Entscheidungsstichwort (Thema)

Einstweilige Anordnung - Aussetzung der Vollziehung

 

Leitsatz (NV)

1. Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung ist nicht statthaft, wenn eine Aussetzung (Aufhebung) der Vollziehung in Betracht kommt. Dies gilt auch, wenn der Antragsteller sich gegen die Rechtmäßigkeit einer Pfändungsverfügung wendet.

2. Das Verfahren auf Aussetzung der Vollziehung schließt aber den Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung (Aufhebung der Pfändungsmaßnahme) im Wege der einstweiligen Anordnung nicht aus, wenn sich der Antragsteller gegen die Vollstreckung als solche wendet.

3. Einstweilige Maßnahmen nach § 258 AO 1977 dürfen die Befriedigung des FA als Ziel der Vollstreckung nicht endgültig außer Betracht lassen. Es dürfen nur solche Maßnahmen getroffen werden, die den Steueranspruch des FA nicht endgültig beeinträchtigen.

4. Zur Glaubhaftmachung des Anordnungsgrundes (hier: drohende Konkurseröffnung und Widerruf einer gewerberechtlichen Erlaubnis infolge Kündigung von Bankkrediten wegen Pfändungen).

 

Normenkette

FGO § 69 Abs. 3, § 114 Abs. 1, 3, 5; ZPO § 920 Abs. 2; AO 1977 § 258

 

Tatbestand

Der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) betreibt gegen den Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) die Zwangsvollstreckung wegen rückständiger Steuern und steuerlicher Nebenleistungen. Mit Pfändungs- und Einziehungsverfügungen pfändete das FA die Ansprüche, Forderungen und Rechte des Antragstellers aus seinen Konten bei fünf in A ansässigen Banken. Nachdem das FA die Vollziehung der Einkommensteuer in Höhe von . . . DM ausgesetzt hatte, hob es gegenüber den Drittschuldnern seine Pfändungs- und Einziehungsverfügungen in Höhe dieses Teilbetrags auf und reduzierte seine Kontenpfändungen auf die verbleibenden Rückstände des Antragstellers.

Der an das Finanzgericht (FG) gerichtete Antrag des Antragstellers auf Aufhebung der Pfändungs- und Einziehungsverfügungen im Wege der einstweiligen Anordnung blieb ohne Erfolg. Das FG führte im wesentlichen aus, soweit sich der Antragsteller mit seinem Vorbringen, er sei von der Pfändung nicht in Kenntnis gesetzt worden, gegen die Rechtmäßigkeit der Pfändungsverfügungen wende, seien seine Einwendungen im Verfahren über die Aussetzung der Vollziehung der Pfändungsverfügungen, nicht aber im Wege der einstweiligen Anordnung, zu verfolgen. Auch der Umstand, daß bei Durchführung der Pfändungen über die Beschwerden des Antragstellers gegen die Ablehnung einer Aussetzung der Vollziehung der Steuerbescheide noch nicht entschieden worden sei, rechtfertige nicht den Erlaß der begehrten einstweiligen Anordnung. Denn nach § 251 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) könnten Steuerbescheide, deren Vollziehung nicht ausgesetzt sei, vollstreckt werden; Aussetzungsanträgen könne grundsätzlich keine vollziehungshemmende Wirkung zugebilligt werden. Im Streitfall seien besondere individuelle Gründe für einen Vollstreckungsaufschub durch einstweilige Anordnung weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht worden. Der Antrag könne auch deshalb keinen Erfolg haben, weil der Antragsteller den behaupteten Anordnungsgrund - Blockierung seiner wirtschaftlichen Aktivitäten durch die Pfändungen, Fälligstellung der Kredite - ebenfalls weder nachvollziehbar dargelegt noch glaubhaft gemacht habe.

