4.5.1 Unentgeltliche Übertragung

Eine Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums aufgrund eines voll unentgeltlichen Kausalgeschäfts (z. B. reine Schenkung) ist keine Veräußerung.[1]

Keine Schenkung liegt aber vor, wenn zwischen Fremden wertlose Anteile ohne Gegenleistung bzw. zu einem symbolischen Preis von 1 EUR übertragen werden. Dies ist ein reguläres Veräußerungsgeschäft.[2] Hingegen ist bei einer Übertragung unter nahen Angehörigen zu prüfen, ob die "Veräußerung" ihre Ursache nicht in den persönlichen Beziehungen hat.[3]

4.5.2 Erbauseinandersetzung

Wird ein Nachlass mit Anteilen an Kapitalgesellschaften zwischen den Miterben auseinandergesetzt, kann dies zu einem nach § 17 EStG relevanten Vorgang führen oder auch nicht.

a) Realteilung ohne Abfindung

Erhält jeder Miterbe Wirtschaftsgüter im Gesamtwert seiner Erbquote zum Alleineigentum – Erbauseinandersetzung durch Realteilung ohne Abfindung – liegt keine Veräußerung und Anschaffung der einzelnen Wirtschaftsgüter vor. Jeder der Erben überträgt und erwirbt voll unentgeltlich.[1]

b) Realteilung mit Abfindung

Soweit jedoch einer der Miterben an den oder die anderen aus seinem eigenen Vermögen eine Abfindung zahlt, weil der Wert der von ihm übernommenen Wirtschaftsgüter höher ist als seine Erbquote – Realteilung mit Abfindung – ist dies eine entgeltliche Veräußerung und zugleich eine Anschaffung. Der zahlende Miterbe erwirbt die von ihm übernommenen Wirtschaftsgüter teilweise voll entgeltlich und teilweise voll unentgeltlich.[2]

 
Praxis-Beispiel

Erbauseinandersetzung

Der Nachlass besteht aus 60 % Anteilen an der X-GmbH (Verkehrswert 600.000 EUR, Anschaffungskosten 60.000 EUR) und einem Mietwohngrundstück (Verkehrswert 400.000 EUR). Miterben sind S und T zu je 1/2. Der Nachlass wird in der Weise real geteilt, dass S die GmbH-Anteile und T das Grundstück erhält und S an T 100.000 EUR bezahlt.

S und T haben die ihnen zuzurechnende GmbH-Beteiligung von je 30 % unentgeltlich vom Erblasser erworben. Mit der Erbauseinandersetzung hat T seine 30 % Anteile (Wert 300.000 EUR, Anschaffungskosten 30.000 EUR) zu 1/3 voll entgeltlich für 100.000 EUR veräußert und zu 2/3 voll unentgeltlich auf S übertragen.

Daraus errechnet sich ein Veräußerungsgewinn von T in Höhe von 100.000 EUR ./. 10.000 EUR = 90.000 EUR.

Die Anschaffungskosten von S für die gesamte Beteiligung von 60 % betragen: 30.000 EUR (aus Erbe) + 20.000 EUR (Buchwert aus Erwerb von T) + 100.000 EUR (entgeltlicher Erwerb von T) = 150.000 EUR.

4.5.3 Rücktrittsvereinbarungen

Wird der gestundete Kaufpreis für die Veräußerung einer Beteiligung i. S. v. § 17 EStG wegen einer in einem späteren VZ geschlossenen Rücktrittsvereinbarung nicht mehr entrichtet, ist dies ein Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Veräußerung.[1]

 
Wichtig

Rücktritt oder Rückübertragung

In der Praxis gibt es immer wieder Zweifelsfälle, in denen eine Abgrenzung erforderlich wird – liegt ein Fall eines Rücktritts oder einer Rückübertragung vor. Ist die getroffene Vereinbarung zu unpräzise, droht hier eine Auslegung dergestalt, dass kein Rücktritt und damit keine Rückabwicklung des Geschäfts, sondern eine Rückübertragung und damit eine weitere Veräußerung vorliegt.[2]

Insbesondere eine Rückabwicklung eines beiderseits noch nicht vollständig erfüllten Kaufvertrags kann als rückwirkender Wegfall des Veräußerungsvorgangs und damit eines entstandenen Veräußerungsgewinns gewertet werden.[3]

4.5.4 Veräußerungsgleiche Vorgänge

Vom Gesetzgeber sind die folgenden Sachverhalte einer Veräußerung gleichgestellt worden[1]:

  • Auflösung einer Kapitalgesellschaft. Maßgebend ist aber nicht der Beschluss über die Auflösung, sondern der Auflösungsgewinn bzw. -verlust entsteht erst mit Abschluss der Liquidation oder eines Insolvenzverfahrens. Nur ausnahmsweise kann bereits zuvor feststehen, dass mit keiner wesentlichen Änderung eines bereits feststehenden Verlusts mehr zu rechnen ist. Dies wird vor allem der Fall sein, wenn die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt wird.
  • Kapitalherabsetzung. Hierbei wird durch die Kapitalgesellschaft Nennkapital zurückgezahlt. Fällt diese Rückzahlung aber unter § 28 Abs. 2 Satz 2 KStG (Verwendung des sog. Sonderausweises), gehört dieser Vorgang als Gewinnausschüttung zu den Einkünften aus Kapitalvermögen.
  • Ausschüttung ...

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