Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfe; Ordnungsgeld gegen nicht erschienenen Zeugen

 

Leitsatz (NV)

Für ein Beschwerdeverfahren wegen der Verhängung von Ordnungsgeld gegen einen Zeugen kann im Hinblick auf die Höhe des festgesetzten Ordnungsgeldes Prozesskostenhilfe gewährt werden, wenn durch das Nichterscheinen des Zeugen das Hauptsacheverfahren sich nicht verzögert hatte.

 

Normenkette

FGO §§ 142, 82; ZPO §§ 114, 115 Abs. 2, § 381

 

Verfahrensgang

FG Köln (Beschluss vom 11.04.2006; Aktenzeichen 9 K 5527/04)

 

Tatbestand

Die Beschwerdeführerin und Antragstellerin (Antragstellerin) war in einem Rechtsstreit vor dem Finanzgericht (FG) als Zeugin geladen. Sie sollte in der auf den 11. April 2006 anberaumten mündlichen Verhandlung vernommen werden. In einem Schriftwechsel mit dem FG teilte die Antragstellerin mit, dass sie aus verschiedenen Gründen nicht zu dem Termin kommen könne, und beantwortete Fragen des Gerichts zum Beweisthema; das FG wies die Antragstellerin auf ihre Pflichten als Zeugin hin. Zu dem Termin am 11. April 2006 erschien die Antragstellerin nicht. In der mündlichen Verhandlung wurde die Klage zurückgenommen. Das FG erließ am gleichen Tag einen Beschluss, mit dem der Antragstellerin die durch ihr Ausbleiben verursachten Kosten auferlegt und gegen sie ein Ordnungsgeld von 300 €, ersatzweise sechs Tage Ordnungshaft, festgesetzt wurde.

Gegen diesen Beschluss hat die Antragstellerin durch ihren Prozessbevollmächtigten Beschwerde eingelegt, der das FG nicht abgeholfen hat (Aktenzeichen des Bundesfinanzhofs --BFH--: VI B 62/06). Zugleich hat sie beantragt, ihr für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe (PKH) zu gewähren. Die erforderliche Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hat sie eingereicht.

 

Entscheidungsgründe

Dem Antrag auf Bewilligung von PKH ist stattzugeben.

Gemäß § 142 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) wird einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten erbringen kann, auf Antrag PKH gewährt, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

a) Die Rechtsverfolgung der Antragstellerin bietet bei der gebotenen summarischen Prüfung hinreichende Erfolgsaussichten. Zwar hatte das FG ein Ordnungsgeld festzusetzen, weil die Antragstellerin ordnungsgemäß als Zeugin geladen war und sie ihr Ausbleiben im Termin nicht genügend entschuldigte (§ 82 FGO i.V.m. § 381 ZPO). Die Höhe des festgesetzten Ordnungsgeldes begegnet jedoch erheblichen Bedenken. Denn einerseits hatte die Antragstellerin Fragen des Gerichts zum Beweisthema schriftlich beantwortet; zum anderen wurde die Klage in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen, so dass durch das Nichterscheinen der Antragstellerin das Verfahren sich nicht verzögerte.

b) Nach den von der Antragstellerin vorgelegten Unterlagen über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bestehen zur Überzeugung des Senats keine Zweifel am Vorliegen der persönlichen Voraussetzungen zur Bewilligung von PKH. Angesichts des monatlichen Einkommens von 605 € und den nach § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 Buchst. a und Nr. 3 davon abzusetzenden Beträgen des sog. Eckregelsatzes nach Nr. 2 der Prozesskostenhilfebekanntmachung 2006 vom 6. Juni 2006 (BGBl I S. 1292) in Höhe von (380 + 10 v.H. =) 418 € sowie der Mietkosten von 320 € ist die PKH ohne Ratenzahlung zu gewähren (§ 115 Abs. 2 ZPO).

c) Der Antragstellerin war gemäß § 142 Abs. 2 FGO ein Prozessvertreter beizuordnen, da für das Beschwerdeverfahren vor dem BFH Vertretungszwang besteht.

d) Eine Kostenentscheidung war nicht zu treffen.

 

Fundstellen

BFH/NV 2007, 266

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