1 Inhalt

 

Rz. 1

§ 286 HGB beinhaltet ergänzende Vorschriften, nach denen die Berichterstattung im Anhang in Ausnahmefällen eingeschränkt wird. Dabei wird unterschieden nach Fällen, in denen die an sich gesetzlich notwendigen Angaben unterbleiben müssen (Abs. 1) und in denen die Angaben unterbleiben können (Abs. 2–5). Mit der Umsetzung des Gesetzes zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie (ARUG II)[1] erfolgte die ersatzlose Streichung des Abs. 5 mit Wirkung für Gj ab 2021. Der Vergütungsbericht ist als neuer § 162 AktG aus dem (Konzern-)Anhang und (Konzern-)Lagebericht ausgelagert worden. Ab 2021 haben Vorstand und Aufsichtsrat gemeinsam den Vergütungsbericht zu erstellen und diesen gesondert offenzulegen. Eine Befreiungsmöglichkeit von individuellen Vergütungsangaben analog zu § 286 Abs. 5 HGB a. F. ist dann nicht mehr vorgesehen.

 

Rz. 2

Die Regelung gilt sowohl nach der Gesetzessystematik als auch durch den unmittelbaren Bezug in § 286 Abs. 24 HGB nur für den Anhang.

Die Ausnahmeregelungen des § 286 HGB können von allen KapG, eG, Kreditinstituten, VersicherungsUnt, dem PublG unterliegenden Ges. sowie KapCoGes in Anspruch genommen werden.[2] Lediglich Abs. 5 enthielt eine mit dem ARUG II ab dem Gj 2021 gestrichene Spezialregelung für börsennotierte Ges.

 

Rz. 3

Die Anwendung der Ausnahmeregelungen nach § 286 HGB ist an strenge Anforderungen geknüpft. Bei der Anwendung müssen die Vorschriften eng ausgelegt sowie der Grundsatz der Ausweisstetigkeit (§ 266 Rz 8) beachtet werden, soweit Ermessensspielräume bestehen. Ferner dürfen keine falschen Angaben im Anhang ausgewiesen werden. Erscheinen die übrigen Angaben über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage als nicht zutreffend, werden zusätzliche Angaben erforderlich. Ferner muss u. U. eine Abwägung zwischen den Datenschutzinteressen der Betroffenen und den Informationsinteressen der Abschlussadressaten erfolgen.[3]

[1] Gesetz v. 12.12.2019, BGBl 2019 I S. 2637 ff.
[2] Vgl. Wulf, in Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, § 286 HGB Rz 2, Stand: 1/2023.
[3] Vgl. Poelzig, in MünchKomm. HGB, 4. Aufl. 2020, § 286 HGB Rn 14; Wulf, in Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, § 286 HGB Rz 3, Stand: 1/2023.

2 Schutzklausel (Abs. 1)

 

Rz. 4

Die allgemeine Schutzklausel nach § 286 Abs. 1 HGB stellt originäres deutsches Recht dar, nach der die Berichterstattung im Anhang zu unterbleiben hat, wenn dies im öffentlichen Interesse der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder ist. Da nur das Wohl der BRD oder eines ihrer Länder im Wortlaut des Gesetzes genannt wird, reichen kommunale Interessen oder Interessen anderer öffentlicher Anstalten bzw. Gebietskörperschaften nicht als Begründung zur Wahrnehmung der Schutzklausel aus.[1]

 

Rz. 5

Die Schutzklausel regelt den Zielkonflikt zwischen einer getreuen Rechnungslegung und dem öffentlichen Interesse an Geheimhaltung bestimmter Angaben. Die Berichterstattung im Anhang muss unterbleiben, wenn die Ges. einer eindeutigen Verschwiegenheitspflicht unterliegt. Dies lässt sich aus gesetzlichen Normen (z. B. §§ 93ff. StGB) oder aus vertraglichen Verpflichtungen ggü. der BRD oder den Ländern ableiten.[2]

 

Rz. 6

Die allgemeine Schutzklausel gilt für alle einzelnen Angaben im Anhang, unabhängig davon, ob es sich um Pflicht-, Wahlpflicht- oder freiwillige Angaben handelt, gleich nach welcher Vorschrift sie zu machen sind. Die Erstellung des Anhangs insgesamt darf nicht unterbleiben.[3]

 

Rz. 7

Im Interesse der Abschlussadressaten ist eine enge Auslegung der Schutzklausel geboten. Die Anwendung ist nach pflichtgemäßer Prüfung und anhand objektiver Kriterien zu entscheiden. Die Inanspruchnahme der Schutzklausel darf nicht im Anhang berichtet werden und darf für Dritte nicht erkennbar sein. Dies folgt einerseits als Umkehrschluss aus § 286 Abs. 3 Satz 4 HGB und anderseits aus der Verpflichtung zur Geheimhaltung.[4]

[1] Vgl. Grottel, in Beck Bil-Komm., 13. Aufl. 2022, § 286 HGB Rz 11.
[2] Vgl. Poelzig, in MünchKomm. HGB, 4. Aufl. 20120, § 286 HGB Rn 14.
[3] Vgl. Wulf, in Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, § 286 HGB Rz 24, Stand: 1/2023.
[4] Vgl. Schülen, WPg 1987, S. 230.

3 Ausnahmeregelungen

3.1 Angaben zu Umsatzerlösen (Abs. 2)

 

Rz. 8

Die Angaben zu Umsatzerlösen nach § 285 Nr. 4 HGB, nach dem eine Umsatzaufgliederung nach geografischen Märkten und nach Tätigkeitsbereichen (§ 285 Rz 29 ff.) erfolgen soll, können unterbleiben, wenn diese nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung der Ges. einen wirtschaftlichen Nachteil zufügen kann. Die Befreiung von der Angabe soll die Ges. vor Nachteilen schützen, die durch die Weitergabe von Informationen an die Konkurrenz entstehen.[1]

 
Praxis-Beispiel

Ein Unt betreibt eine Einheit Spezialbau. Da der Marktanteil des Unt unter 2 % sowie der Umsatz aus dieser Einheit gering ist, befürchtet es einen wirtschaftlichen Schaden bei der Neukundenakquise, da die Kunden aufgrund der scheinbar untergeordneten Bedeutung der Einheit für das Unt von einer Aufgabe des Geschäftsfelds ausgehen könnten. Daher kann von einer Umsatzaufgliederung nach Tätigkeitsbereichen für diesen Bereich abgesehen werden.

 

Rz. 9

Für Gj, die nach dem...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge