Leitsatz

Ein bebautes Grundstück ist in dem Zeitpunkt angeschafft, in dem Besitz, Nutzungen, Gefahr und Lasten auf den Käufer übergehen. Maßgebend ist nicht der vertraglich vorgesehene, sondern der tatsächliche Übergang.

 

Normenkette

§ 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 4, Abs. 2 S. 1 Nr. 2, Abs. 2 S. 3 InvZulG 1999

 

Sachverhalt

Der Kläger kaufte im Juni 2001 ein im Rohbau fertiggestelltes Reihenhausgrundstück von einer GmbH, an der er zur Hälfte beteiligt war. Die GmbH hatte das Haus auf ihre Kosten zu vollenden. Mit Vertrag vom 19.07.2001 vermietete der Kläger das Haus ab dem 01.09.2001. Der Kaufpreis betrug 200 000 DM. Davon wurden 150 000 DM vertragsgemäß im Juli 2001 überwiesen. Die restlichen 50 000 DM waren fällig bei Übergabe und wurden erst am 05.02.2002 gezahlt. Nach einer privatschriftlichen Vereinbarung vom 05.07.2001 hatte die GmbH die Restzahlung bis zum 31.12.2002 gestundet und eine Änderung des notariellen Kaufvertrags bestätigt, wonach das Objekt mit Rücksicht auf den Mietvertrag am 01.07.2001 übergeben worden sei.

Das FA lehnte die beantragte Investitionszulage für den Mietwohnungsbau im innerörtlichen Bereich ab, weil das Gebäude erst im Februar 2002 angeschafft worden sei.

Das FG wies die Klage ab (FG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 13.09.2007, 2 K 460/05, Haufe-Index 2125581). Die Übergabe sei im Kaufvertrag von der Bezugsfertigkeit und der Zahlung des Kaufpreises abhängig gemacht worden, den der Kläger erst im Februar 2002 und somit nach Ende des für die Gewährung der Zulage maßgeblichen Zeitpunkts beglichen habe.

 

Entscheidung

Der BFH hat das FG-Urteil aufgehoben und zurückverwiesen, damit geprüft wird, ob das Reihenhaus tatsächlich im Jahr 2001 übergeben wurde und daraus die sich nach § 446 BGB ergebenden Folgerungen gezogen wurden.

 

Hinweis

1. Die Anschaffung neuer Gebäude bis zum Ende des Jahrs der Fertigstellung wurde zulagenrechtlich nur begünstigt, wenn sie vor dem 01.01.2002 erfolgte. Unter Anschaffung ist im Ertragsteuer- wie im Investitionszulagenrecht der Erwerb eines bereits bestehenden Wirtschaftsguts zu verstehen.

2. Ein Grundstück wird i.d.R. schon vor dem Eigentumserwerb in dem Zeitpunkt angeschafft, zu dem Eigenbesitz, Gefahr, Nutzen und Lasten auf den Erwerber übergehen. Der Besitz kann durch Übergabe des verkauften Grundstücks oder der Schlüssel übertragen werden, die Übergabe bewirkt gem. § 446 BGB, dass die Gefahr des zufälligen Untergangs und der zufälligen Verschlechterung des Grundstücks auf den Käufer übergehen. Von der Übergabe an gebühren dem Käufer die Nutzungen und trägt er die Lasten.

3. Maßgeblich ist der tatsächliche Übergabezeitpunkt, der vor oder nach dem kaufvertraglich vorgesehenen Zeitpunkt liegen kann. Die vorzeitige Übergabe und deren Wirkungen sind nicht von einer formwirksamen Änderung des Notarvertrags abhängig. Der Verkäufer kann nach einer vorzeitigen Übergabe die Rückgabe der Sache (bis zum vertraglichen Übergabetermin) nicht mehr verlangen, wenn er nicht z.B. wegen Zahlungsverzugs wirksam vom Vertrag zurücktritt.

4. Stehen sich Verkäufer und Käufer nahe, kann es darauf ankommen, ob sie die sich aus einer (vorzeitigen) Übergabe nach § 446 BGB ergebenden Folgerungen gezogen haben, ob also z.B. der Käufer die Grundstückslasten getragen und die Miete vereinnahmt und nicht an den Verkäufer weitergeleitet hat.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 17.12.2009 – III R 92/08

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