BMF, Schreiben v. 15.3.1993, IV A 2 - S 7114a - 6/93, BStBl I 1993, 291

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt zur Behandlung der innergemeinschaftlichen Reihengeschäfte ab 1. Januar 1993 bis auf weiteres folgendes:

 

I. Innergemeinschaftliche Reihengeschäfte

 

1. Deutsches Recht

(1) Bei Reihengeschäften im Sinne des § 3 Abs. 2 UStG werden durch die unmittelbare Verschaffung der Verfügungsmacht an den letzten Abnehmer in der Reihe mehrere Lieferungen ausgeführt. Die der Lieferung an den letzten Abnehmer zugrundeliegende Warenbewegung bestimmt den Ort und den Zeitpunkt für sämtliche Lieferungen in der Reihe. Für Reihengeschäfte, bei denen die Warenbewegung im Gebiet eines Mitgliedstaates beginnt und im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates endet (innergemeinschaftliche Reihengeschäfte), gelten ab Januar 1993 folgende Besonderheiten:

  1. a) Für die Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs gilt von den beteiligten Unternehmern derjenige als Erwerber, der das Umsatzgeschäft mit einem im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates oder im Drittlandsgebiet ansässigen Lieferer abgeschlossen hat § 1 a Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG).
  2. b) Die auf den innergemeinschaftlichen Erwerb folgenden Lieferungen gelten als im Gebiet des Mitgliedstaates ausgeführt, in dem der innergemeinschaftliche Erwerb den Vorschriften der Besteuerung unterliegt § 3 Abs. 8a UStG).

(2) Für die Beurteilung der innergemeinschaftlichen Reihengeschäfte gilt ein Unternehmer als in demjenigen Mitgliedstaat ansässig, der die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) erteilt hat, unter der er beim Umsatzgeschäft aufgetreten ist. Ein in einem Drittland ansässiger Unternehmer, der bei einem Reihengeschäft unter der USt-IdNr. eines Mitgliedstaates auftritt, wird so behandelt, als wäre er in diesem Mitgliedstaat ansässig. Begründet auf diese Weise ein ausländischer Unternehmer seine Ansässigkeit im Inland, hat er hier die Verpflichtungen zu erfüllen, die sich aus den §§ 14 a, 18, 18 a, 18 b und § 22 UStG ergeben.

(3) Die Beurteilung der wesentlichen Fallgruppen der innergemeinschaftlichen Reihengeschäfte ist den nachfolgenden Beispielen zu entnehmen. Aus Vereinfachungsgründen wird als Rechtsgrundlage jeweils die Vorschrift des deutschen UStG angegeben, auch wenn es sich um Steuertatbestände handelt, die nach ausländischem Recht zu beurteilen sind. Es wird davon ausgegangen, daß die Beteiligten Unternehmer sind, die subjektiv die Voraussetzungen des § 6 a UStG (auf der Lieferseite) und des § 1 a UStG (auf der Erwerbsseite) erfüllen. Innergemeinschaftlicher Erwerb und innergemeinschaftliche Lieferung stehen grundsätzlich einander spiegelbildlich gegenüber; die nachfolgenden Beispiele können insoweit jeweils aus der Sicht des Erwerbs und der Lieferung interpretiert werden.

Beispiel 1

Reihengeschäft zwischen Beteiligten aus zwei Mitgliedstaaten

Der Unternehmer A 1 im Mitgliedstaat 1 (MS 1) bestellt bei dem ebenfalls im MS 1 ansässigen Großhändler A 2 eine dort nicht vorrätige Ware. A 2 gibt die Bestellung an den Großhändler B 1 im MS 2 weiter. B 1 bestellt die Ware beim Hersteller B 2 im MS 2. B 2 befördert die Ware vom MS 2 mit eigenem Lkw unmittelbar in den MS 1 und übergibt sie dort A 1. Alle Beteiligten treten unter der UStR-IdNr. ihres Landes auf.

Beurteilung:

Bei diesem Reihengeschäft werden durch die Warenbewegung B 2 an A 1 drei Lieferungen (B 2 an B 1, B 1 an A 2 und A 2 an A 1) ausgeführt. Die erste Lieferung B 2 an B 1 ist eine steuerbare und steuerpflichtige Lieferung im MS 2. Der Ort der Lieferung liegt nach § 3 Abs. 7 UStGim MS 2 (Beginn der Beförderung). Die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen findet – aus der Sicht des MS 2 – keine Anwendung, da der Erwerb nicht beim Abnehmer von B 2, nämlich bei B 1, „in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung”, d. h., der Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs, unterliegt § 6 a Abs. 1 Nr. 3 UStG). Für die zweite Lieferung B 1 an A 2 liegt der Lieferort ebenfalls im MS 2. Die Lieferung ist als innergemeinschaftliche Lieferung im MS 2 steuerfrei. Aus der Sicht von B 1 liegt eine Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet vor § 6 a Abs. 1 Nr. 1 UStG). Der Erwerb des Gegenstandes unterliegt beim Abnehmer A 2 der Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs im MS 1, da A 2 „das Umsatzgeschäft mit einem im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates ansässigen Lieferer” abgeschlossen hat § 1 a Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG). Die dritte Lieferung A 2 an A 1 ist eine steuerbare und steuerpflichtige Lieferung im MS 1 § 3 Abs. 8a UStG).

Beispiel 2

Reihengeschäft zwischen Beteiligten aus drei Mitgliedstaaten

Der Unternehmer A im MS 1 bestellt eine Maschine bei dem Unternehmer B im MS 2. B bestellt die Maschine seinerseits bei dem Hersteller C im MS 3. C läßt die Maschine durch einen Transportunternehmer nach Weisung des B unmittelbar in den MS 1 an A befördern. Alle Beteiligten treten unter der USt-IdNr. ihres Landes auf.

Beurteilung

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