Leitsatz

1. Wird ein Teil der Abfindung eines Arbeitnehmers im Wege der Entgeltumwandlung dem arbeitnehmerfinanzierten Aufbaukonto der betrieblichen Altersversorgung in Form einer Direktzusage zugeführt, liegt im Zeitpunkt der Entgeltumwandlung insoweit kein Zufluss von Arbeitslohn vor.

2. Erfolgt die Auszahlung des im Aufbaukonto über mehrere Jahre im Wege der Entgeltumwandlung angesammelten Versorgungsguthabens als Einmalzahlung, kann eine Vergütung für mehrjährige Tätigkeit i.S. des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG anzunehmen sein.

3. Dem Merkmal der Außerordentlichkeit steht nicht entgegen, wenn dem Arbeitnehmer daneben eine weitere Altersversorgung aus einem – vom Aufbaukonto getrennten – arbeitgeberfinanzierten Basiskonto zusteht, das darauf angesparte Versorgungsguthaben jedoch noch nicht zur Auszahlung gelangt ist.

 

Normenkette

§ 34 Abs. 2 Nr. 2 und 4, § 24 Nr. 1 EStG

 

Sachverhalt

Der Sachverhalt ergibt sich bereits aus den Praxishinweisen. Das FG hat der Klage stattgegeben (FG München, Urteil vom 5.12.2019, 10 K 2705/18, Haufe-Index 13687940, EFG 2020, 358).

 

Entscheidung

Auf die Revision des FA hat der BFH das FG-Urteil in vollem Umfang bestätigt.

 

Hinweis

Streitig war, ob eine Auszahlung aus einer betrieblichen Altersversorgung ermäßigt besteuert wird. Dies war vor allem unter zwei Aspekten fraglich.

1. Das betriebliche Versorgungswerk bestand aus einem arbeitgeberfinanzierten Basiskonto und einem vom Arbeitnehmer im Wege der Gehaltsumwandlung finanzierten Aufbaukonto. Zur Auszahlung kamen nur die Ansprüche aus dem Aufbaukonto. Außerdem erhielt die Klägerin nach ihrem Ausscheiden aus dem Betrieb von ihrer früheren Arbeitgeberin Überbrückungsgelder wegen vollständiger Erwerbsminderung. Vor diesem Hintergrund war zweifelhaft, ob die Außerordentlichkeit der Einkünfte bejaht werden konnte oder ob eine schädliche Teilauszahlung eines einheitlichen Versorgungsanspruchs anzunehmen sei.

a) Dies hat der BFH hinsichtlich des Überbrückungsgelds wie auch das FG verneint, weil es "unabhängig vom Anspruch auf das jeweilige Versorgungsguthaben als zusätzliche Leistung erbracht worden sei und anderen Voraussetzungen unterlegen habe".

b) Aber auch die Nichtauszahlung der Ansprüche aus dem Basiskonto war unschädlich. Nach den vertraglichen Bestimmungen war insofern kein einheitlicher Versorgungsanspruch anzunehmen. Im Wesentlichen waren dafür zwei Punkte ausschlaggebend. Die Ansprüche aus dem Aufbaukonto blieben dem Arbeitnehmer bei Ausscheiden aus dem Betrieb vor Eintritt des Versorgungsfalls erhalten. Für die Ansprüche aus dem Basiskonto galt dies nur, sofern auch die gesetzlichen Unverfallbarkeitsvoraussetzungen erfüllt waren. Außerdem konnte der Arbeitnehmer für die Auszahlung aus dem Basis- und dem Aufbaukonto jeweils unterschiedliche Varianten wählen. Dies stehe, so der BFH, der Annahme einer Verklammerung der beiden Bausteine entgegen (vgl. Leitsatz 3).

2. Zwar war das Aufbaukonto vollständig ausgezahlt worden. Problematisch war aber dessen Zusammensetzung (24.000 EUR aus über die Jahre "angesparten" Entgeltumwandungen sowie 120.000 EUR als einmalige Entgeltumwandlung aus einer ursprünglich einheitlichen Entlassungsentschädigung, die im Übrigen im Zuflussjahr ermäßigt besteuert worden war). Insofern stellten sich nun eine ganze Reihe von Fragen, die der BFH wie folgt beantwortet hat:

a) Soweit die Abfindungszahlung im Wege der Entgeltumwandlung die Ansprüche aus dem Aufbaukonto erhöht hat, ist sie nicht im Jahr der Abfindungszahlung zugeflossen (Leitsatz 1). Das setzt voraus, dass die (teilweise) Entgeltumwandlung einer einheitlichen Abfindungszahlung (ohne betragsmäßige Begrenzung) rechtlich zulässig und auch steuerlich anzuerkennen ist. Insofern geht das ­Urteil über die bisherige Rechtsprechung des BFH hinaus. Ob die Abfindung im Übrigen, soweit ­sie nicht entgeltumgewandelt worden war, zu Recht ermäßigt besteuert wurde, war nicht zu entscheiden.

b) Die Entgeltumwandlung bewirkt aber nicht nur die Verschiebung des Zuflusses. Mit der Entgeltumwandlung verliert der Abfindungsanspruch zugleich auch diesen Charakter. Er wandelt sich zu einem Anspruch aus dem Versorgungswerk ("Umwandlung"), ohne dass es deshalb (Novation) zum Zufluss kommt. Danach kam § 32 Abs. 2 Nr. 2 EStG nicht mehr zur Anwendung, denn ein Abfindungsanspruch bestand nicht mehr.

c) Bejaht hat der BFH jedoch wie auch das FG die Voraussetzungen von § 32 Abs. 2 Nr. 4 EStG (Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten; Leitsatz 2).

aa) Bei dem Anspruch aus dem Aufbaukonto handele es sich (insgesamt) um eine Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten. Die Klägerin habe das Konto über mehrere Jahre durch Entgeltumwandlung aufgefüllt. Das erfülle den Tatbestand. Unschädlich sei die Umwandlung eines Teils der Entlassungsentschädigung. Mit der Entgeltumwandlung nehme auch dieser Anspruch an der Mehrjährigkeit des Kontos teil, denn er habe durch die Umwandlung seinen Charakter als Abfindung verloren.

bb) Eine willkürliche Zusammenballung liege nicht vor. Es war insbesondere nicht anzunehme...

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