1 Bedeutung der Anschaffungskosten

 

Rz. 1

Werden Wirtschaftsgüter bzw. Vermögensgegenstände erworben, so ist bei ihrer Bewertung von den Anschaffungskosten auszugehen (Anschaffungskostenprinzip).[1] Die Anschaffungskosten sind daher wie die → Herstellungskosten insbesondere Ausgangsgrundlage für die planmäßigen Abschreibungen im Anlagevermögen sowie die außerplanmäßigen Abschreibungen im Anlage- und Umlaufvermögen.

Das Anschaffungskostenprinzip gilt für Handels- und Steuerbilanz gleichermaßen.

 

Rz. 2

Bei den abnutzbaren Anlagegegenständen ist der Ausgangswert um planmäßige Abschreibungen zu mindern. Die nicht abnutzbaren Anlagegegenstände und die Umlaufgegenstände werden grundsätzlich mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten bewertet,[2] soweit keine außerplanmäßige Abschreibung in Frage kommt.

 

Rz. 3

Von diesem Wert kann der tatsächliche Wert des einzelnen Vermögensgegenstandes abweichen. Ist er höher, weil der Wert infolge Preissteigerungen u. dgl. gestiegen ist, darf dieser höhere Wert nach dem Anschaffungskostenprinzip grundsätzlich nicht über die Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzüglich der Abschreibungen nach § 253 Abs. 3 bis 5 HGB hinaus ausgewiesen werden.[3] Ausnahmen können beispielsweise im Rahmen der Bildung von Bewertungseinheiten nach § 254 HGB oder bei der Währungsumrechnung nach § 256a HGB auftreten. Darüber hinaus ist das Planvermögen nach § 246 Abs. 2 Sätze 2 und 3 HGB zum beizulegenden Zeitwert zu bewerten.

Steuerrechtlich gilt ebenfalls das Anschaffungspreisprinzip. Es sind höchstens die Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder der an deren Stelle tretende Wert anzusetzen, vermindert um Absetzungen für Abnutzung, erhöhte Absetzungen, Sonderabschreibungen, Abzüge nach § 6b EStG und ähnliche Abzüge.[4]

2 Begriff der Anschaffungskosten

2.1 Merkmale

 

Rz. 4

Anschaffungskosten sind die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können. Zu den Anschaffungskosten gehören auch die Nebenkosten sowie die nachträglichen Anschaffungskosten. Anschaffungspreisminderungen, die dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können, sind abzusetzen.[1]

 

Rz. 5

Anschaffung ist

Erwerb und

Versetzung des erworbenen Vermögensgegenstandes in einen betriebsbereiten Zustand.

Begriff und Umfang der Anschaffungskosten nach § 255 Abs. 1 HGB sind auch steuerrechtlich maßgebend. Die Bewertungsbegriffe der Anschaffungskosten werden nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG durch die handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung definiert, weil keine vorrangige steuerrechtliche Begriffsdefinition besteht.[2]

[2] Anzinger, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 5 EStG Rz. 261, Stand: 8/2021; BFH, Urteil v. 26.4.2006, I R 49, 50/04, BFHE S. 213, 374, BStBl 2006 II S. 656.

2.2 Zweckgerichtete Aufwendungen

 

Rz. 6

Aus der Fassung des Gesetzes „Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand

  1. zu erwerben und
  2. ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen”

folgt, dass die Aufwendungen zweckgerichtet auf den Erwerb des Vermögensgegenstandes und auf seine Versetzung in einen betriebsbereiten Zustand aufgebracht werden. Nach dieser Gesetzesformulierung werden Aufwendungen ausgeschlossen, die nur mittelbar der Anschaffung dienen.

 
Praxis-Beispiel

Unternehmer U besichtigt mehrere Grundstücke und kauft schließlich eines davon.

Die Aufwendungen für die nicht erworbenen Grundstücke sind sofort abziehbare Aufwendungen. Sie zählen nicht zu den Anschaffungskosten des schließlich erworbenen Grundstücks, da sie nicht dazu dienen, dieses Grundstück aus der fremden in die eigene Verfügungsmacht zu bringen und auch nicht werterhöhend in das angeschaffte Grundstück eingegangen sind. Die Reisekosten, die dem erworbenen Grundstück zuzuordnen sind, sind Teil seiner Anschaffungskosten.[1]

2.3 Erwerb

2.3.1 Erlangung der Verfügungsgewalt

 

Rz. 7

Bei einem Erwerb wird ein Vermögensgegenstand aus einem fremden in den eigenen Verfügungsbereich gebracht.[1] Der Vermögensgegenstand existiert bereits vor dem Erwerb. Er wird so in den eigenen Verfügungsbereich gebracht, dass der Erwerber darüber als oder wie ein Eigentümer (juristisches oder wirtschaftliches Eigentum) verfügen kann.

 

Rz. 8

Entscheidend ist die Erlangung der Verfügungsgewalt. Das ist der Zeitpunkt, in dem das wirtschaftliche Eigentum übergeht, vgl. auch § 246 Abs. 1 Satz 2 HGB. Auf die Bezahlung kommt es nicht an. Eine vor dem Zugang erfolgte Zahlung ist als "geleistete Anzahlung" zu behandeln.

[1] Schubert/Gadek, in Beck'scher Bilanz-Kommentar, 12. Aufl. 2020, § 255 HGB Rz. 20 f.

2.3.2 Anschaffungszeitpunkt

 

Rz. 9

Beruhen die Anschaffungen auf Rechtsgeschäften, handelt es sich hierbei um gegenseitige Verträge. Aus einem Kaufvertrag ist der Käufer verpflichtet, dem Verkäufer den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen und die verkaufte Sache abzunehmen.[1] Der Verkäufer hat also den Anspruch und der Käufer d...

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