Mit der Beschwerde macht der Antragsteller geltend, das FG habe zu Unrecht das Vorliegen eines Anordnungsgrundes verneint. Er sei alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer und Gesellschafter einer GmbH, die ein Alten- und Pflegeheim betreibe. In dieses Unternehmen habe er sein gesamtes Vermögen investiert. Ein Gesellschafterdarlehen von über 2 Mio. DM, das er der GmbH gewährt habe, werde von ihm bei den Kreditinstituten refinanziert, bei denen das FA seine Pfändungen ausgebracht habe. Nach den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken bedeute eine Pfändung einen außerordentlichen Kündigungsgrund für ein Kreditverhältnis. Es bestehe deshalb die Gefahr, daß die Banken die Darlehen, deren Mittel er der GmbH zur Verfügung gestellt habe, kündigen würden. Damit drohe der Konkurs der GmbH mit der Folge, daß über 200 alte und gebrechliche Menschen ihren Aufenthaltsort und 150 Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz verlören. Wie er bereits mit seinem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung, der ebenfalls beim FG gestellt worden war, geltend gemacht habe, seien die Einkommensteuernachforderungen, auf denen die Pfändungen des FA noch beruhten, rechtlich höchst zweifelhaft.

Nach § 15 Abs. 2 i.V.m. § 6 Abs. 3 Nr.1 des Heimgesetzes vom 7. August 1974 (BGBl I 1974, 1873) sei im übrigen die erforderliche und hier erteilte gewerberechtliche Erlaubnis für den Betrieb des Alten- und Pflegeheims zu widerrufen, wenn sich nachträglich ergebe, daß der Antragsteller - bei juristischen Personen deren Vertretungsberechtigter - die für den Betrieb des Heims erforderliche Zuverlässigkeit, insbesondere die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nicht besitze. Auch aus diesem Grunde müßten die gegen ihn als den allein vertretungsberechtigten Geschäftsführer der GmbH ausgebrachten Pfändungen, die seine geordneten Vermögensverhältnisse zerstörten, unmittelbar zu einem persönlichen Berufsverbot und zum Konkurs der GmbH führen.

Auf den Hinweis in der Beschwerdeerwiderung des FA, daß der Antragsteller Geschäftsbeziehungen, die die GmbH betreffen, nur hinsichtlich der Bank X, nicht aber hinsichtlich der Banken, bei denen die Pfändungen des FA erfolgt sind, nachgewiesen habe, trug der Antragsteller unter Vorlage einer Bankbestätigung ergänzend vor, er habe für ein Darlehen der Bank X an die GmbH die persönliche selbstschuldnerische Bürgschaft über 2,2 Mio. DM übernommen. Damit sei ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der Refinanzierung durch Bürgschaft und einer Konkurssituation der GmbH gegeben. Es bedürfe keiner weiteren Begründung, daß die Finanzierung der Gesellschaft durch Kündigung des Darlehens seitens der Bank zerstört werde, wenn beim GmbH-Geschäftsführer und Bürgen infolge von Pfändungen keine geordneten wirtschaftlichen Verhältnisse mehr vorlägen. Dabei dürfte nicht unberücksichtigt bleiben, daß über die zwischen den Banken bestehenden Informationssysteme Negativmerkmale, wie z.B. Prüfungen, an andere Banken weitergegeben würden.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unbegründet. Das FG hat es zu Recht abgelehnt, die beantragte einstweilige Anordnung zu erlassen.

1. Die Vorentscheidung ist zutreffend davon ausgegangen, daß ein beim FA oder beim FG gestellter Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Steuerbescheide, auch wenn er noch nicht beschieden ist, die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung als solche oder die Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen (vgl. § 258 AO 1977) nicht zu begründen vermag. Denn nach § 251 Abs. 1 AO 1977 können Verwaltungsakte, soweit ihre Vollziehung nicht ausgesetzt ist, vollstreckt werden; erst mit dem Ausspruch der Aussetzung der Vollziehung durch das FA oder das FG (§ 361 AO 1977, § 69 Abs. 2 und 3 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) ist die Vollstreckung einzustellen oder zu beschränken (§ 257 Abs. 1 Nr.1 AO 1977), was das FA im Streitfall auch beachtet hat, indem es nach der Aussetzung der Vollziehung des gegen den Antragsteller ergangenen Einkommensteuerbescheids 1989 seine Pfändungsverfügungen insoweit eingeschränkt hat.

