Leitsatz

1. Ein mehrere freigebige Zuwendungen zusammenfassender Schenkungsteuerbescheid, der die einzelnen der Besteuerung unterworfenen Lebenssachverhalte nicht konkret bezeichnet, ist mangels hinreichender inhaltlicher Bestimmtheit nichtig.

2. Außerordentliche (d.h. nicht satzungsmäßig oder allen Vereinsmitgliedern durch entsprechenden Beschluss auferlegte) Leistungen des Förderers eines Vereins an einen Sportverein unterliegen als freigebige Zuwendungen der Schenkungsteuer, soweit ihnen keine Gegenleistung des Vereins gegenübersteht. Das Recht des Zuwendenden, auf die Zusammensetzung einer Vereinsmannschaft Einfluss nehmen zu können, ist keine Gegenleistung des Vereins im schenkungsteuerrechtlichen Sinn.

 

Normenkette

§ 119 Abs. 1, § 125 Abs. 1, § 157 Abs. 1 Satz 2 AO, § 7 Abs. 1 Nr. 1, § 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. b, § 14 Abs. 1, § 18 ErbStG

 

Sachverhalt

Der Kläger engagierte sich finanziell bei einem Sportverein, zu dem mehrere Fußballmannschaften gehörten, von denen die erste zeitweise in der Bundesliga und zeitweise in der Amateur-Oberliga spielte. Jeweils vor Beginn einer Spielzeit stimmte der Vereinsvorstand den Rahmen des finanziellen Engagements mit dem Kläger ab. Davon hing ab, welche Spieler eingekauft und welche Gehälter gezahlt werden konnten. Während der Spielzeit schoss der Kläger bei Bedarf weitere Gelder zu. Von 1978 bis 1987 zahlte er auf diese Weise durch 209 Einzelleistungen mehrere Millionen DM an den Verein.

Nach einer Fahndungsprüfung erließ das FA im November 1990 einen ersten Bescheid, mit dem es für sämtliche Zahlungen des Zeitraums Schenkungsteuer in einem Betrag festsetzte. Während des Klageverfahrens erklärte es 2002 den Bescheid auf einen Hinweis des FG für nichtig und erließ getrennt für jedes Kalenderjahr neue Bescheide, in denen es jeweils für die Zahlungen eines Jahres die Schenkungsteuer unter Berücksichtigung der Vorerwerbe in einem Betrag festsetzte. Diese Bescheide hielt das FG im Wesentlichen für rechtmäßig.

Der BFH gab durch Gerichtsbescheid zu erkennen, dass er auch die jahresweise Zusammenfassung der Zahlungen in einem Bescheid ohne Aufschlüsselung der Steuer für nicht ausreichend und daher die neuen Bescheide wiederum für nichtig halte. Beide Beteiligte beantragten mündliche Verhandlung. Das FA erließ außerdem im März 2006 192 Bescheide, die jeweils nur noch eine Zahlung erfassten. Dagegen wandte der Kläger ein, der erste Bescheid vom November 1990 sei nicht nichtig gewesen, sondern wirksam. Er habe der seinerzeit üblichen Praxis der Finanzverwaltung entsprochen. Die Aufhebung des Bescheids habe Unanfechtbarkeit i.S.d. § 171 Abs. 5 AO bewirkt und damit zur Festsetzungsverjährung geführt. Im Übrigen wären die Geldleistungen nicht unentgeltlich erfolgt.

 

Entscheidung

Nach Ansicht des BFH war der Bescheid vom November 1990 mangels Bestimmtheit nichtig. Die Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 5 AO dauerte daher an. Ein Teil der 192 Bescheide war jedoch wegen fehlerhafter Anwendung des § 14 Abs. 2 und des § 18 ErbStG zu korrigieren.

Dass die vom FA vorgenommene Zusammenfassung aller Zahlungen in einem Bescheid der seinerzeitigen Verwaltungspraxis entsprochen habe, ändere – so der BFH – nichts an der Offenkundigkeit der schwerwiegenden Mängel des Bescheids von 1990. Ein verständiger Dritter habe dem Bescheid auch in Kenntnis aller Umstände nicht entnehmen können, welche einzelnen Lebenssachverhalte (Besteuerungstatbestände) hätten erfasst werden sollen. Die Bescheide des Jahrs 2002 seien ebenfalls nichtig, da sie die besteuerten Lebenssachverhalte weiterhin nicht erkennen ließen. Die 192 Bescheide des Jahrs 2006 seien nach § 121 Satz 1 i.V.m. § 68 Satz 4 FGO Gegenstand des Revisionsverfahrens geworden. Die Ablaufhemmung des § 171 Abs. 5 AO habe umfassend fortbestanden, da sich die Ermittlungshandlungen der Steuerfahndung auf alle nunmehr besteuerten Sachverhalte erstreckt habe. Zeitlich werde die Ablaufhemmung nur durch das Institut der Verwirkung begrenzt.

Die Zahlungen des Klägers stellten auch freigebige Zuwendungen dar. Rückzahlungsansprüche hätten nicht bestanden. Gegenleistungen seien nicht ersichtlich. Insbesondere bildet die Aufstellung einer attraktiven Mannschaft keine Gegenleistung. Es gebe auch keinen Zusammenhang mit einem die Freigebigkeit ausschließenden Gemeinschaftszweck, was immer darunter zu verstehen sei. Auch § 18 ErbStG spreche für den Willen des Gesetzgebers, Beiträge an Vereine, die nicht nur die Förderung ihrer Mitglieder zum Zweck hätten, als schenkungsteuerbar anzusehen. Da jedoch in einem Teil der 192 Bescheide der Freibetrag von 500 DM gemäß § 18 ErbStG und die progressionsmildernde Wirkung des § 14 Abs. 2 ErbStG übersehen worden sei, hätten diese Bescheide geringfügig korrigiert werden müssen.

 

Hinweis

1. Die Frage hinreichender Bestimmtheit von Erbschaftsteuerbescheiden beschäftigt den BFH immer wieder, obwohl die Bestimmtheitsanforderungen seit langem geklärt sind. Jede einzelne freigebig erfolgende Zahlung stellt einen eigenen Steuerfall...

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