Leitsatz

Es ist ernstlich zweifelhaft, ob die Bewertung des mit einem Gebäude auf fremdem Grund und Boden bebauten Grundstücks nach § 148 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 BewG mit dem 18,6-fachen des nach den vertraglichen Bestimmungen im Besteuerungszeitpunkt zu zahlenden jährlichen Entgelts für die Grundstücksnutzung wegen Verstoßes gegen das Übermaßverbot mit der Verfassung vereinbar ist.

 

Normenkette

§ 148 Abs. 1 Satz 1 BewG , § 148 Abs. 2 BewG

 

Sachverhalt

Die Antragstellerein war Miterbin nach ihrem Ehemann. Im Nachlass befand sich ein verpachtetes Grundstück, auf dem der Pächter ein Gebäude auf fremdem Grund und Boden errichtet hatte.

Das FA stellte den Wert für das unbebaute Grundstück gem. § 148 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 BewG nach dem 18,6-fachen der Jahrespacht von 36.849 DM auf 685.000 DM fest und rechnete der Antragstellerin ihren Anteil daran zu. Der Verkehrswert des Grundstücks mit Gebäude betrug nach einem Schätzgutachten 550.000 DM.

FA und FG lehnten einen Antrag auf AdV ab; das FG ließ jedoch die Beschwerde zu.

 

Entscheidung

Der BFH gab der Beschwerde statt und setzte die Vollziehung aus. Er wies zunächst darauf hin, dass § 148 Abs. 2 BewG ebenso wie die Überschrift zu § 148 BewG nur die Gebäude auf fremdem Grund und Boden anspreche, die mit solchen Gebäuden bebauten Grundstücke aber unerwähnt lasse. Ob daraus zu schließen sei, dass § 148 Abs. 2 auf die Grundstücke auch nicht entsprechend anwendbar ist, ließ er offen.

Ist § 148 BewG auf derartige Grundstücke anzuwenden, kommt im Streitfall ein Verstoß gegen das Übermaßverbot (Art. 20 Abs. 3 GG) ernsthaft in Betracht. Der Verstoß wäre auch nicht im Billigkeitsweg korrigierbar. Insoweit gelten dieselben Erwägungen, die im Beschluss vom 22.5. 2002, II B 173/01 (BFH-PR 2002, 344) angestellt worden sind. Ist § 148 auf derartige Grundstücke nicht anwendbar, wäre der Feststellungsbescheid schon aus diesem Grund rechtswidrig.

 

Hinweis

Ein Steuerpflichtiger, bei dem das 18,6-fache der Jahrespacht(-miete) zu einem Grundstückswert führt, der über dem Wert nach § 145 BewG für bebaute Grundstücke oder über dem Verkehrswert liegt, sollte zunächst geltend machen, dass § 148 Abs. 2 BewG auf Grundstücke mit Gebäuden auf fremdem Grund und Boden nicht anwendbar ist, und auf einer Bewertung gem. § 145 BewG bestehen. Dies eröffnet ihm die Möglichkeit, ggf. nach Abs. 3 Satz 3 der Vorschrift einen niedrigeren Verkehrswert des Grundstücks nachzuweisen.

Erst in zweiter Linie sollte er sich bei ausreichend großer Wertdifferenz auf das Übermaßverbot berufen. Wann eine Wertdifferenz ausreichend groß ist, lässt sich nicht einmal relativ – d.h. mit einem bestimmten Prozentsatz – angeben.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss vom 23.10.2002, II B 153/01

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