Leitsatz

1. Die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft überwiegen die anderen Einkünfte, wenn sie höher sind als diese.

2. Sind die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft negativ, überwiegen die anderen Einkünfte, wenn diese positiv oder in geringerem Umfang negativ sind.

3. Werden andere Einkünfte in zwei oder mehreren Einkunftsarten erzielt, kommt es für den Vergleich auf die Summe oder, wenn darunter nicht nur positive Einkünfte sind, den Saldo der anderen Einkünfte an.

 

Normenkette

§ 233a Abs. 2 Satz 2 AO

 

Sachverhalt

Ehegatten erzielten im Jahr 1998 neben Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit von ca. 4 Mio. DM Verluste aus Land- und Forstwirtschaft von ca. 1,2 Mio. DM, Verluste aus Vermietung und Verpachtung von ca. 14 Mio. DM und weitere positive und negative Einkünfte aus anderen Einkunftsarten. Im Jahr 2001 erging ein ESt-Bescheid, aus dem sich ein Erstattungsanspruch von ca. 4 Mio. DM ergab.

Die Ehegatten meinten, mit der Verzinsung nach § 233a AO sei nach Ablauf der allgemeinen Karenzzeit von 15 Monaten zu beginnen. Demgegenüber vertrat das FA den Standpunkt, die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft hätten die anderen Einkünfte überwogen; deshalb beginne der Zinslauf gem. § 233a Abs. 2 Satz 2 AO erst nach 21 Monaten.

Das FG schloss sich der Meinung des FA an.

 

Entscheidung

Die Revision der Ehegatten hatte keinen Erfolg.

Auch der BFH kam zu dem Ergebnis, die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft überwögen die anderen Einkünfte. Würden neben Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft positive wie negative Einkünfte aus anderen Einkunftsarten erzielt, seien die land- und forstwirtschaftlichen Einkünfte mit dem Saldo aller übrigen Einkünfte zu vergleichen. Auf die Höhe der einzelnen anderen Einkünfte komme es nicht an.

 

Hinweis

1. Bekanntlich hat der Gesetzgeber in § 233a AO eine umfassende Verzinsung aller Steuerzahlungsverpflichtungen und Steuererstattungsansprüche geregelt. Von der Verzinsung wird nur für die Zeit des üblichen Veranlagungsverfahrens abgesehen (sog. Karenzzeit). Die Dauer des Veranlagungsverfahrens bemisst das Gesetz typisierend auf 15 Monate (§ 233a Abs. 2 Satz 1 AO) seit Ablauf des betreffenden Kalenderjahrs.

2. Für Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft hat das Gesetz der Tatsache Rechnung getragen, dass sich der Ermittlungszeitraum für die Einkünfte nicht auf den Veranlagungszeitraum beschränkt, sondern im Regelfall noch die ersten 6 Monate des Folgejahrs mit umfasst. Denn für die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft gilt das Normalwirtschaftsjahr vom 1.7. bis 30.6. und es ist jeweils die Hälfte des Gewinns des im Veranlagungszeitraum endenden und beginnenden Wirtschaftsjahrs zu berücksichtigen (§ 4a Abs. 2 Nr. 1 EStG). Demgemäß beginnt die Verzinsung gem. § 233a Abs. 2 Satz 2 erst nach 21 Monaten.

3. Werden nun neben den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft noch andere Einkünfte erzielt, muss entschieden werden, ob die Verzinsung nach 15 oder 21 Monaten beginnen soll. Die Entscheidung hat der Gesetzgeber in § 233a Abs. 2 Satz 2 AO getroffen: Der Beginn nach 21 Monaten gilt, wenn die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft überwiegen.

Das Besprechungsurteil beschäftigt sich mit der Frage, wann solche Einkünfte überwiegen, wenn Einkünfte aus mehr als zwei Einkunftsarten erzielt werden. Sind die Einkünfte außerhalb der Land- und Forstwirtschaft sämtlich positiv, ist die Summe der anderen Einkünfte mit den Einkünften i.S.d. § 13 EStG zu vergleichen. Sind außerhalb der Land- und Forstwirtschaft positive und negative Einkünfte erzielt worden, werden die übrigen Einkünfte saldiert. Die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft überwiegen, wenn sie höher als der Saldo der übrigen Einkünfte sind. Das war im Streitfall gegeben, weil die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft einen geringeren Minusbetrag ausmachten als der Saldo der übrigen Einkünfte.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 13.7.2006, IV R 5/05

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