Leitsatz

Bei Beauftragung mit einer Außenprüfung (§ 195 S. 2 AO) hat das beauftragte Finanzamt über den gegen die Prüfungsanordnung gerichteten Einspruch zu entscheiden, wenn auch die Prüfungsanordnung von ihm – und nicht vom beauftragenden Finanzamt – erlassen wurde.

 

Normenkette

§ 195, § 367 Abs. 1 und 3 AO, § 63 Abs. 3 FGO

 

Sachverhalt

Der Kläger war Gesellschafter zweier Gesellschaften mbH, bei denen das für diese zuständige FA eine Außenprüfung angeordnet hatte. Dieses FA erließ auch gegenüber dem Kläger eine Prüfungsanordnung, nachdem es dazu von dem für den Kläger örtlich zuständigen FA beauftragt worden war. Über den Einspruch des Klägers, mit dem er die gegen ihn erlassene Prüfungsanordnung angefochten hatte, entschied das für die Gesellschaften zuständige FA, welches die Prüfungsanordnung erlassen hatte.

Das FG hob die Prüfungsanordnung auf, weil das für die Gesellschaften zuständige Finanzamt, das die Prüfungsanordnung erlassen habe, nicht für die Entscheidung über den Einspruch zuständig gewesen sei (FG München, Urteil vom 04.04.2007, 5 K 2853/06, Haufe-Index 1761001, EFG 2007, 1397).

 

Entscheidung

Auf die Revision des FA hob der BFH die Vorentscheidung auf und verwies den Rechtsstreit an das FG zurück. Zu Unrecht sei das FG davon ausgegangen, dass das FA nicht befugt war, über den Einspruch gegen die von ihm erlassene Prüfungsanordnung zu entscheiden. Im zweiten Rechtsgang müsse das FG unter anderem prüfen, ob die Erweiterungen des angeordneten Prüfungsumfangs von einem entsprechenden Auftrag durch das zuständige Finanzamt gedeckt gewesen seien

 

Hinweis

Wer an verfahrenstechnischen Fragen keine besondere Freude hat, wird dieses Urteil nicht sonderlich spannend finden. Es hat aber im Alltag der Steuerberatung durchaus praktische Bedeutung.

Wenn ein FA (das beauftragende FA), welches originär für den Steuerfall zuständig ist, ein anderes FA (das beauftragte FA) mit der Durchführung einer Außenprüfung beauftragt, hat es der Steuerpflichtige unvermittelt mit zwei FÄ zu tun. Daraus ergeben sich verschiedene verfahrenstechnische Fragen.

1. Seit Längerem ist es in Rechtsprechung, Schrifttum und auch nach der Verwaltungsauffassung unstrittig, dass die Prüfungsanordnung entweder vom beauftragenden oder aber vom beauftragten FA erlassen werden kann. Selbstverständlich ist dies nicht. Bei unbefangener Betrachtung könnte man eher erwarten, dass die Zuständigkeit zum Erlass eines Verwaltungsakts (Prüfungsanordnung) nicht von Absprachen zweier FÄ im Einzelfall abhängig sein darf. So rigide wird die Frage jedoch von der herrschenden Auffassung und von der Rechtspraxis nicht gesehen. Es hängt also von Zweckmäßigkeitserwägungen im Einzelfall ab, welches der beiden FÄ die Prüfungsanordnung erlässt.

2. Erlässt die beauftragende, zuständige Behörde die Prüfungsanordnung, ist sie der richtige Einspruchsadressat (§ 357 Abs. 2 S. 1 AO) und gem. § 367 Abs. 1 S. 1 AO befugt und verpflichtet, über einen gegen die Prüfungsanordnung (Verwaltungsakt i.S.v. §§ 118 und 347 Abs. 1 AO) gerichteten Einspruch zu entscheiden.

3. Für die Fälle, in denen das mit der Außenprüfung beauftragte FA die Prüfungsanordnung erlässt, war bisher nicht abschließend geklärt, welche Behörde über den Einspruch gegen die Prüfungsanordnung zu entscheiden hat. Die Entscheidung hängt von der Auslegung des Wortlauts des § 367 Abs. 3 S. 1 AO ab, nach dem die zuständige Finanzbehörde über den Einspruch zu entscheiden hat, wenn sich der Einspruch gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde aufgrund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat. Entscheidend ist hier die Frage, wie das Merkmal "aufgrund gesetzlicher Vorschrift" zu verstehen ist.

Der BFH hat nunmehr herausgearbeitet, dass dieses Merkmal im Gesetz regelmäßig verwendet wird, um unmittelbar auf eine andere Gesetzesvorschrift zu verweisen. Für die Beauftragung mit einer Außenprüfung nach § 195 S. 2 AO gilt dies nicht, weil die Beauftragung eine gesonderte Ermessensentscheidung voraussetzt. Deshalb bleibt es in derartigen Fällen bei den Grundregeln des § 357 Abs. 2 S. 1 und des § 367 Abs. 1 S. 1 AO, wonach der Steuerpflichtige den Einspruch bei der Behörde anzubringen hat, deren Verwaltungsakt angefochten wird, und die Finanzbehörde über den Einspruch entscheidet, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Das ist in Fällen der vorliegenden Art das mit der Außenprüfung beauftragte FA, welches die Prüfungsanordnung erlassen hat.

Diese Gesetzesauslegung stimmt auch mit der herrschenden Meinung zur Auslegung des § 63 Abs. 3 FGO überein, der in seinen tatbestandlichen Voraussetzungen der Vorschrift des § 367 Abs. 3 AO entspricht.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 18.11.2008, VIII R 16/07

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