Entscheidungsstichwort (Thema)

Nichterhebung von Gerichtskosten im AdV-Verfahren

 

Leitsatz (NV)

1. Eine unrichtige Sachbehandlung i.S. des § 8 Abs. 1 Satz 1 GKG ist nur gegeben, wenn das Gericht im betreffenden Verfahren (hier: Aussetzungsverfahren) gegen eine eindeutige gesetzliche Norm verstoßen hat oder wenn dem Gericht in diesem Verfahren ein offensichtliches Versehen unterlaufen ist.

2. Von der Erhebung von Kosten kann nach § 8 Abs. 1 Satz 3 GKG nicht abgesehen werden, wenn der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nicht zulässig war.

 

Normenkette

GKG § 8 Abs. 1 Sätze 1, 3

 

Tatbestand

Das Finanzamt (FA) setzte durch Bescheid vom 16. Dezember 1985 gegen den Erinnerungsführer und Kostenschuldner (Kostenschuldner) Erbschaftsteuer in Höhe von ... DM fest und ermäßigte die Steuer mit der Einspruchsentscheidung auf ... DM. Die Klage hatte Erfolg. Auf die Revision des FA hin hob der erkennende Senat in der Sitzung vom 17. Februar 1993 die Vorentscheidung auf und wies die Klage ab (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 17. Februar 1993 II R 83/90, BFHE 170, 305). Die Entscheidung erging mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung und wurde am 4. April 1993 dem Kostenschuldner zugestellt. Mit Schreiben vom 23. März 1993 hatte der Kostenschuldner beim erkennenden Senat die Aussetzung der Vollziehung des Steuerbescheids beantragt. Nach Zustellung des Urteils nahm er den Antrag mit Schriftsatz vom 8. April 1993 zurück. Mit Beschluß vom 20. April 1993 stellte der erkennende Senat das Aussetzungsverfahren ein und legte die Kosten dieses Verfahrens dem Kostenschuldner auf. Für das Aussetzungsverfahren erteilte die Kostenstelle des BFH dem Kostenschuldner eine Kostenrechnung vom 14. Mai 1993 über ... DM. Dagegen hat der Kostenschuldner am 1. Juni 1993 Erinnerung eingelegt mit dem Antrag, diese Kosten niederzuschlagen. Zur Begründung trägt er vor: Wäre ihm zum Zeitpunkt der Antragstellung (23. März 1993) bekannt gewesen, daß der erkennende Senat bereits am 17. Februar 1993 in der Hauptsache entschieden hatte, dann hätte er mit Sicherheit keinen Aussetzungsantrag gestellt. Die Verzögerung in der Ausfertigung des Urteils und dessen Zustellung seien ursächlich für den Antrag gewesen, der folgerichtig - nach Bekanntwerden des Urteils - mit Schreiben vom 8. April 1993 zurückgenommen worden sei.

 

Entscheidungsgründe

Die Erinnerung des Kostenschuldners ist unbegründet. Die Voraussetzungen für eine Nichterhebung der Kosten nach § 8 des Gerichtskostengesetzes (GKG) liegen nicht vor.

Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 GKG werden Kosten, die bei richtiger Sachbehandlung nicht entstanden wären, nicht erhoben. Eine unrichtige Sachbehandlung im Sinne dieser Vorschrift wäre im Streitfall gegeben, wenn das Gericht im Verfahren über die Aussetzung der Vollziehung offensichtlich gegen eine eindeutige gesetzliche Norm verstoßen hätte oder wenn dem Gericht in diesem Verfahren ein offensichtliches Versehen unterlaufen wäre (vgl. BFH-Beschluß vom 17. November 1987 II E 1/87, BFH/ NV 1988, 324). Die vom Kostenschuldner behauptete unrichtige Sachbehandlung bezieht sich indessen auf ein anderes Verfahren, nämlich des Hauptsacheverfahrens. Daß eine unrichtige Sachbehandlung im Aussetzungsverfahren erfolgt ist, hat der Kostenschuldner weder vorgetragen noch ist eine solche ersichtlich.

Von der Erhebung von Kosten nach § 8 Abs. 1 Satz 3 GKG kann schon deshalb nicht abgesehen werden, weil der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nicht zulässig war, denn die Zugangsvoraussetzungen nach § 69 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung waren zumindest nicht dargetan.

 

Fundstellen

Haufe-Index 423242

BFH/NV 1994, 335

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