Entscheidungsstichwort (Thema)

Investitionszulagenrechtlicher Anschaffungszeitpunkt eines Gebäudes bei Vermietung vor Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Wird ein Grundstück unmittelbar nach seiner Fertigstellung im Jahr 2001 vermietet, obwohl Besitz, Nutzen und Lasten des Grundstücks nach dem Notarvertrag erst im Zeitpunkt der vollständigen Kaufpreiszahlung übergehen, besteht kein Anspruch auf Gewährung einer Investitionszulage gem. § 3 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 InvZulG, wenn die Bezahlung des Kaufpreises erst nach dem 1.1.2002 erfolgt. Die Erzielung von Mieteinkünften setzt nicht wirtschaftliches Eigentum an dem vermieteten Grundstück voraus.

2. Erfolgt die Auflassung des Grundstücks erst im 2002, bedurfte die Wirksamkeit einer privatschriftlichen Änderungsabrede, womit der Übergang von Nutzen und Lasten auf einen Zeitpunkt vor dem 31.12.2001 vorverlegt wurde, der notariellen Form. Eine Heilung des Formmangels nach § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB auf den maßgeblichen Zeitpunkt 31.12.2001 konnte nicht erfolgen.

 

Normenkette

InvZulG 1999 § 3 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 S. 1 Nr. 2; AO § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 1; BGB § 311b Abs. 1, §§ 985-986; EStG § 21 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 17.12.2009; Aktenzeichen III R 92/08)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auf 9.082,00 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger deshalb keinen Anspruch auf Investitionszulage hat, weil er begünstigte Investitionen nicht vor dem 01. Januar 2002 abgeschlossen hat.

Mit Vertrag vom 18. Juni 2001 kaufte der Kläger von der S mbH, an der er neben dem Gesellschafter S mit der hälftigen Stammeinlage beteiligt war, ein mit einem Reihenhaus bebaute Teilfläche eines Grundstücks in L.

Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses war das Reihenhaus im Rohbau erstellt. Die Realteilung sollte vorgenommen werden, sobald die Vermessungsunterlagen des Katasteramtes vorliegen. Das Haus wurde dem Kläger schlüsselfertig, „mit der Verpflichtung der Fertigstellung auf seine, des Verkäufers, Kosten und der Realteilung des Grundstücks” verkauft. Der Vertrag enthielt eine Bauverpflichtung, mit der sich der Verkäufer verpflichtete, auf dem Trennstück 3 das Reihenhaus normgerecht und nach den anerkannten Regeln der Baukunst fertig zu stellen.

Der Kaufpreis für das Trennstück nebst schlüsselfertig errichtetem Reihenhaus betrug 200.000,00 DM. Der Gesamtkaufpreis war ein Festpreis. Er umfasste alle Kosten und Nebenkosten des Baues. Der Kaufpreis war direkt an den Verkäufer zu zahlen. Besitz, Nutzen und Lasten des Kaufobjektes und die Gefahr des zufälligen Unterganges oder einer zufälligen Verschlechterung sollten mit dem Tag der Übergabe auf den Käufer übergehen. Die Übergabe sollte erfolgen, sobald das Kaufobjekt bezugsfertig und der Kaufpreis einschließlich sämtlicher Kosten für ausgeführte Sonderwünsche bezahlt ist. Eine getrennte Übergabe von Wohnhaus und Außenanlage war zulässig. Die Bezugsfertigkeit des Wohnhauses sollte nicht die Fertigstellung der Straßen, Gehwege und Außenanlagen voraussetzen.

Von dem Kaufpreis waren 150.000,00 DM innerhalb von zwei Wochen, nachdem der Notar dem Käufer mitgeteilt hat, dass die Auflassungsvormerkung für den Käufer eingetragen ist, fällig. Diese Rate überwies der Kläger am 24. Juli 2001.

Die restlichen 50.000,00 DM sollten bei vertragsgemäßer Übergabe fällig werden. Diese Rate überwies der Kläger am 05. Februar 2002.

Gem. § 11 des Vertrages sollte die Auflassung aufgrund der Vertretungsvollmacht erklärt werden, nachdem die Voraussetzungen des Vertrages zur Eigentumsumschreibung auf den Käufer gegeben sind und der Kaufpreis gezahlt ist. Zur Sicherung des Anspruchs des Klägers auf Erwerb des verkauften Kaufobjektes bewilligte der Verkäufer und beantragte der Kläger die Eintragung einer Vormerkung zu seinen Gunsten mit einem einmaligen Rangvorbehalt für eine Grundschuld von 150.000,00 DM nebst 18 % Jahreszinsen ab Bewilligung. Der Notar hatte den Eintragungsantrag sofort zu stellen. Die Vertragsparteien bewilligten und beantragten deren Löschung mit der Eigentumsumschreibung auf den Kläger, sofern keine Zwischeneintragungen vorliegen, welche der Kläger nicht bewilligt hat.

Die Auflassung erfolgte am 17. Juni 2002. Der Kläger wurde am 21. November 2002 als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen.

Mit Vertrag vom 19. Juli 2001 vermietete der Kläger die Wohnung ab dem 01. September 2001 für unbestimmte Zeit zu einer monatlichen Kaltmiete von 1.250,00 DM.

Am 24. Oktober 2001 beantragte der Kläger eine Investitionszulage nach § 3 des Investitionszulagengesetzes 1999 für den Mietwohnungsbau im innerörtlichen Bereich in Höhe von 17.764,00 DM. Eine Belegenheitsbescheinigung der Gemeinde Lübz, wonach das Gebäude in der Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 2001 in einem förmlich festgesetzten Sanierungsgebiet nach dem Baugesetzbuch liegt, reichte der Kläger ein.

Mit Bescheid vom 28. Ok...

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