Soweit sich der Antragsteller gegen die Rechtmäßigkeit der Einkommensteuernachforderungen wendet, kann dies im vorliegenden Verfahren nicht berücksichtigt werden. Denn Einwendungen gegen den zu vollstreckenden Verwaltungsakt sind außerhalb des Vollstreckungsverfahrens mit den hierfür zugelassenen Rechtsbehelfen zu verfolgen (§ 256 AO 1977). Insoweit hätte der Antragsteller - wie oben ausgeführt - sein Rechtsschutzziel zwar durch einen erfolgreichen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Einkommensteuerbescheide erreichen können. Das FG hat aber mit Beschluß . . . die Aussetzung der Vollziehung dieser Steuerbescheide abgelehnt.

Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung ist gegenüber dem Verfahren nach § 69 FGO (Aussetzung der Vollziehung durch das FG) subsidiär (§ 114 Abs. 5 FGO). Das bedeutet, daß er nicht statthaft ist, wenn eine Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung nach § 69 Abs. 3 FGO in Betracht kommt (vgl. BFH-Beschluß vom 11.Januar 1984 II B 35/83, BFHE 139, 508, BStBl II 1984, 210). Letzteres ist im Streitfall auch insoweit von Bedeutung, als der Antragsteller sich gegen die Rechtmäßigkeit der Pfändungsverfügungen wendet. Da die vom FA ausgesprochenen Forderungspfändungen vollziehbare Verwaltungsakte darstellen, sind Anträge auf vorläufigen Rechtsschutz, die auf die Rechtswidrigkeit der Pfändung gestützt werden, im Verfahren nach § 69 Abs. 3 FGO und nicht mit dem Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung geltend zu machen (vgl. Beschluß des Senats vom 21. August 1990 VII B 71/90, BFH/NV 1991, 394, 395).

2. Der Senat hat aber entschieden, daß ein Verfahren auf Aussetzung der Vollziehung nach § 69 Abs. 3 FGO das Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage gegen die Ablehnung der einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung (§ 333 der Reichsabgabenordnung, jetzt § 258 AO 1977) nicht ausschließt, weil beide Verfahren nicht dasselbe zum Gegenstand haben (Urteil vom 3. November 1970 VII R 43/69, BFHE 100, 436, BStBl II 1971, 114). Dem Vollstreckungsschuldner wird demnach - unabhängig von etwaigen Rechtsbehelfen gegen die der Vollstreckung zugrunde liegenden Verwaltungsakte oder ihre Vollziehung - ein anerkennenswertes Interesse daran zugebilligt, sich gegen die Zwangsvollstrekkung selbst mit der Begründung wehren zu können, daß diese unbillig i.S. des § 258 AO 1977 sei. Sein auf einstweilige Einstellung oder Beschränkung der Zwangsvollstreckung oder Aufhebung einer Vollstreckungsmaßnahme i.S. des § 258 AO 1977 gerichtetes Begehren kann der Vollstreckungsschuldner auch im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes mit dem Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung verfolgen (vgl. Senat in BFH/NV 1991, 394, 395 m.w.N.). In diesem Falle ist - wie das FG zutreffend erkannt hat - der für den Erlaß einer einstweiligen Anordnung gemäß § 114 Abs. 3 FGO i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung (ZPO) - neben einem Anordnungsgrund - glaubhaft zu machende Anordnungsanspruch der Anspruch auf Vollstreckungsaufschub aus Billigkeitsgründen nach § 258 AO 1977. Das FG hat zu Recht ausgeführt, daß der Antragsteller im Streitfall weder einen Anordnungsanspruch noch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht hat.

