Rz. 58

Anschaffungsnebenkosten sind dem erworbenen VG einzeln zurechenbare Aufwendungen, die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Erwerb und der erstmaligen Versetzung des VG in einen betriebsbereiten Zustand stehen.[1] Zweck der Einbeziehung der Anschaffungsnebenkosten in die AK ist eine periodenrichtige Verteilung des Aufwands.[2] Anschaffungsnebenkosten können unternehmensextern oder unternehmensintern anfallen.

 

Rz. 59

Zu den unternehmensexternen Anschaffungsnebenkosten gehören die Nebenkosten des Erwerbs wie z. B. Provisionen, Courtagen, Kommissionskosten, Vermittlungs- und Maklergebühren, Anlieger- und Erschließungsbeiträge, Gutachtergebühren, Notariats-, Gerichts- und Registerkosten. Darüber hinaus zählen die mit dem Erwerb des VG zusammenhängenden Zölle und nicht erstattungsfähigen Steuern wie z. B. Einfuhrzölle, die Grunderwerbsteuer und die Umsatzsteuer, sofern kein Vorsteuererstattungsanspruch besteht, zu den unternehmensexternen Anschaffungsnebenkosten. Zudem werden den unternehmensexternen Anschaffungsnebenkosten die Kosten der Anlieferung wie z. B. Speditionskosten, Transportversicherungen, Eingangsfrachten, Rollgelder, Wiegegelder, Anfuhr- und Abladekosten ebenso hinzugerechnet wie die Nebenkosten der Inbetriebnahme wie z. B. Montage- und Fundamentierungskosten, Anschlusskosten, Umbaukosten, Kosten der Abnahme von Gebäuden und Anlagen, Sicherheitsüberprüfungen und Probeläufe.

 

Rz. 60

Unternehmensinterne Anschaffungsnebenkosten dürfen nur dann als Anschaffungsnebenkosten aktiviert werden, wenn sie dem angeschafften VG als Einzelkosten direkt zurechenbar sind. Bspw. sind einzelne mit der Anschaffung verbundene Aktivitäten wie Montage- und Fundamentierungsarbeiten, die durch eigene Arbeitskräfte des Unt ausgeführt werden und die mithilfe von innerbetrieblichen Aufträgen oder Einzelaufschreibungen dem VG direkt zugeordnet werden können, als unternehmensinterne Anschaffungsnebenkosten zu aktivieren.[3]

 

Rz. 61

Nicht zu den Anschaffungsnebenkosten zählen die Kosten der Entscheidungsfindung und der genauen Bestimmung des zu erwerbenden VG;[4] dies sind z. B. Besichtigungskosten.[5]

 

Rz. 62

Grds. sind die Anschaffungsnebenkosten bei jedem Beschaffungsvorgang individuell dem erworbenen VG zuzurechnen. Eine Pauschalierung zur Vereinfachung der Erfassung der Anschaffungsnebenkosten ist jedoch zulässig, sofern es sich um sog. unechte Gemeinkosten handelt und das Ergebnis durch die Schlüsselungsverrechnung allenfalls unwesentlich von der exakten Ermittlung abweicht.[6] Dies ist z. B. bei solchen Nebenkosten der Fall, die im Verhältnis zum Warenwert gleichbleibend oder geringfügig sind und deren Einzelzurechnung mit einem wesentlichen Arbeitsaufwand verbunden wäre.

 

Rz. 63

Fremdkapitalzinsen sind grds. kein Bestandteil der Anschaffungsnebenkosten. Die AK-Definition enthält keine der HK-Ermittlung vergleichbare Regelung. In Sonderfällen wird die Einbeziehung von Fremdkapitalzinsen in die Anschaffungsnebenkosten unter wirtschaftlicher Betrachtung für zulässig erachtet, als diese für Kredite entrichtet werden, die der Finanzierung von Anzahlungen oder Vorauszahlungen für Neuanlagen mit längerer Bauzeit (z. B. im Schiffsbau) dienen.[7] In diesen Fällen werden die Kosten für das andernfalls zu verzinsende Kapital des Lieferanten gemindert, was insoweit aus Sicht des Erwerbers zu einer Reduzierung des Anschaffungspreises führen dürfte.[8] Die Zinskosten fallen daher beim Abnehmer statt beim Lieferanten an. Der Abnehmer hat im Gegenzug den niedrigeren Anschaffungspreis zu entrichten. Die Aktivierung von Eigenkapitalzinsen ist dagegen eindeutig unzulässig.[9]

 
Praxis-Beispiel

Unt S hat Anfang 01 mit dem Bauunternehmer B einen Werkvertrag über die schlüsselfertige Errichtung einer Fahrzeughalle abgeschlossen. Die Fertigstellung des Bauvorhabens ist für das Frühjahr 02 geplant. In den Vertragsverhandlungen standen die folgenden Preis- und Zahlungsbedingungen zur Diskussion:

Alternative 1: Festpreis 4,2 Mio. EUR, Zahlung der Gegenleistung bei Abnahme der Fahrzeughalle.

Alternative 2: Gewährung eines Darlehens an B durch S in 4 Raten zu je 1 Mio. EUR, fällig am Ende eines jeden Quartals. Das Darlehen ist mit 5 % p. a. zu verzinsen. Bei Abnahme der Fahrzeughalle sind die Darlehensforderung von A und der Werklohnanspruch von B zu verrechnen. Die Darlehensgewährung finanziert S durch eine Kreditaufnahme.

Beurteilung

Alternative 1: Denkbar ist, den Sachverhalt dahingehend zu interpretieren, dass B mit der Bauleistung und der Kreditgewährung zwei Leistungen erbringt: Durch die fortgesetzten Bauleistungen tritt B in dem schwebenden Geschäft in Vorleistung. Da der Werklohnanspruch von B erst bei Abnahme erfüllt wird, gewährt er S einen im Zeitablauf ansteigenden Kredit. Im Ergebnis ermittelten sich AK der Fahrzeughalle dann i. H. d. Barwerts der von S bei Abnahme zu zahlenden 4,2 Mio. EUR. Der Unterschiedsbetrag wäre über die Fertigungsdauer nach Maßgabe der Kreditgewährung durch B als Zinsaufwand zu erfassen. Gegen diese Sichtweise ...

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