Rz. 46

Die Kritik an der in § 271 Abs. 2 HGB a. F. enthaltenen Verbunddefinition hatte viele Jahre keinen Erfolg. Obwohl die Norm "vielfach als schwer verständlich und lückenhaft"[1] identifiziert wurde, blieb Sie unverändert. Mit dem Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/2101 im Hinblick auf die Offenlegung von Ertragsteuerinformationen durch bestimmte Unternehmen und Zweigniederlassungen sowie zur Änderung des Verbraucherstreitbeilegungsgesetzes und des Pflichtversicherungsgesetzes hat der Gesetzgeber nun erstmalig auf die in der Literatur geäußerten Kritikpunkte reagiert und eine Neufassung der Verbunddefinition vorgenommen. Für Gj, die nach dem 31.12.2023 beginnen, enthält § 271 Abs. 2 HGB eine Definition, die "im Lichte des besonderen Interesses der Abschlussadressaten an einer Offenlegung der Verbundbeziehung klarer und weiter"[2] gefasst sein soll, als die in § 271 Abs. 2 HGB a. F. enthaltene.

 

Rz. 47

Mit der neuen Verbunddefinition gelten Unt für Gj, die nach dem 31.12.2023 beginnen, als verbunden i. S. v. § 271 Abs. 2 HGB, wenn sie im Verhältnis zueinander MU und TU gem. § 290 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 bis 4 HGB sind. Die Kriterien Rechtsform und Sitz gehören dann gem. § 271 Abs. 2 1. Hs. HGB nicht mehr zu den Inhalt stiftenden Kriterien.[3] Auch das aus Sicht der Literatur problembehaftete Kriterium der (möglichen) Vollkonsolidierung entfällt mit der Neufassung.[4] Darüber hinaus stellt § 271 Abs. 2 2. Hs. HGB klar, dass auch alle mit demselben MU verbundenen TU untereinander verbundene Unt sind.

 

Rz. 48

Die neue Verbunddefinition bestätigt die bisherige Rechtslage in folgenden Punkten:

  • Der sachliche Anwendungsbereich der Norm bleibt in Folge der Formulierung "im Sinne dieses Buches" unverändert;[5]
  • MU und TU müssen notwendigerweise die Unternehmenseigenschaft aufweisen;[6]
  • Verbundenheit i. S. d. Handelsrechtes ist nicht allein auf bilaterale Unternehmensverbindungen zwischen einem MU und einem TU beschränkt, sondern adressiert alle multilateralen Beziehungen zwischen MU und TU;[7]
  • die Nicht-Einbeziehung eines TU in den Konzernabschluss aufgrund der Erfüllung eines in § 296 HGB geregelten Befreiungstatbestandes hat keinen Einfluss auf die Qualifikation als verbundenes Unt;[8]
  • Gemeinschaftsunternehmen (§ 310 HGB), assoziierte Unt (§ 311 HGB) und Beteiligungsunternehmen (§ 271 Abs. 1 HGB) gelten auch weiterhin als nicht verbundene Unt, Gleiches gilt für Gleichordnungs- bzw. Koordinationskonzerne.[9]
 

Rz. 49

Trotz der zu begrüßenden Neuformulierung, verbleiben für den Gesetzgeber auch nach dem 31.12.2023 noch Spielräume für Verbesserungen. So sind sich etwa Oser und Küting uneins darüber, ob aus der Neuformulierung in Verbindung mit der Gesetzesbegründung eine Gleichstellung des publizitätsgesetzlichen und handelsrechtlichen Konzernabschlusses abgeleitet werden kann.[10] Auch die nicht explizite Positionierung des Gesetzgebers zu MU, die ihren Konzernabschluss nach den in der EU gültigen IFRS aufstellen, bietet Anlass zur Kritik. Hier wäre es für die Zukunft zu begrüßen, wenn eine weitere Klarstellung erfolgen würde.[11]

[1] Vgl. Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/2101 im Hinblick auf die Offenlegung von Ertragsteuerinformationen v. 19.6.2023, BGBl. 2023 I Nr. 154.
[2] Vgl. Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/2101 im Hinblick auf die Offenlegung von Ertragsteuerinformationen v. 19.6.2023, BGBl. 2023 I Nr. 154. Zum Anwendungsbeginn siehe Art. 90 Abs. 1 EGHGB.
[3] Vgl. dazu kritisch Küting, BB 2023, S. 301.
[4] Vgl. Oser, StuB 2023, S. 64; Küting, BB 2023, S. 301.
[5] Vgl. Oser, StuB 2023, S. 66; Küting, BB 2023, S. 301.
[6] Vgl. Dusemond/Küting/Wirth, Der Konzernabschluss, 14. Aufl. 2018, S. 54.
[7] Vgl. Oser, StuB 2023, S. 66.
[8] Vgl. Küting, BB 2023, S. 301.
[9] Vgl. Küting, BB 2023, S. 301.
[10] Vgl. dagegen Oser, StuB 2023, S. 66; dafür Küting, BB 2023, S. 302.
[11] Vgl. Oser, StuB 2023, S. 66; Küting, BB 2023, S. 302.

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