3.1.1 Grundlagen

 

Rz. 32

Die Verwendung des Begriffs "verbundenes Unt" in § 271 Abs. 2 HGB erfolgte aufgrund der Umsetzung des Art. 41 der 7. EG-RL (= Konzernbilanzrichtlinie) und ist in der RL 2013/34/EU unverändert geblieben.[1] Der Gesetzgeber hat aber für nach dem 31.12.2023 beginnende Gj eine sprachliche Anpassung vorgenommen (Rz 46). Vor der Einfügung des § 271 Abs. 2 HGB sah das Gesetz keine eigenständige bilanzrechtliche Definition des Begriffs "verbundenes Unt" vor. Insoweit erfolgte zunächst immer eine Anlehnung an den in § 15 AktG bestimmten allgemeingültigen Begriff eines "verbundenen Unt" auch für die Rechnungslegung. Die in Art. 41 der 7. EG-RL enthaltene Definition war nicht mit der Definition des Aktienrechts vereinbar, sodass sich aufgrund der fehlenden Änderungsbereitschaft in Bezug auf die aktienrechtlichen Bestimmungen ein eigenes handelsrechtliches Begriffsverständnis herausbilden musste. Die in § 271 Abs. 2 HGB enthaltene Definition ist somit auch nur alleine für das Dritte Buch des HGB (rechnungslegungsrelevante Bestimmungen) von Bedeutung. Das aktienrechtliche Verständnis eines "verbundenen Unt" bleibt weiterhin für einschlägige Vorschriften des AktG maßgeblich (z. B. §§ 71 Abs. 1 Nr. 2, 89 Abs. 4 Satz 2, 90 Abs. 3, 311 ff. AktG).

[1] Vgl. 7. RL des Rates 83/349/EWG v. 13.6.1983, ABl. EG L 193/1 v. 18.7.1983.

3.1.2 Übereinstimmende Verbundenheit nach AktG und HGB

 

Rz. 33

Stellt man einen Vergleich an, unter welchen Bedingungen die Verbundenheitstatbestände nach Aktien- und Handelsrecht zu einem gleichen Ergebnis führen, so ist es erforderlich, die Maßstäbe einer Verbundenheit nach §§ 1619 AktG mit den Verbundenheitskriterien des § 290 HGB zu vergleichen. § 16 AktG geht bei in Mehrheitsbesitz stehenden Unt und bei mit Mehrheit beteiligten Unt davon aus, dass die Verbundenheitskriterien erfüllt sind. Hingegen ist der Verbundenheitstatbestand nach HGB gem. § 290 Abs. 2 Nr. 1 HGB nur bei einer Stimmrechtsmehrheit gegeben, es muss sich daraus zumindest eine Beherrschungsmöglichkeit ergeben. Entsprechend § 17 AktG besteht zwischen abhängigen und herrschenden Unt eine Verbundenheitsvermutung, die nach HGB nur bestätigt werden kann, wenn die Abhängigkeit aufgrund einer Stimmrechtsmehrheit (§ 290 Abs. 2 Nr. 1 HGB) oder aufgrund von Satzungsbestimmungen (§ 290 Abs. 2 Nr. 3 HGB) besteht und die Beherrschungsmöglichkeit gegeben ist. Die Annahme des § 19 AktG, dass auch wechselseitig beteiligte Unt mit einer gegenseitigen Beteiligung von jeweils über 25 % den Verbundenheitstatbestand erfüllen, wird handelsrechtlich nicht nachvollzogen. Eine Verbundenheit könnte sich bei dieser Konstellation auch handelsrechtlich nur dann ergeben, wenn aufgrund zusätzlicher Merkmale ein Abhängigkeitsverhältnis (§ 17 AktG) bzw. eine Beherrschungsmöglichkeit besteht.

 

Rz. 34

Von den im Aktienrecht aufgenommenen Unternehmensverträgen führt nur der Beherrschungsvertrag nach § 291 AktG über die Beherrschungsmöglichkeit sowie konkretisiert in § 290 Abs. 2 Nr. 3 HGB auch zu einem verbundenen Unt nach Handelsrecht. Bei der Feststellung eines eingegliederten Unt im Anwendungsbereich des § 319 AktG ergibt sich die Erfüllung des handelsrechtlichen Verbundenheitsbegriffs aufgrund der Änderungen durch das BilMoG nicht mehr aufgrund der Existenz einer einheitlichen Leitung. Das handelsrechtliche Kriterium der einheitlichen Leitung wurde durch die Neufassung des § 290 HGB ersatzlos zugunsten des Konzepts der Kontrollmöglichkeit gestrichen.

3.1.3 Relation zwischen § 271 Abs. 1 und Abs. 2 HGB

 

Rz. 35

Liegen sowohl die Voraussetzungen des § 271 Abs. 1 HGB als auch die Voraussetzungen des § 271 Abs. 2 HGB vor, so kann die Bestimmung des Abs. 2 als lex specialis angesehen werden und ist insoweit vorrangig.[1] Vor dem BilMoG setzte faktisch die Forderung in § 290 Abs. 1 HGB a. F. nach einer einheitlichen Leitung ohnehin die Existenz einer Beteiligung voraus. Inzwischen entfällt die Normenkonkurrenz zwischen § 271 Abs. 1 und Abs. 2 HGB.

Die in § 271 Abs. 2 HGB genannte Form der Unternehmensverbindung geht hinsichtlich der Verbindungsintensität über das Beteiligungsverständnis des § 271 Abs. 1 HGB hinaus und ist durch nachfolgende Merkmale gekennzeichnet:

  • Erfüllung der Voraussetzungen eines MU oder TU,
  • Möglichkeit der Einbeziehung in den Konzernabschluss eines MU nach den Vorschriften über die VollKons (entfällt für Gj, die nach dem 31.12.2023 beginnen),
  • die Ausnutzung von Konsolidierungswahlrechten gem. § 296 HGB ist für die Einordnung unschädlich (entfällt für Gj, die nach dem 31.12.2023 beginnen),
  • Existenz einer Konzernabschluss-Aufstellungspflicht unabhängig von einer evtl. Befreiung (entfällt für Gj, die nach dem 31.12.2023 beginnen).
 

Rz. 36

Der Normzweck des § 271 Abs. 2 HGB erklärt sich wie auch der des § 271 Abs. 1 HGB aus den gestiegenen Informationsbedürfnissen der Jahresabschlussadressaten bei derartigen Unternehmensverbindungen. Die beteiligten Unt sind nicht mehr als wirtschaftlich unabhängig anzusehen. Die Ausgestaltung vereinbarter Konditionen zwischen solchen Unt kann z. T. erheblich von den üblichen Marktpreisen abweichen. Ein besonderes Augenmerk muss ...

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