Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung der GmbH-Geschäftsführerin; Prozeßkostenhilfe

 

Leitsatz (NV)

1. Zur Berechnung von Ratenzahlungen im Prozeßkostenhilfeverfahren.

2. Zur Erfolgsaussicht als Voraussetzung einer Prozeßkostenhilfe.

3. Keine Entlastung der Geschäftsführerin einer GmbH wegen Übertragung steuerlicher Verpflichtungen auf den Ehemann.

 

Normenkette

AO 1977 §§ 69, 34; AO §§ 109, 103; FGO § 142 Abs. 1; ZPO §§ 114, 115 Abs. 1

 

Verfahrensgang

FG Düsseldorf

 

Tatbestand

Die Klägerin hat beim FG die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe zur Durchführung des wegen Inanspruchnahme als Haftungsschuldner mit insgesamt 47 616,67 DM anhängig gemachten Klageverfahrens beantragt.

Die Klägerin war seit Mai 1965 Gesellschafterin und alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführerin einer GmbH. Bei der GmbH war der Ehemann der Klägerin als stellvertretender Geschäftsführer angestellt. Über das Vermögen der GmbH wurde am 28. Januar 1975 das Konkursverfahren eröffnet, im November 1976 wurde sie im Handelsregister gelöscht.

Das FG hat die Klägerin als Geschäftsführerin der GmbH wegen der Steuerrückstände der GmbH (Lohn- und Kirchensteuer, Ergänzungsabgabe, Umsatzsteuer, Säumniszuschlägen) mit Haftungsbescheid vom 22. Januar 1975 in Form der Einspruchsentscheidung vom 18. November 1975 gemäß §§ 109, 103 der Reichsabgabenordnung (AO) in Höhe von insgesamt 47 616,67 DM in Haftung genommen. Mit der dieserhalb erhobenen Klage begehrt die Klägerin die Aufhebung des Haftungsbescheides. Sie macht im wesentlichen geltend, nicht sie, sondern der bei der GmbH als stellvertretender Geschäftsführer angestellte Ehemann habe die Geschäftsführertätigkeit ausgeübt. Sie selbst sei mangels Vorbildung hierzu nicht in der Lage gewesen. Auch sei der Haftungsanspruch verjährt.

Das FG, das den Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe zunächst - wegen nicht hinreichender Erfolgsaussichten - in vollem Umfang abgelehnt hatte, hat auf die Beschwerde der Klägerin die begehrte Prozeßkostenhilfe in Höhe eines Teilbetrages von 13 608,43 DM bewilligt, mit der sich aus der Begründung seiner Entscheidung ergebenden Maßgabe, daß sie auf die zu erwartenden Prozeßkosten Ratenzahlungen von 60 DM/mtl. zu erbringen habe. Es hat ausgeführt, hinsichtlich der nach Abzug des Teilbetrages von 13 608,43 DM (nämlich 9 850,43 DM wegen getilgter Lohn- und Kirchensteuer und Ergänzungsabgabe + 3 758 DM wegen verjährter Säumniszuschläge für Umsatzsteuer 1970) noch verbleibenden Haftsumme von 34 008,24 DM (47 616,67 DM ./. 13 608,43 DM) bleibe das Klagebegehren nicht erfolgversprechend. Der von der Klägerin erhobene Einwand der Verjährung greife nicht durch, weil mit der Anfechtung des Haftungsbescheids der Ablauf der Verjährung aus dem zugrunde liegenden Haftungssachverhalt gehemmt worden sei (§ 146 a AO).

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde hat - soweit ihr das FG nicht bereits abgeholfen hat - einen Teilerfolg.

Dieser Teilerfolg besteht darin, daß die Klägerin - auf der Grundlage der vom FG hinsichtlich der mutmaßlichen Erfolgsaussichten getroffenen Entscheidung - keine Ratenzahlungen auf die zu erwartenden Prozeßkosten zu erbringen braucht. Denn von der ihr zustehenden Witwenrente von 910 DM monatlich ist noch der in die Tabelle lt. Anlage 1 zu § 114 der Zivilprozeßordnung (ZPO) nicht einberechnete Mietanteil in Höhe von 144 DM/mtl. (300 DM ./. 156 DM) abzusetzen, so daß das monatliche Nettoeinkommen der Klägerin 766 DM beträgt (vgl. Beschluß OLG Düsseldorf vom 29. April 1981 3 WF 68/81, NJW 1981, 1791). Bei diesem Nettoeinkommen fallen keine Ratenzahlungen an.

Im übrigen ist die Beschwerde unbegründet. Das FG hat zu der - nach Abzug der getilgten Rückstände an Lohn- und Kirchensteuer sowie Ergänzungsabgabe (9 850,43 DM) sowie der verjährten Säumniszuschläge (3 758 DM) noch verbleibenden - Haftungsschuld von 34 008,24 DM (47 616,67 DM ./. 13 608,43 DM) zutreffend ausgeführt, daß die Klage insoweit - bei der hier gebotenen summarischen Prüfung - keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

Die Klägerin kann sich in ihrer Eigenschaft als Geschäftsführerin der GmbH hinsichtlich der Nichtwahrnehmung der ihr obliegenden steuerlichen Verpflichtungen (§ 103 AO) nicht damit entlasten, daß sie die Geschäftsführertätigkeit praktisch nicht ausgeübt und diese dem Ehemann überlassen habe. Das gleiche gilt sinngemäß für den Einwand der Klägerin, sie sei aufgrund ihrer - unzureichenden - Ausbildung überhaupt nicht in der Lage gewesen, den Aufgaben des GmbH-Geschäftsführers gerecht zu werden. Das FG hat hierzu zutreffend ausgeführt, daß derjenige, der die Aufgaben eines GmbH-Geschäftsführers übernimmt, auch die damit verbundenen öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen - zu denen diejenigen steuerlicher Art gehören - wahrnehmen muß.

Der Haftungsanspruch ist auch nicht verjährt. Da die zugrunde liegenden Steueransprüche das Jahr 1974 betreffen, ist der im Januar 1975 ergangene Haftungsbescheid rechtzeitig erlassen worden. Die Verjährung des Haftungsanspruchs selbst wurde durch die im Ergänzungsbescheid vom 7. Februar 1975 enthaltene Zahlungsaufforderung unterbrochen (§ 147 AO) und ist seit 1. Januar 1976 in ihrem Ablauf gehemmt (§§ 146 a, 97 Abs. 2 AO).

Ob und inwieweit der vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt) bei den Umsatzsteuerrückständen im Schätzungsweg vorgenommene Pauschalabschlag (von rd. 20 v. H.) dem Grundsatz Rechnung trägt, daß Umsatzsteuerschulden in etwa dem gleichen Verhältnis wie andere Verbindlichkeiten (,,anteilig") zu tilgen sind (Urteil des Bundesfinanzhofs vom 26. April 1984 V R 128/79, BFHE 141, 443, BStBl II 1984, 776), braucht hier - im summarischen Verfahren - nicht abschließend entschieden zu werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 413953

BFH/NV 1987, 389

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