Rz. 29

Auf Basis von dem im HGB umgesetzten Art. 18 Abs. 1 Buchst. a der RL 2013/34/EU sind von großen KapG die Nettoumsatzerlöse nach sachlichen Tätigkeitsbereichen und geografisch bestimmten Märkten aufzugliedern, soweit sie sich voneinander erheblich unterscheiden. Dabei ist die Umsatzdefinition nach § 277 Abs. 1 HGB zugrunde zu legen.

 

Rz. 30

Die vom steuerrechtlichen Begriff abweichende handelsrechtliche Definition der Umsatzerlöse (§ 275 Rz 44) umfasst alle Beträge, die sich aus dem Verkauf von Produkten und der Erbringung von Dienstleistungen nach Abzug von Erlösschmälerungen und der Umsatzsteuer sowie sonstigen direkt mit dem Umsatz verbundenen Steuern ergeben.

 

Rz. 31

Es gibt keine normative Vorgabe, nach der die Aufgliederung anhand absoluter Umsatzzahlen oder anhand prozentualer Angaben in Bezug auf den Gesamtumsatz zu erfolgen hat. Die Summe der Einzelangaben muss den in der GuV angegebenen Umsatzerlösen entsprechen. Auch beschriftete Diagramme vermögen einen guten Eindruck von der Aufgliederung nach Tätigkeitsbereichen respektive geografisch bestimmten Märkten vermitteln. Die Angabe der aufgegliederten Umsatzerlöse wird nicht ausreichen; vielmehr ist verbal zu erläutern, nach welchen sachlichen Tätigkeitsbereichen und geografisch bestimmten Märkten aufgegliedert wird.

 

Rz. 32

Die Tätigkeitsbereiche wie auch die nach geografischen Kategorien unterschiedenen Märkte müssen deutliche Unterschiede aufweisen, sonst fehlt es vor dem Hintergrund des Erkenntnisinteresses, signifikante Abweichungen und Unterschiede bei den Umsatzerlösen zwischen den Tätigkeitsbereichen und den geografisch bestimmten Märkten erkennen zu können, am Informationsgehalt, eine Aufgliederung vorzunehmen. Dies bedeutet, dass in Fällen, in denen keine sinnvolle Aufgliederung erfolgen kann, die Angabe unterbleiben muss.[1]

Erfolgt eine Aufgliederung, so ist es geboten, diese über mehrere Jahresabschlüsse hinweg dem Stetigkeitsgrundsatz folgend beizubehalten, solange nicht nachvollziehbare Gründe, die anzugeben sind, für eine Abweichung der gewählten Gliederung vorliegen.

 

Rz. 33

Abgrenzungskriterien für die sachlichen Tätigkeitsbereiche können sich bspw. aus der Art der Dienstleistung oder des Produkts ergeben. Bei großen Unt können sich erhebliche Unterschiede, die als Abgrenzungskriterium herangezogen werden, aus der Differenzierung in die bestehenden Unternehmensbereiche ergeben (Medizin-, Verkehrs-, Lager- und Rüstungstechnik im einen oder Chemie, Pharmazeutik und Kosmetik im anderen Unt),[2] aber auch aus deutlich unterscheidbaren Absatzkanälen (private oder öffentliche Auftraggeber) oder aus anderen Kriterien, die eine klare Unterscheidung erkennen lassen.

 

Rz. 34

Das Merkmal geografisch bestimmte Märkte ist weit zu fassen.

 
Praxis-Beispiel

Abgrenzung geografischer Märkte

Zunächst können geografisch bestimmte Märkte Kontinente wie Europa, Asien oder Afrika sein, aber auch Wirtschaftsunionen wie EU (Europäische Union), EMEA (Europe, Middle East and Africa), NAFTA (North American Free Trade Area mit Kanada, USA und Mexiko), MERCOSUR (Mercado Común del Sur) oder CARICOM (Caribbean Community and Common Market). Auch innerhalb Deutschlands lassen sich "geografisch bestimmte Gebiete" definieren, z. B. die Bundesländer, Nord- und Süddeutschland, Großstädte und ländlicher Raum, rechts- und linksrheinisch oder die Gebietsvertretungen, die je nach Marktpräsenz unterschiedlich groß und keineswegs nach geografischen Kriterien zugeschnitten wurden. So kann bspw. ein Dachprodukte herstellendes Unt ein räumlich kleines Gebiet, in dem eine bestimmte Dachpfanne landschaftstypisch stark verbreitet ist, einem anderen wesentlich größeren Gebiet gegenüberstellen, in dem baustilbedingt traditionell nur eine geringe Nachfrage besteht.

Es muss erkennbar sein, dass sich hier die Märkte wesentlich voneinander unterscheiden und dementsprechend die Vertriebsorganisation darauf eingestellt ist.

 

Rz. 35

Kleine und mittelgroße KapG und ihnen gleichgestellte PersG sind zur Aufgliederung der Umsatzerlöse nicht verpflichtet (§ 288 Abs. 1 und 2 Satz 1 HGB). Nach § 286 Abs. 2 HGB besteht eine Schutzklausel (§ 286 Rz 8). Demnach kann auf die Aufgliederung der Umsatzerlöse verzichtet werden, wenn sie geeignet ist, dem bilanzierenden Unt einen erheblichen Nachteil zuzufügen. VersicherungsUnt müssen anstelle der Pflichtangaben nach Nr. 4 die durch Rechtsverordnung erlassenen Formblätter beachten und andere Vorschriften anwenden (§ 341a Abs. 2 Satz 2 HGB).

[1] Vgl. Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, 14. Aufl. 2022, § 285 HGB Rz 30.
[2] Weitere Beispiele bei Poelzig, in MünchKomm. HGB, 4. Aufl. 202, § 285 HGB Rn 97 f.

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