2.1 Sachverhalt

Grafiker G, der seine Umsätze nach vereinnahmten Entgelten besteuert, hat den Auftrag übernommen, für einen Verlag ein Kinderbuch zu illustrieren. Gemäß den vertraglichen Vereinbarungen geht das Urheberrecht an den Illustrationen auf den Verlag über. Für die Arbeiten des G war eine Vergütung i. H. v. netto 10.000 EUR vereinbart worden. Im Juni 2020 berechnet G dem Verlag 10.000 EUR zuzüglich 19 % Umsatzsteuer, hier 1.900 EUR, nachdem er die Arbeiten an dem Werk abgeschlossen hat. Die Umsatzsteuer weist G in seiner Rechnung auf den Nettobetrag gesondert aus. Im Juli 2020 wird dem G der Bruttobetrag i. H. v. 11.900 EUR überwiesen.

Im Juni 2020 verkauft G darüber hinaus auch seinen Pkw, den er seinerzeit nicht seinem Unternehmensvermögen zugeordnet hatte. Da der Käufer eine Rechnung mit gesondertem Steuerausweis verlangt, weist G in seiner Abrechnung neben dem Nettopreis von 5.000 EUR auch 950 EUR Umsatzsteuer gesondert aus.

2.2 Fragestellungen

Welche Rechtsfolgen ergeben sich aus diesen beiden Rechnungen für G?

Welche Möglichkeiten zur Berichtigung der Rechnungen hat G?

Welche Rechtsfolgen würden sich für G ergeben, wenn seine Abrechnung für den Verkauf des Pkw nur den Bruttobetrag von 5.950 EUR und den Hinweis "inklusive 950 EUR Umsatzsteuer" ausweisen würde?

2.3 Lösung

Die Rechtsfolgen des falschen Steuerausweises

Mit der Illustration des Kinderbuchs hat G eine sonstige Leistung nach § 3 Abs. 9 Satz 1 UStG ausgeführt. Die Leistung ist steuerbar nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, da diese Leistung im Inland ausgeführt wurde.[1] Die Leistung unterliegt keiner Steuerbefreiung nach § 4 UStG. Allerdings ist auf diese Leistung der ermäßigte Steuersatz anzuwenden.[2] Damit würde sich bei einem vereinbarten Nettoentgelt i. H. v. 10.000 EUR eine Umsatzsteuer i. H. v. 700 EUR ergeben.

 
Wichtig

Leistungserbringung für Steuersatz maßgeblich

G besteuert seine Umsätze nach den Sachverhaltsangaben nach vereinnahmten Entgelten[3], sodass die Umsatzsteuer erst dann entsteht, wenn die Zahlung erfolgt ist (Juli 2020). Im Juli 2020 gilt nach § 28 Abs. 2 UStG der temporär abgesenkte Steuersatz von 5 %. Da die Leistung des G aber schon im Juni 2020 ausgeführt worden war, kommt der Steuersatz von 7 % zum Zeitpunkt der Ausführung der Leistung (Juni 2020) zur Anwendung.

Da G aber für seine Leistung tatsächlich 11.900 EUR erhalten hat, ergibt sich für ihn eine Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 1 UStG i. H. v. (11.900 EUR abzüglich darin enthaltene 7 % Umsatzsteuer) 11.121,50 EUR. Damit schuldet G aufgrund seiner erbrachten Leistung und des erhaltenen Bruttoentgelts von 11.900 EUR eine Umsatzsteuer i. H. v. 778,50 EUR. Diese Umsatzsteuer entsteht (soweit monatliche Voranmeldungen abgegeben werden) aufgrund der Istbesteuerung mit Ablauf des Monats Juli 2020.[4]

Da G aber in seiner Rechnung insgesamt 1.900 EUR Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen hatte, schuldet er nach § 14c Abs. 1 UStG auch den Differenzbetrag i. H. v. 1.121,50 EUR; diese Umsatzsteuer ist grundsätzlich mit Ausgabe der Rechnung entstanden.[5] Damit würde die unrichtig ausgewiesene Steuer schon im Juni 2020 mit der Ausgabe der Rechnung entstehen, obwohl die Umsatzsteuer für die Leistung aufgrund der Istbesteuerung erst im Juli 2020 entsteht. Da der leistende Unternehmer in aller Regel nicht erkennt, dass die von ihm ausgewiesene Umsatzsteuer unrichtig ist (dann würde er sie nicht unrichtig ausweisen), beanstandet es die Finanzverwaltung[6] aus Vereinfachungsgründen nicht, wenn der Unternehmer den Mehrbetrag für den Voranmeldungszeitraum anmeldet, in dem die Steuer für seine Leistung entstanden ist (hier also Juli 2020).

Der Verlag als Leistungsempfänger hat in jedem Fall nur einen Vorsteuerabzug i. H. v. 778,50 EUR.[7]

Der Verkauf des Pkw erfolgte nicht im Rahmen des Unternehmens von G. Damit hat G keinen steuerbaren Umsatz nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG erbracht. Allerdings hat er in einem Abrechnungspapier für einen nicht im Rahmen seines Unternehmens ausgeführten Verkauf Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen. Damit schuldet G aus diesem Abrechnungspapier die dort ausgewiesene Umsatzsteuer i. H. v. 950 EUR.[8] Die Umsatzsteuer entsteht nach § 13 Abs. 1 Nr. 3 UStG mit Ausgabe der Rechnung im Voranmeldungszeitraum Juni 2020.

Die Möglichkeit der Rechnungsberichtigung

G hat allerdings die Möglichkeit, beide Rechnungen zu berichtigen. Die Berichtigung der Rechnung bedeutet noch nicht automatisch auch eine Berichtigung des geschuldeten Steuerbetrags. Obwohl der BFH entschieden hatte, dass ein systematischer Unterschied zwischen einer unrichtig und einer unberechtigt ausgewiesenen Umsatzsteuer nicht mehr besteht[9], ist wegen unterschiedlicher Berichtigungsmöglichkeiten der unrichtige von dem unberechtigten Steuerausweis zu unterscheiden.

Berichtigt G die Rechnung gegenüber dem Verlag, ist auch die unrichtig ausgewiesene Umsatzsteuer korrigiert. Das Original der Rechnung muss G dazu nicht zurückerhalten, er muss aber die berichtigte Rechnung dem Rechnungsempfänger tatsächlich zugestellt haben.

 
Wichtig

Abrechnungsempfänger muss identifi...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge