Zu sagen, dass vieles nicht aufeinanderpasst, ist zwar etwas übertrieben, aber einige logische Brüche bietet das KSVG nach 30 Jahren Rechtsprechung dem Anwender in der Unternehmenspraxis durchaus. Und doch sei der Leser beruhigt: Für die Unternehmenspraxis der Verwerter lässt sich das Thema der Künstlersozialabgabe soweit einkochen und vereinfachen, dass kaum noch logische Brüche verbleiben oder sich diese sogar auflösen, weil die (auch sinnvolle) Begründung für einen scheinbaren Bruch nur nicht erkennbar war.

Beispiel ist der Umstand, dass zwar Künstler, die im Ausland ansässig sind, nicht in die KSK als Versicherte kommen, gleichwohl ein inländischer Verwerter auf ein gezahltes Honorar die Künstlersozialabgabe leisten muss. Der Grund: Andernfalls wäre der im Inland wohnende Künstler teurer als der Kollege im Ausland, und diese Diskriminierung über den Preis soll vermieden werden. Aus diesem Grund spielt auch die Versicherungspflicht eines Künstlers keine Rolle – die Abgabe wird auch bei Künstlern fällig, die nicht über die KSK versichert werden, eben, um sie gegenüber den anderen nicht teurer werden zu lassen.

Fakt aber ist, dass die Bearbeitung der Künstlersozialabgabe im Unternehmensalltag im Verhältnis zum Ertrag aufseiten der KSK einen letztlich unverhältnismäßigen zeitlichen Aufwand mit sich bringt. Umgekehrt zur allfälligen Erwartung ist der Aufwand dabei gerade umso größer, je größer ein abgabepflichtiger Verwerter ist. Bei meinen Inhouse-Schulungen stelle ich immer wieder fest, wie schwierig es für sie teilweise ist, interne Prozesse so umzustellen, dass der Zweck – optimale und effiziente Bearbeitung der KSK-Fragen – erfüllt wird, ohne dadurch andere Bearbeitungsprozesse zu erschweren. Denn die Abgabe bringt eine Schwierigkeit mit sich, die vom seinerzeitigen Gesetzgeber kaum auch nur geahnt werden konnte, als er die KSK schuf: Anders als bei anderen Rechtsgebieten genügt es nicht, wenn sich intern ein Kollege mit der Materie auskennt, den man bei Bedarf fragen kann. Das Thema erfordert vielmehr von allen betroffenen Mitarbeitern die gleiche Kenntnis – von der Marketingabteilung oder dem Artbuying bis zur Buchhaltung. Denn nur so kann verhindert werden, dass beispielsweise bei der Beauftragung ein – selten gegebenes – Einsparpotenzial übersehen wird. Erschwert wird dies durch den häufig zu beobachtenden Umstand, dass das Thema KSK allgemein auf die Buchhaltung abgeschoben wird; die Buchhaltung kann aber nicht mehr retten, was bei der Auftragsvergabe verbockt wurde. Durch das Erfordernis, die meisten Mitarbeiter auf dem gleichen Stand halten zu müssen, steigen aber die Kosten für Schulungen etc. an, zusätzlich zu der ohnehin zu zahlenden Abgabelast.

Aber auch alle Bemühungen vonseiten vieler Verwerter-Verbände, hier Vereinfachungen zu schaffen, sind bislang gescheitert. Dass das Bundesverfassungsgericht durchaus genau hinsieht, ob die Künstlersozialabgabe den verfassungsrechtlichen Anforderungen an den Gleichheitsgrundsatz entspricht, hat es mit seiner Entscheidung im Jahr 1987 gezeigt und den Gesetzgeber zu der bedeutenden Änderung gezwungen, auch alle sog. Eigenwerber in die Abgabepflicht mit einzubeziehen. Diese Entscheidung führte dazu, dass nicht nur Theater, Verlage oder Werbeagenturen die Abgabe zahlen müssen, sondern alle Verwerter künstlerischer Leistungen, und sei es ein Autohaus, ein Bäcker oder eine Steuerkanzlei, soweit sie nur regelmäßig etwa freie Grafiker, Texter oder Werbefotografen für die Eigenwerbung beauftragen.

Die Bemühungen einiger Verwerter-Verbände, Vereinfachungen zu erreichen, zeigen aber auch immer wieder, dass selbst bei ihnen das nötige Know-how in Sachen KSVG häufig fehlt. Viele Verbesserungsvorschläge halten schon einer einfachen Prüfung nicht stand und haben keinerlei Chance, in die Tat umgesetzt werden zu können. Dies deckt sich mit der Erfahrung, dass allzu oft Verbände ihre Mitglieder gar nicht erst ausreichend über die Künstlersozialabgabe informieren – selbst in Bereichen, die für ein Unternehmen existenziell werden können wie die Abgabe auf die Geschäftsführerbezüge etwa bei Werbe- und PR-GmbHs.

Unterm Strich werden wir daher auch künftig weiter mit dem Thema konfrontiert sein, aber mit der erfreulichen Botschaft, dass sich die Bearbeitung im Alltag vereinfachen lässt auf wenige Grundzüge, die beachtet und abgearbeitet werden müssen. Und dass sich dann all das Undurchdringliche und Schwammige weitgehend auflöst und damit auch das eintritt, was alle diejenigen, die im Unternehmen die Abgabe bearbeiten müssen, wünschen: Sicherheit bei der Anwendung des KSVG.

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