a) Nach § 258 AO 1977 kann die Vollstreckung, soweit sie im Einzelfall unbillig ist, einstweilen eingestellt oder beschränkt oder eine Vollstreckungsmaßnahme aufgehoben werden. Wie der Senat in ständiger Rechtsprechung entschieden hat, kommen einstweilige Maßnahmen nach § 258 AO 1977 nur in Betracht, wenn vorübergehende Umstände vorliegen, die eine Vollstreckung unbillig erscheinen lassen. Umstände, die zu einer dauerhaften Einstellung der Vollstreckung Anlaß geben, können bei der Anwendung des § 258 AO 1977 nicht berücksichtigt werden. Denn in dieser Vorschrift ist eine Unterbindung der Vollstreckung auf Dauer nicht vorgesehen (Beschlüsse des Senats vom 18. März 1986 VII B 115/85, BFH/NV 1986, 479, 480; vom 14. Februar 1989 VII B 143/88, BFH/NV 1989, 565, 566, und vom 4. Dezember 1990 VII B 166/90, BFH/NV 1991, 758). Nach Abschn. 7 Abs. 2 der Vollstreckungsanweisung (BStBl I 1980, 112), auf die sich der Senat bereits in seiner Entscheidung in BFH/NV 1989, 565, 566 berufen hat, ist von einer Unbilligkeit i.S. des § 258 AO 1977 nur dann auszugehen, wenn die Vollstreckung oder eine einzelne Vollstrekkungsmaßnahme dem Vollstreckungsschuldner einen unangemessenen Nachteil bringen würde, der durch kurzfristiges Zuwarten oder durch eine andere Vollstrekkungsmaßnahme vermieden werden könnte. Die Umstände, die der Antragsteller für die von ihm begehrte Aufhebung der Pfändungsverfügungen hinsichtlich seiner Bankkonten vorgetragen hat, sind aber keine vorübergehenden. Der Antragsteller hat nicht dargelegt, daß durch ein kurzfristiges Zuwarten oder die Wahl einer anderen als der von ihm beanstandeten Vollstreckungsmaßnahme er weniger beeinträchtigt, das FA aber dennoch wegen seiner Steuerforderungen zur Befriedigung gelangen würde. Die Voraussetzungen für einen Vollstreckungsaufschub nach § 258 AO 1977 liegen demnach nicht vor.

Soweit der Antragsteller mit der Beschwerde vorträgt, die Pfändungsmaßnahmen des FA hätten über die Kündigung von Bankkrediten den Widerruf der gewerberechtlichen Erlaubnis und den Konkurs der von ihm vertretenen GmbH zur Folge, könnte damit bei entsprechender Glaubhaftmachung ein Anordnungsgrund gegeben sein. Eine drohende Existenzbeeinträchtigung allein kann aber keinen Anordnungsanspruch nach § 114 Abs. 1 FGO, § 258 AO 1977 begründen, ohne den eine einstweilige Anordnung nicht erlassen werden kann. Denn einstweilige Maßnahmen nach § 258 AO 1977 dürfen die Befriedigung des FA als Ziel der Vollstreckung nicht endgültig außer Betracht lassen. Bei der Höhe der Steuerrückstände des Antragstellers ist aber nicht ersichtlich, wie das FA auf andere Weise in absehbarer Zeit befriedigt werden könnte. Ist die Einziehung der Steuern auf Dauer unbillig, weil der Schuldner zahlungsunfähig ist und die Vollstreckung seine persönliche oder wirtschaftliche Existenz zu vernichten droht, so könnte dem allenfalls durch Erlaß der Steuern aus Billigkeitsgründen (§ 227 AO 1977) abgeholfen werden. Der Antragsteller hat aber nicht vorgetragen, daß er einen Erlaßantrag gestellt hat oder die hierfür erforderlichen Voraussetzungen gegeben sind. Die Beschwerde verkennt somit, daß mit der begehrten einstweiligen Anordnung - ebenso wie nach § 258 AO 1977 - nur einstweilige Maßnahmen getroffen werden können, die den Steueranspruch des FA nicht endgültig beeinträchtigen dürfen. Deshalb kann für die Entscheidung nicht allein auf die Beeinträchtigungen abgestellt werden, die mit der Vollstreckung für den Antragsteller und die von ihm vertretene GmbH verbunden sind.

