Rz. 29

Bei der Anschaffung eines VG durch einen Tausch, bei dem die Aufwendungen für die Anschaffung nicht in Form von Zahlungsmitteln, sondern durch die Hingabe eines anderen bewertbaren VG anfallen, besteht handelsbilanziell ein Wahlrecht zwischen der Buchwertfortführung, der Gewinnrealisierung und der erfolgsneutralen Behandlung:[1]

 

Rz. 30

  • Bei der Buchwertfortführung (erste Variante) wird der angeschaffte VG mit den fortgeführten AHK des hingegebenen VG angesetzt, höchstens jedoch zum niedrigeren Zeitwert des angeschafften VG.
 

Rz. 31

  • Soll beim Tausch eine Gewinnrealisierung (zweite Variante) stattfinden, ist der angeschaffte VG mit dem (höheren) Zeitwert des hingegebenen VG zu bewerten. Diese Variante ist jedoch handelsrechtlich nur zulässig, sofern der Tausch betriebswirtschaftlich notwendig war und nicht lediglich aus jahresabschlusspolitischen Überlegungen heraus getätigt wurde.[2] Steuerrechtlich ist die Gewinnrealisierung beim Tausch verpflichtend vorzunehmen (§ 6 Abs. 6 Satz 1 EStG). Das eingetauschte Wirtschaftsgut ist danach mit dem (höheren) gemeinen Wert (gem. § 9 Abs. 2 BewG) des hingegebenen Wirtschaftsguts zu bewerten, woraus i. d. R. eine Ertragsteuerbelastung resultiert.[3]
 

Rz. 32

  • Aus diesem Grund wird handelsrechtlich auch eine (komplett) erfolgsneutrale Behandlung des Tauschs (dritte Variante) für zulässig gehalten, die als modifizierte Buchwertfortführung angesehen werden kann.[4] Der Buchwert wird bei dieser Variante um eine evtl. ertragsteuerliche Belastung erhöht, um damit die mit dem Tausch verbundene Belastung zu neutralisieren.[5]
 
Praxis-Beispiel

Die Bau-GmbH tauscht einen nicht mehr benötigten Bagger (Restbuchwert 25 TEUR, Zeitwert 28 TEUR) gegen eine dringend benötigte Walze ein. Die erhaltene Walze hat einen Zeitwert von 26 TEUR.

Beurteilung

  • Buchwertfortführung: Der Bagger wird mit 25 TEUR ausgebucht und die Walze wird mit dem Restbuchwert des Baggers, d. h. mit 25 TEUR, in die Bilanz aufgenommen.
  • Gewinnrealisation: Der Bagger wird mit 25 TEUR ausgebucht und die Walze mit 28 TEUR eingebucht. Es resultiert hieraus ein Gewinn i. H. v. 3 TEUR. Dies entspricht der ertragsteuerlichen Behandlung, aus der sich bei einem angenommenen Steuersatz von 30 % eine Steuerbelastung von 900 EUR ergibt.
  • Modifizierte Buchwertfortführung: Der Bagger wird mit 25 TEUR ausgebucht und die Walze mit dem Restbuchwert des Baggers zzgl. der entstandenen Steuerlast eingebucht, d. h. mit 25 TEUR + 900 EUR = 25.900 EUR. Der dadurch entstehende buchmäßige Ertrag gleicht den entstandenen Steueraufwand gerade aus, wodurch eine vollständig erfolgsneutrale Abbildung des Tauschs im handelsrechtlichen Jahresabschluss zustande kommt.
[1] Vgl. auch Kahle u. a., in Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, § 255 HGB Rz 72, Stand: 1/2016; ADS, 6. Aufl. 1995–2001, § 255 HGB Rz 89; Schubert/Hutzler, in Beck Bil-Komm., 13. Aufl. 2022, § 255 HGB Rz 32; Knop u. a., in Küting/Weber, HdR-E, § 255 HGB Rn 110, Stand: 11/2016; a. A. sind Wohlgemuth/Radde, in Böcking u. a., Beck HdR, B 162 Rz 52 ff., Stand: 12/2018; diese verlangen die Bewertung des erhaltenen VG mit dem aus Sicht des Unt vorsichtig zu schätzenden Zeitwert des hingegebenen VG, zzgl. Anschaffungsnebenkosten und abzgl. Anschaffungskostenminderungen.
[2] Vgl. ADS, 6. Aufl. 1995–2001, § 255 HGB Rz 91.
[3] Vgl. auch Kußmaul, Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, 8. Aufl. 2020, S. 60.
[4] Vgl. Knop u. a., in Küting/Weber, HdR-E, § 255 HGB Rn 113, Stand: 11/2016.
[5] Vgl. Kahle u. a., in Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, § 255 HGB Rz 72, Stand: 1/2016.

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