Rz. 19

§ 315e Abs. 2 HGB trägt dem Informationsbedürfnis potenzieller Anleger Rechnung, das mit der bevorstehenden Börseneinführung zum Tragen kommt, und bestimmt, dass internationale Standards und die in Abs. 1 genannten ergänzenden Vorschriften auch im Fall eines Antrags auf Zulassung eines Wertpapiers zum Handel an einem geregelten Markt anzuwenden sind. Damit wird das Qualifikationsmerkmal "Kapitalmarktorientierung" in zeitlicher Hinsicht ausgedehnt.[1] Dies führt dazu, dass der Anwendungsbereich weiter ist, als dies durch Art. 4 u. 5 der IFRS-VO vorgesehen ist.[2]

Für den Antrag auf Zulassung wird in gleicher Weise wie bei Abs. 1 nur auf den Antrag des MU abgestellt.[3] Der Antrag muss nach Abs. 2 bis zum jeweiligen Bilanzstichtag, für den eine Pflicht zur Konzernrechnungslegung in Betracht kommt, gestellt worden sein.

Soweit die Voraussetzungen des Abs. 2 erfüllt sind, besteht eine Pflicht zur Aufstellung eines Konzernabschluss nach internationalen Standards im Umfang von Abs. 1 (Rz 16 ff.).

Sofern bereits eine entsprechende Zulassung besteht, ist Abs. 1 und damit eine Pflicht zur internationalen Konzernrechnungslegung ohnehin zu beachten.

 

Rz. 20

Als Anwendungsbeispiele des § 315e Abs. 2 HGB kommen in Betracht:

 
Praxis-Beispiel

Beispiel 1: Ein MU, das selbst einen Antrag auf Zulassung zum Handel seiner Wertpapiere (Schuldtitel oder Aktien) auf einem geregelten Markt (nicht Freiverkehr) gestellt hat und das aufgrund des Überschreitens der Größenklassen in § 293 Abs. 1 und 2 HGB eine Pflicht zur Konzernrechnungslegung nach §§ 290293 HGB hat.

Beispiel 2: Ein MU, das selbst einen Antrag auf Zulassung zum Handel seiner Wertpapiere (Schuldtitel oder Aktien) auf einem geregelten Markt (nicht Freiverkehr) gestellt hat und das daher trotz infrage kommender größenabhängiger Befreiungen (§ 293 HGB) eine Pflicht zur Konzernrechnungslegung nach §§ 290293 HGB hat (§ 293 Abs. 5 HGB).

Beispiel 3: Ein TU eines übergeordneten MU, das selbst MU ist (Teilkonzern) und das eine Zulassung seiner Wertpapiere (Schuldtitel oder Aktien) zum Handel auf einem geregelten Markt (nicht Freiverkehr) beantragt hat (ungeachtet der Größenklassen), soweit kein befreiender Konzernabschluss nach §§ 291, 292 HGB aufgestellt wird.[4]

[1] Vgl. BT-Drs. 15/3419 v. 24.6.2004 S. 35.
[2] Vgl. auch Grottel/Kreher, in Beck Bil-Komm., 13. Aufl. 2022, § 315e HGB Rz 15.
[3] Soweit ein TU, das gleichzeitig ein MU ist, einen Zulassungsantrag gestellt hat, besteht evtl. für dieses Unt eine Pflicht zur Konzernrechnungslegung nach Abs. 2. Siehe die Übersicht über die geregelten Märkte in ABl. EU 2011/C 209/13 v. 15.7.2011.
[4] Siehe die Übersicht über die geregelten Märkte in ABl. EU 2011/C 209/13 v. 15.7.2011.

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