß der Reise bereits verneinte. Daß die Aufzeichnungen des Klägers einen Umfang angenommen haben könnten, aus dem zu schließen ist, daß der Kläger seine Reisetage wie Arbeitstage mit beruflicher Tätigkeit ausgefüllt hat (vgl. BFH in BFHE 162, 316, BStBl II 1991, 92), haben die Kläger selbst in der Beschwerdeschrift nicht behauptet. Dabei wäre auch zu berücksichtigen, daß selbst ein nicht beruflich veranlaßter Segeltörn zumindest von den Organisatoren und aktiven Seglern einen erheblichen persönlichen Arbeitseinsatz erfordert.

 

Fundstellen

BFH/NV 1993, 723

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