Rz. 49

Bei der Auswahlentscheidung hinsichtlich eines unmittelbaren Zulieferers sollen die menschenrechtsbezogenen Erwartungen des Unternehmens berücksichtigt werden. Die Gesetzesbegründung schlägt vor, diese als festen Bestandteil einer Lieferantenbewertung zu etablieren, welche bei der Evaluierung eines neuen Vertragspartners zur Anwendung kommen sollen.[1]

Eine vertragsrechtlich vom Unternehmen umzusetzende Präventionsmaßnahme findet sich in § 6 Abs. 4 Nr. 2 LkSG: Das Unternehmen muss seinen unmittelbaren Zulieferer vertraglich verpflichten, die von der Geschäftsleitung des Unternehmens verlangten menschenrechts- und umweltbezogenen Erwartungen einzuhalten und sodann gegenüber den eigenen Zulieferern bzw. der gesamten Lieferkette weiterzugeben. Durch entsprechende Weitergabeklauseln soll sichergestellt sein, dass die vom Unternehmen festgelegten Standards entlang der gesamten Lieferkette Beachtung finden. In der Gesetzesbegründung wird ferner exemplarisch darauf hingewiesen, dass die Unternehmen vertraglich festlegen können, von welchem (zertifizierten) Vorlieferanten ihr Vertragspartner einkaufen darf, aus welchen (zertifizierten) Regionen die Produkte stammen sollen sowie welche (zertifizierten) Fabriken in Betracht kommen.[2]

 

Rz. 50

Um ihre Verpflichtungen nach dem LkSG zu erfüllen, werden die allermeisten Unternehmen zum Instrument der Vertragsanpassung greifen und insbes. versuchen, Weitergabeklauseln durchzusetzen. Es bleibt abzuwarten, ob es in einigen Ländern mit größerem politischen Selbstbewusstsein zu Widerstand gegen diese de facto extraterritoriale Regulierung seitens des deutschen Gesetzgebers kommt. Fraglich ist auch, ob derartige vertikale Vertragsvorgaben immer mit dem Kartellrecht in den Herkunftsländern der Zulieferer konform gehen bzw. ob nicht auch deutsches bzw. europäisches Kartellrecht weitreichenden vertikalen Verpflichtungen Grenzen setzt. Das kartellrechtliche Selbstständigkeitspostulat verlangt, dass jedes Unternehmen sein Marktverhalten grds. autonom definiert.[3]

 

Rz. 51

Weiterhin erwartet das LkSG zur effektiven Durchsetzung der vertraglichen Zusicherungen von den Unternehmen Schulungen und Weiterbildungen der unmittelbaren Zulieferer. Schließlich obliegt den Unternehmen auch die Pflicht, vertraglich Kontrollmechanismen gegenüber dem unmittelbaren Zulieferer zu vereinbaren, durch die geprüft werden soll, ob dieser die Vorgaben tatsächlich einhält. Die Kontrolle kann durch eigene Begehung vor Ort, durch mit Audits beauftragte Dritte oder durch Nutzung anerkannter Zertifizierungssysteme erfolgen. Wenn das Unternehmen Dritte mandatiert, entbindet dies nicht von der eigenen Verantwortung.[4]

[1] BT-Drs. 19/28649 v. 19.4.2021, S. 47.
[2] BT-Drs. 19/28649 v. 19.4.2021, S. 48.
[3] Ausführlicher zum Spannungsverhältnis des LkSG mit dem Kartellrecht: Wagner/Ruttloff/Wagner, 2022, Rn. 1140ff.
[4] BT-Drs. 19/28649 v. 19.4.2021, S. 48.

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