b) Auch einen Anordnungsgrund für die beantragte Aufhebung der Pfändungs- und Einziehungsverfügungen hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht. Begehrt wird eine Regelungsanordnung i.S. des § 114 Abs. 1 Satz 2 FGO. Diese Vorschrift räumt dem Gericht keine schrankenlose Befugnis zum Erlaß der einstweiligen Anordnung ein. Denn die in § 114 Abs. 1 Satz 2 FGO ausdrücklich genannten Gründe (,,wesentliche Nachteile" und ,,drohende Gewalt") setzen Maßstäbe auch für die ,,anderen Gründe" i.S. dieser Bestimmung. ,,Andere Gründe" rechtfertigen eine einstweilige Anordnung nur dann, wenn sie für die begehrte Regelungsanordnung ähnlich gewichtig und bedeutsam sind, wie ,,wesentliche Nachteile" oder ,,drohende Gewalt"; sie müssen so schwerwiegend sein, daß sie eine einstweilige Anordnung unabweisbar machen (vgl. BFH-Beschluß vom 26. Januar 1983 I B 48/80, BFHE 137, 235, BStBl II 1983, 233, 236). Solche Anordnungsgründe sind im allgemeinen nur gegeben, wenn die wirtschaftliche oder persönliche Existenz des Betroffenen durch die Ablehnung der beantragten Maßnahme unmittelbar bedroht ist (BFH-Beschluß vom 19. September 1991 VII B 139/91, BFH/NV 1992, 321). Der Antragsteller hat zwar unter Hinweis auf den drohenden Konkurs und die Gefahr des Widerrufs der gewerblichen Erlaubnis für die von ihm als Geschäftsführer geführte GmbH solche wesentlichen Nachteile, die den Erlaß einer einstweiligen Anordnung unabweisbar machen könnten, behauptet. Er hat aber nicht glaubhaft gemacht, daß bei Aufrechterhaltung der Kontenpfändungen diese Rechtsfolgen eintreten werden.

Das FA hat zu Recht darauf hingewiesen, daß sich die Pfändungsverfügungen über Konten des Antragstellers an fünf in A ansässige Banken als Drittschuldner richten, während Unterlagen über Bankkredite an die GmbH, deren Kündigung als Folge der Pfändungen der Antragsteller befürchtet, nur hinsichtlich der Bank X vorgelegt worden sind (Kontokorrentkredit, Mietkaution, selbstschuldnerische Bürgschaft des Antragstellers). Geschäftsbeziehungen zwischen den von den Pfändungen betroffenen Banken und der GmbH hat der Antragsteller weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht. Auch für seine zunächst vorgebrachten Behauptungen über die Refinanzierung eines von ihm der GmbH gewährten Gesellschafterdarlehens von über 2 Mio. DM durch diese Banken vermochte der Antragsteller im Laufe des Beschwerdeverfahrens keine Unterlagen vorzulegen, aus denen sich seine Refinanzierung durch A-er Banken ergibt. Der Antragsteller hat vielmehr in nachfolgenden Schriftsätzen hinsichtlich der Refinanzierung auf eine selbstschuldnerische Bürgschaft über 2,2 Mio. DM verwiesen, die er aber gegenüber der Bank X für Darlehen an die GmbH eingegangen ist. Da somit nicht nachgewiesen oder glaubhaft gemacht worden ist, daß die Banken in A, bei denen Konten des Antragstellers gepfändet worden sind, an der Finanzierung der GmbH durch direkte Kredite oder Darlehen an den Antragsteller als Gesellschafter in irgend einer Weise beteiligt sind, kann nicht davon ausgegangen werden, daß die Kontenpfändungen zu Darlehenskündigungen seitens dieser Banken und damit zum Konkurs der GmbH führen werden. Eine Bedrohung der wirtschaftlichen oder persönlichen Existenz des Antragstellers wegen der Gefahr der Konkurseröffnung über das Vermögen der von ihm vertretenen GmbH bei Aufrechterhaltung der Kontenpfändungen ist somit nicht ersichtlich.

