Entscheidungsstichwort (Thema)

Unzulässige Beschwerde gegen Ablehnung der PKH für AdV-Verfahren

 

Leitsatz (NV)

Eine auf eine angeblich unzutreffende Beurteilung der Erfolgsaussichten gestützte Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrags auf Gewährung von Prozeßkostenhilfe für ein gerichtliches Verfahren wegen Aussetzung der Vollziehung ist unzulässig, wenn die Hauptsache mangels Zulassung der Beschwerde nicht an den Bundesfinanzhof gelangen kann. Dies gilt auch bei einer zeitgleichen Entscheidung des FG über beide Anträge.

An dieser Rechtslage hat sich durch die Neufassung des § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO durch das Rechtspflege-Vereinfachungsgesetz vom 17. Dezember 1990 (BGBl I 1990, 2847) nichts geändert.

 

Normenkette

FGO § 69 Abs. 3, § 115 Abs. 2, § 142 Abs. 1; ZPO § 127 Abs. 2 S. 2

 

Tatbestand

Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) beantragte beim Finanzgericht (FG) die Aussetzung der Vollziehung der Einkommensteuerbescheide für 1987 bis 1993. Das FG lehnte den Antrag durch Beschluß vom 26. Juni 1995 ab. Die Beschwerde ließ das FG nicht zu.

Mit Beschluß vom selben Tag lehnte das FG den Antrag der Antragstellerin auf Gewährung von Prozeßkostenhilfe (PKH) für dieses Verfahren ab, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg besitze. Zur Begründung nahm es auf den Beschluß im Aussetzungsverfahren Bezug.

Gegen den Beschluß über die Versagung von PKH richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin. Er sei rechtswidrig, weil er nicht vor der Entscheidung im Aussetzungsverfahren ergangen sei. Es widerspreche Sinn und Zweck eines Antrages auf Gewährung von PKH, wenn er erst beschieden werde, nachdem das Ergebnis des einschlägigen Verfahrens feststehe. Die Ablehnung beruhe auf der Unterstellung unzutreffender, unbewiesener Tatsachen und sei deshalb materiell-rechtlich falsch.

Die Antragstellerin beantragt, unter Aufhebung des ablehnenden Beschlusses des FG ihr PKH für das Verfahren der Aussetzung der Vollziehung der Einkommensteuerbescheide für 1987 bis 1993 zu gewähren.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unzulässig.

1. § 142 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i. V. m. § 127 Abs. 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung (ZPO), wonach gegen eine ablehnende Entscheidung über PKH die Beschwerde stattfand, "es sei denn, daß das Berufungsgericht die Entscheidung getroffen hat", wurde nach ständiger Rechtsprechung der allgemeine Rechtsgrundsatz der Begrenzung des Beschwerdeweges auf den Rechtsweg der Hauptsache entnommen. Danach war die auf eine angeblich unzutreffende Beurteilung der Erfolgsaussichten gestützte Beschwerde gegen die Ablehnung von PKH unzulässig, wenn die Hauptsache nicht an den Bundesfinanzhof (BFH) gelangen konnte (vgl. BFH-Beschluß vom 18. Januar 1991 VI B 134/89, BFH/NV 1991, 475, m. w. N.). § 127 Abs. 2 ZPO ist zwar durch das Rechtspflege-Vereinfachungsgesetz vom 17. Dezember 1990 (BGBl I 1990, 2847) sprachlich neu gefaßt worden, und der zweite Halbsatz in § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO ist entfallen. Diese Neufassung war indessen allein im Hinblick auf die geänderte Fassung des § 567 Abs. 3 ZPO erfolgt. In der Sache hat sich nach dem erklärten gesetzgeberischen Willen nichts geändert (vgl. dazu ausführlich BFH-Beschluß vom 24. Juli 1992 VI B 6/92, BFH/NV 1992, 835, 836, m. w. N.).

2. Der erkennende Senat hat dementsprechend eine Beschwerde gegen einen ablehnenden Beschluß über PKH, der zeitgleich mit der ablehnenden Entscheidung über einen Antrag an das Gericht auf Aussetzung der Vollziehung ergangen war, als unzulässig beurteilt. Das Verfahren über die Aussetzung der Vollziehung konnte nach Art. 1 Nr. 3 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) nicht mehr an den BFH gelangen, nachdem das FG durch unanfechtbaren Beschluß entschieden hatte (vgl. Beschluß des erkennenden Senats vom 14. Mai 1982 VIII B 1/82, BFHE 136, 53, BStBl II 1982, 600). Art. 1 Nr. 3 BFHEntlG ist inhaltsgleich mit Wirkung vom 1. Januar 1993 als Abs. 3 in § 128 FGO übernommen worden.

Danach steht den Beteiligten gegen Entscheidungen über die Aussetzung der Vollziehung nach § 69 Abs. 3 FGO die Beschwerde nur zu, wenn sie in der Entscheidung nach Maßgabe der Zulassungsgründe gemäß § 115 Abs. 2 FGO zugelassen worden ist. Hingegen ist eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung nicht statthaft (vgl. BFH-Beschluß vom 7. Mai 1992 III B 27/92, BFH/NV 1992, 686, m. w. N., ständige Rechtsprechung).

3. Der BFH hat zwar aus Billigkeitsgründen eine Beschwerde ausnahmsweise dann als statthaft angesehen, wenn das FG über einen Antrag auf PKH erst nach Abschluß der Instanz entschieden hatte (vgl. BFH- Beschlüsse vom 18. Juli 1995 X B 68/95, BFH/NV 1996, 62; vom 29. Oktober 1993 XI B 42/93, BFH/NV 1994, 655 unter Anschluß an BFH-Beschluß vom 7. August 1984 VII B 27/84, BFHE 141, 494, BStBl II 1984, 838). Diese Ausnahme greift allerdings dann nicht ein, wenn ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung zur Hauptsache zum BFH von vornherein nicht statthaft ist (vgl. BFH-Beschlüsse in BFHE 141, 494, BStBl II 1984, 838 sowie vom 10. Januar 1985 VII B 63/84, BFH/NV 1985, 97, jeweils unter Hinweis auf die Entscheidung des erkennenden Senats in BFHE 136, 53, BStBl II 1982, 600). In diesem Fall kann sich nämlich der Zeitpunkt der Entscheidung über das Nebenverfahren nicht auf die Zulässigkeit des Rechtsmittels in der Hauptsache nachteilig auswirken.

Im vorliegenden Fall ist es ausgeschlossen, daß der BFH mit dem entsprechenden Hauptsacheverfahren befaßt werden könnte. Danach war die Beschwerde unzulässig.

 

Fundstellen

BFH/NV 1996, 635

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