Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Mitunternehmerschaft bei Zusammenschluss von Steuerberatern und Rechtsanwälten

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Bei Zusammenschluss von Steuerberatern und Rechtsanwälten ist eine Mitunternehmerschaft mangels Mitunternehmerrisikos nicht gegeben, wenn die einzelnen Partner zwar unter gemeinsamen Namen, jedoch für eigene Rechnung tätig werden und Einnahmen und Ausgaben der jeweiligen Berufsgruppe in getrennten Buchungskreisen erfasst werden. Die Einkünftefeststellung ist in diesem Fall für jede Berufsgruppe getrennt vorzunehmen.

2) Die Aufnahme in eine Einzelpraxis ist nicht als begünstigte Veräußerung eines Mitunternehmeranteils zu beurteilen.

3) Der Verkauf eines Teils eines Mitunternehmeranteils ist nicht als steuerbegünstigter Veräußerungsgewinn zu beurteilen (gegen BFH, Urt. v. 13.2.1997 - IV R 15/96, BStBl. II 1997, 535).

 

Normenkette

EStG § 16 Abs. 1 Nr. 2, § 18 Abs. 3, § 34 Abs. 2, 2 Nr. 1, § 16 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 14.04.2005; Aktenzeichen XI R 82/03)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob Rechtsanwälte und Steuerberater lediglich eine Bürogemeinschaft oder eine Mitunternehmerschaft begründet haben und – in der Folge davon – ob eine steuerbegünstigte Veräußerung eines Mitunternehmeranteils vorliegt.

Der Kläger (Kl.), er ist Steuerberater, und die Rechtsanwälte L und B als gemeinsame Vertragspartner verbanden durch Gesellschaftsvertrag vom 01.02.1996 ihre selbständigen Kanzleien in I und Leipzig nach außen in Form einer Sozietät und nach innen in Form einer Bürogemeinschaft. Sie gründeten mit Wirkung vom 01.01.1996 eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR.), deren Zweck die gemeinsame Berufsausübung war (§ 2 Abs. 1 Gesellschaftsvertrag – GV) und trafen u.a. folgende Vereinbarungen:

Jeder Vertragspartner übt seine Tätigkeit unabhängig und in eigener Verantwortung aus. Nach außen tritt die Gesellschaft unter gemeinsamem Briefpapier und Praxisschild auf (§ 5 Abs. 1 GV). Die Vertragspartner stellen ihre Rechnungen unter dem gemeinsamen Namen, aber für eigene Rechnung aus (§ 5 Abs. 2 GV). Es werden getrennte Konten geführt, für die jeder Gesellschafter allein haftet (§ 5 Abs. 3 GV). Einnahmen und Ausgaben der jeweiligen Partner werden in getrennten Buchungskreisen erfasst. Jeder Partner ermittelt das Betriebsergebnis für seinen jeweiligen Bereich völlig getrennt von den Partnern (§ 5 Abs. 4 GV). Für die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung werden die einzelnen Bereiche zusammengefasst und entsprechend ihres jeweiligen Ergebnisses der Steuer unterworfen (§ 5 Abs. 5 GV).

Alle der gemeinschaftlichen Berufsausübung der Partner dienenden Gegenstände bleiben Vermögen des einzelnen Partners, der den Vermögensgegenstand in die Partnerschaft einbringt (§ 6 Abs. 1 GV). Der eingebrachte Praxiswert bleibt Vermögen des jeweiligen Partners. Der aus neu erworbenen Mandaten entstehende Praxiswert steht dem jeweiligen Partner uneingeschränkt allein zu (§ 6 Abs. 2 GV).

In I haben die Vertragspartner gemeinschaftliche Büroräume. Angeschaffte Einrichtungen werden, soweit nichts anderes vereinbart wird, Eigentum der Sozietät (§ 7 Abs. 1, 2 GV). Die Partnerschaft schließt für jeden Partner und Mitarbeiter eine Berufshaftpflichtversicherung in gleicher Höhe (Deckungssumme zunächst 2.000.000 DM) Für den Ersatz von Vermögensschäden, die durch Verletzung des Beratungs- bzw. Anwaltsvertrages entstehen, haftet die Partnerschaft dem geschädigten Auftraggeber als Gesamtschuldner, soweit nicht nur ein Partner Auftragnehmer war. Im Innenverhältnis haftet jeweils der Partner, der den Schaden zu vertreten hat, den anderen Partnern, soweit der Schaden nicht durch die Versicherungssumme gedeckt ist (§ 8 GV).

Jeder Vertragspartner ist bei der Einstellung und Entlassung von Personal unabhängig. Einer Zustimmung des Partners bedarf es nicht (§ 9 GV). Die mit der Bürogemeinschaft in Zusammenhang stehenden Kosten werden verursachungsgerecht ermittelt (§ 10 GV).

Die Parteien vereinbaren die gegenseitige Vertretung bei Krankheit oder Urlaub (§ 11 GV). Stirbt ein Partner, erhalten die Erben aus der Gesellschaft den buchmäßigen Wert des gemeinschaftlichen Vermögens (§ 14 GV).

Mit Vertrag zwischen dem Kl. und Frau Dipl.-Ök. … U vom 09.04.1996 wird der Eintritt von Frau U in die Sozietät zum 01.07.1996 vereinbart. Nach § 1 des Vertrages erwirbt Frau U zu einem Kaufpreis von 425.000 DM einen Anteil in Höhe von 25 % der Beteiligung des Kl. an der Sozietät L/B/T. Der nach Abzug der vereinbarten Tätigkeitsvergütung von je 10.000 DM/Monat verbleibende Gewinn wird im Verhältnis ¾ zu ¼ verteilt. Stirbt ein Partner, erhalten die Erben eine Abfindung in Höhe des Anteils des Zeitwerts der Vermögensgegenstände abzüglich des Anteils der Schulden zuzüglich des anteiligen Praxiswertes. Der Praxiswert beträgt 130 % des durchschnittlichen Umsatzes der letzten drei Jahre.

Zum 30.12.1998 sind Steuerberater T und Steuerberaterin U aus der GbR. im Wege der Realteilung ausgetreten und haben ihre Anteile in die neu gegründete...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge