Leitsatz (amtlich)

Das Finanzgericht kann die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren nicht für notwendig erklären, wenn sein Urteil auf eine Sprungklage gegen einen auf Einspruch hin geänderten Steuerbescheid ergangen ist.

 

Normenkette

FGO §§ 44, 45 Abs. 1 S. 1, § 139 Abs. 3 S. 3

 

Tatbestand

Die durch einen Wirtschaftsprüfer und Steuerberater vertretene Beschwerdeführerin hatte gegen den Beförderungsteuerbescheid vom 11. August 1964 Einspruch eingelegt. Der Beschwerdegegner setzte daraufhin die Beförderungsteuer durch Änderungsbescheid vom 16. November 1964 herab. Auf die Sprungberufung gegen diesen Änderungsbescheid setzte das FG die Beförderungsteuer weiter herab und legte dem Beschwerdegegner die Kosten des gerichtlichen Verfahrens auf. Die Beschwerdeführerin beantragte - um die Kosten des Einspruchsverfahrens (681 DM) erstattet zu bekommen -, die Zuziehung des Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären. Das FG lehnte das ab. Ein Vorverfahren habe nicht geschwebt, denn sein Urteil sei auf eine Sprungberufung (Sprungklage) hin ergangen. Jenes Verfahren über den Einspruch gegen den Bescheid vom 11. August 1964, der dem Änderungsbescheid vom 16. November 1964 vorausgegangen und durch ihn ersetzt worden sei, sei kein Vorverfahren im Sinne des § 44 und des § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO.

Die Beschwerdeführerin hat Beschwerde eingelegt. Sie sei "auf die Heranziehung eines Steuersachverständigen angewiesen" gewesen. Das FG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Beschwerde ist unbegründet.

Das FG konnte die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren nicht für notwendig erklären, weil ein Vorverfahren nicht geschwebt hatte (§ 139 Abs. 3 Satz 3 FGO). Vorverfahren ist das durch einen außergerichtlichen Rechtsbehelf eingeleitete Verwaltungsverfahren, das dem Rechtsstreit vorausgeht und der Nachprüfung des Verwaltungsakts dient (vgl. § 44 Abs. 1 FGO). Zu einem solchen Vorverfahren war es nicht gekommen, weil die Beschwerdeführerin beantragt hatte, ihren Einspruch gegen den Änderungsbescheid vom 16. November 1964 als Sprungberufung zu behandeln, und der Vorsteher des FA seine Einwilligung hierzu erklärt hatte, so daß zur Entscheidung über den Rechtsbehelf nicht mehr das FA, sondern das FG zuständig war (§ 229 AO a. F., § 184 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 und Nr. 2, § 35, § 40 Abs. 1, § 100 Abs. 1 und 2 FGO).

Kein Vorverfahren in dem dargelegten Sinne bildete jenes Einspruchsverfahren, das der Nachprüfung des Bescheids vom 11. August 1964 gedient und schließlich zum Erlaß des Änderungsbescheids vom 16. November 1964 geführt hatte. Denn nicht jener frühere Bescheid vom 11. August 1964, sondern der an dessen Stelle getretene und die alleinige rechtliche Grundlage für die Erhebung der Steuer bildende Änderungsbescheid vom 16. November 1964 (vgl. Urteil des BFH IV 162/65 vom 29. Januar 1970, BFH 99, 157, 159, BStBl II 1970, 623) war Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens. Erst ein gegen ihn eingelegter Einspruch hätte zu einem Vorverfahren in dem dargelegten Sinne führen können.

Die Kosten des Verfahrens waren der Beschwerdeführerin aufzuerlegen, weil ihr Rechtsmittel keinen Erfolg hatte (§ 135 Abs. 2 FGO).

 

Fundstellen

BStBl II 1972, 92

BFHE 1972, 399

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