Leitsatz

Gründen ein Steuerberater und ein Rechtsanwalt eine Sozietät, in deren Rahmen jeder für eigene Rechnung arbeitet und nur gemeinsam verursachte Kosten aufgeteilt werden, liegt trotz der gemeinsamen Haftung gegenüber den Mandanten nicht eine Mitunternehmerschaft vor, sondern lediglich eine Bürogemeinschaft zweier Einzelpraxen. Verkauft einer der Gesellschafter einen Teil seiner Praxis an einen neu eintretenden Gesellschafter, liegt darin nicht der Verkauf eines Teils eines Mitunternehmeranteils, sondern die Aufnahme eines Gesellschafters in ein Einzelunternehmen. Der entstehende Veräußerungsgewinn ist deshalb nicht tarifbegünstigt

 

Sachverhalt

Ein Steuerberater und zwei Rechtsanwälte hatten eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegründet, in die sie ihre Berufspraxen einbrachten. Jeder arbeitete für eigene Rechnung und behielt das Eigentum an dem eingebrachten Vermögen einschließlich des jeweiligen Praxiswerts. Gemeinschaftliches Eigentum wurde nur eine später angeschaffte Büroeinrichtung. Für jeden Partner war eine Berufshaftpflichtversicherung mit einer Deckungssumme von zu Anfang 2 Mio. DM abgeschlossen worden. Später beteiligte der Steuerberater eine Berufskollegin an seinem Teil der GbR. Für die Übernahme insbesondere des anteiligen Praxiswerts erhielt er einen Kaufpreis von 425.000 DM.

 

Entscheidung

Das FG entschied, es liege zwar zivilrechtlich eine Personengesellschaft vor. Diese sei aber steuerlich nicht als Mitunternehmerschaft zu werten, sondern lediglich als Bürogemeinschaft. Jeder Gesellschafter (bzw. die Gruppe der beiden Rechtsanwälte) erwirtschafteten ihre Gewinne getrennt. Der gemeinsamen Haftung komme wegen der hohen Abdeckung über die Versicherung keine nennenswerte Bedeutung zu. Es fehle an einer gemeinsamen Gewinnermittlung und weitgehend auch an gemeinsamem Vermögen, zumal auch die Praxiswerte getrennt blieben. Der Eintritt der neuen Steuerberaterin stelle sich deshalb als Aufnahme eines Gesellschafters in ein Einzelunternehmen dar. Der Gewinn sei folglich nicht tarifbegünstigt. Selbst wenn der Verkauf eines Mitunternehmeranteils anzunehmen sein sollte, sei der dabei erzielte Gewinn nach Auffassung des Gerichts - entgegen der bisherigen Rechtsprechung - nicht als tarifbegünstigt anzusehen.

 

Hinweis

Vermutlich ist das Entgelt, das der Steuerberater von der neu eintretenden Gesellschafterin erhalten hat, in sein Privatvermögen geflossen. Andernfalls hätte er nach § 24 UmwStG die Buchwerte fortführen und den Ausweis eines Gewinns vermeiden können. Die Auffassung des FG, dass nur eine Bürogemeinschaft anzunehmen ist, erscheint überzeugend, weil der nicht vermeidbaren gemeinsamen Haftung wirtschaftlich keine nennenswerte Bedeutung zukam. Bisher scheint noch nicht geklärt, wie bei dem Zusammenschluss von Freiberuflern mit unterschiedlichem Arbeitsgebiet die gemeinsame Gewinnermittlung aussehen müsste, damit eine Mitunternehmerschaft angenommen werden kann. Im Normalfall ist die Unterscheidung zwischen Mitunternehmerschaft und Bürogemeinschaft für die Besteuerung der Beteiligten allerdings ohne große Bedeutung. Angreifbar erscheint die Auffassung des Finanzgerichts in der - letztlich nicht entscheidungserheblichen - Randbemerkung, auch nach früherem Recht sei die Veräußerung eines Teils eines Sozietätsanteils nicht als begünstigt anzusehen. Dass das Gesetz die Tarifbegünstigung inzwischen auf die Veräußerung des gesamten Mitunternehmer- oder Sozietätsanteils begrenzt, spricht entgegen der Argumentation des FG nicht für, sondern gegen seine Ansicht. Der Gesetzgeber hat nämlich ausdrücklich bestimmt, dass die geänderte Gesetzesfassung erst ab dem Jahr 2002 gelten soll. Damit bestätigt er, dass die Gesetzesänderung nach seiner Auffassung nicht nur klarstellende Bedeutung hat, sondern zu einer Rechtsänderung führt, diese Frage also vor 2002 anders zu beurteilen war.

 

Link zur Entscheidung

FG Münster, Urteil vom 09.07.2003, 1 K 6926/01 F

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