Für die Glaubhaftmachung des vorbezeichneten Anordnungsgrundes reicht der Hinweis des Antragstellers auf etwaige Informationssysteme, die zwischen den Banken untereinander bestehen mögen, nicht aus. Mangels näheren Tatsachenvortrags und sonstiger Anhaltspunkte kann nicht davon ausgegangen werden, daß die von den Kontenpfändungen betroffenen in A ansässigen Banken Informationen über den Antragsteller als Pfändungsschuldner an die Bank X als Kreditgeber der GmbH weitergeben werden. Es ist nicht vorgetragen worden und nicht ersichtlich, daß die Banken in A Kenntnis von den Rechtsbeziehungen haben, die zwischen dem Antragsteller, der GmbH und der Bank X bestehen. Sollte die Bank X dennoch von dem gegen den Antragsteller bei anderen Banken ausgebrachten Pfändungen Kenntnis erlangen, so kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß sie diese zum Anlaß nehmen würde, ihre Kredite gegenüber der GmbH zu kündigen. Die unbestimmte Möglichkeit, daß über diesen Kausalverlauf doch der Konkurs der GmbH herbeigeführt werden könnte, reicht als Anordnungsgrund nicht aus, da hierfür eine unmittelbare Existenzbedrohung gegeben sein muß.

Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob die Vollstreckungsmaßnahmen gegen den Antragsteller als Geschäftsführer und wesentlich beteiligten Gesellschafter der GmbH - wie dieser meint - die Zuverlässigkeit und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der GmbH zum Betrieb des Alten- und Pflegeheims in der Weise in Frage stellt, daß die zuständige Verwaltungsbehörde gezwungen sein wird, gemäß § 15 Abs. 2 i.V.m. § 6 Abs. 3 Nr.1 des Heimgesetzes die erteilte Erlaubnis zum Betrieb des Heims zu widerrufen. Soweit sich der Antragsteller aus diesem Rechtsgrund auf ein ihm drohendes Berufsverbot und auf die Gefährdung seiner wirtschaftlichen Existenz beruft, ist der Anordnungsgrund noch weniger glaubhaft gemacht als die Möglichkeit einer Konkurseröffnung über das Vermögen der GmbH wegen Kündigung von Bankkrediten. Der Antragsteller hat nicht dargetan, auf welche Weise die zuständige Verwaltungsbehörde, die die Zuverlässigkeit des Betreibers des Heims zu überprüfen hat, von den Pfändungsmaßnahmen gegen ihn Kenntnis erlangen sollte, zumal sich die als Drittschuldner von der Pfändung betroffenen Banken außerhalb des örtlichen Zuständigkeitsbereichs der Verwaltungsbehörde befinden. Mit der bloßen Möglichkeit des Bekanntwerdens der Pfändungen ist die erforderliche unmittelbare Existenzbedrohung des Antragstellers auch hier nicht dargetan. Bei einer Pfändung wegen Steuerschulden dürfte im übrigen auch erst nach der Prüfung der gesamten Vermögensverhältnisse, die die Behörde noch vornehmen müßte, ein Widerruf der gewerberechtlichen Erlaubnis wegen Unzuverlässigkeit des Betreibers in Betracht kommen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 418891

BFH/NV 1993, 708

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