Rz. 16

Die Entwicklung von Empfehlungen zur Anwendung der Grundsätze über die Konzernrechnungslegung entspricht der eigentlichen Standardisierungsfunktion des privaten Rechnungslegungsgremiums. Durch sie erhält das DRSC die Berechtigung, national und international als Standardsetzer aufzutreten.[1]

 

Rz. 17

Die Beschränkung der Standardisierungsfunktion auf das Feld der Konzernrechnungslegung war von Anbeginn beabsichtigt. Der Rechtsausschuss führt in seiner Beschlussempfehlung aus, dass "die Entwicklung der Empfehlungen in engem Zusammenhang mit der internationalen Standardisierungsarbeit des IASB [stehe]. Dessen Standards werden jedoch auf absehbare Zeit in Deutschland nur für Konzernabschlüsse, insbesondere börsennotierter Unternehmen, von Bedeutung sein."[2] Daneben werden an den Konzernabschluss – anders als an den Jahresabschluss – keinerlei Rechtsfolgen geknüpft; er hat insoweit eine reine Informations- und eben keine Zahlungsbemessungsfunktion: "Diese Beschränkung wurde bewusst getroffen, da es im Hinblick auf die Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die steuerliche Gewinnermittlung (§ 5 Abs. 1 EStG) problematisch gewesen wäre, einem privaten Gremium Gestaltungs- und Mitwirkungsmöglichkeiten hinsichtlich des Einzelabschlusses einzuräumen. Diese Beschränkung ist auch von allen Beteiligten als sachgerecht angesehen worden."[3]

 

Rz. 18

Die Standardsetzungsfunktion erscheint 20 Jahre nach Aufnahme in das HGB in einem etwas anderen Licht. Spätestens mit der Verabschiedung des BilMoG[4] steht nicht mehr die Heranführung des deutschen Konzernbilanzrechts an die internationalen Standards im Vordergrund, sondern die Auslegung und Konkretisierung des verbindlich vorgeschriebenen Rechtsrahmens. Dies mag sich für den flüchtigen Leser bereits aus der vorsichtigen Formulierung "Empfehlungen zur Anwendung der Grundsätze über die Konzernrechnungslegung" ergeben; es sei aber darauf hingewiesen, dass diese Wortwahl seit Inkrafttreten des KonTraG 1998 sprachlich im HGB nicht angepasst wurde, ergo muss sie anfangs inhaltlich anders belegt und verstanden worden sein. Seinerzeit ging es dem Normengeber auch um Empfehlungen zu zukünftigem Recht, also um eine Fortentwicklung der Grundsätze über die Konzernrechnungslegung (GoK) und deren Anwendung und nicht nur um den bloßen Rückgriff auf bereits entwickelte GoK, zu deren Anwendung nach bereits geltendem Recht Empfehlungen ausgesprochen werden sollten.[5] Natürlich musste und muss sich die konkrete Standardsetzung im gegebenen Rechtsrahmen bewegen und kann sich nicht über sie hinweg­setzen.[6]"Dies schließt es selbstverständlich nicht aus, die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung sinnvoll weiterzuentwickeln und gegebenenfalls auch an international gültige Bilanzierungsgrundsätze anzunähern. Gesetzliche Lücken und Interpretationsspielräume können hier sinnvoll geschlossen und genutzt werden."[7]

 

Rz. 19

Die in Rz 17 angesprochene Beschränkung der Standardisierung auf GoK führt zu der Frage, worin genau diese bestehen und wie sie sich gegen allgemeine GoB abgrenzen.[8] Wie in der Literatur zutreffend ausgeführt, umfassen die GoK nicht nur die Regelungen zur Konsolidierung, also der Einbeziehung von Unt in den Konzernabschluss des MU nach den §§ 300 ff. HGB, sondern dem Grunde nach alle Bilanzierungs- und Bewertungsgrundsätze, die gem. § 297 Abs. 2 HGB für den Konzernabschluss einschlägig sind.[9] Da der Gesetzgeber aber allgemein von den (für den Einzelabschluss entwickelten) "Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung" (und nicht von Konzernbuchführung oder -rechnungslegung) spricht, stellt sich die Frage, ob doch dieselben Grundsätze gemeint sind, wie sie für den Jahresabschluss bestehen – nur, dass sie auf das Objekt "Konzernabschluss" angewendet und um konzernspezifische Sachverhalte wie die Konsolidierung erweitert werden.[10] Sachlogisch wäre auch kaum zu begründen, warum sich die Bilanzierungsgrundsätze für die Abbildung von Sachanlagen oder Rückstellungen in Jahres- und Konzernabschluss unterscheiden sollten; schließlich geht es um dasselbe abzubildende Datum. Unterschiedliche Abbildungsnormen könnten dann gerechtfertigt sein, wenn sich die Zielsetzung der Rechnungslegung in Jahres- und Konzernabschluss derart hinreichend unterscheidet, dass eigenständige Konzernrechnungslegungsgrundsätze sachgerecht wären. Eine derartige Trennung ergibt sich nicht aus dem Gesetzeswortlaut.[11] Durch die mangelnde Abgrenzung zwischen allgemeinen GoB und speziellen GoK dürfte gegen eine Anwendung der Empfehlungen, die der Standardsetzer für die Konzernrechnungslegung entwickelt, auf den Jahresabschluss so lange nichts einzuwenden sein, wie dem nicht zwingende sachliche Gründe entgegenstehen.[12]

 

Rz. 20

Die Verlautbarungen des Standardsetzers werden im Gesetz als "Empfehlungen" bezeichnet, womit ihr rechtlicher Status eindeutig als unverbindliche Leitlinien festgelegt wird.[13] Mit dieser Festlegung bleibt der deutsche Gesetzgeber erkennbar hinter vergleichbaren Handhabungen in anderen – und nicht...

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