Zusammenfassung

 
Begriff

Wertaufholung bedeutet, dass Vermögensgegenstände (handelsrechtlich) oder Wirtschaftsgüter (steuerrechtlich) nach einer außerplanmäßigen Abschreibung, die in einem früheren Jahresabschluss erfolgt ist, auf den tatsächlich bestehenden höheren Wert zugeschrieben werden.

Verbindlichkeiten und Rückstellungen werden entsprechend von einem höheren Wertansatz, der durch Zuschreibung in einem früheren Jahresabschluss gebildet worden ist, auf den tatsächlich bestehenden niedrigeren Wert abgeschrieben ("strenges Wertminderungsgebot"[1]).

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Handelsrechtlich ergibt sich die Wertaufholung der Vermögensgegenstände aus § 253 Abs. 5 Satz 1 HGB. Steuerrechtlich folgt die Wertaufholung der Wirtschaftsgüter aus § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4, Nr. 2 Satz 3 EStG und aus § 7 Abs. 1 Satz 7 2. Halbsatz EStG. Für Verbindlichkeiten besteht die Wertaufholung (bzw. Wertminderung) auf einen niedrigeren Ansatz handelsrechtlich aus § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB und steuerrechtlich aus § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG und für Rückstellungen handelsrechtlich aus § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB sowie steuerrechtlich aus dem Maßgeblichkeitsgrundsatz gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG. (International ist die Wertaufholung in IAS 36 "Impairment of Assets" geregelt).

Das BMF hat sich zur Wertaufholung im Schreiben v. 2.9.2016 geäußert.[2]

[1] Kiesel, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG KStG Kommentar, § 6 EStG Rz. 697, Stand: 8/2023.

1 Vermögensgegenstände: Was bei der Wertaufholung handels- und steuerrechtlich beachtet werden muss

1.1 Handelsrechtlich zulässige Zu- und Abschreibungen

1.1.1 Handelsrechtliche Abschreibungen

In Jahresabschlüssen und Konzernabschlüssen gibt es für alle Unternehmen – Einzelunternehmen, Personengesellschaften, Kapitalgesellschaften und KapCo-Gesellschaften – nur noch folgende Abschreibungen:

 
Vermögensgegenstände Nr. Abschreibung Vorschrift HGB
Anlagevermögen

1a

1b

Planmäßige Abschreibung für abnutzbare Anlagegegenstände (Abschreibungsgebot)

Planmäßige Abschreibung eines selbst erstellten immateriellen Vermögensgegenstands (bzw. Geschäfts- oder Firmenwerts) dessen voraussichtliche Nutzungsdauer nicht verlässlich geschätzt werden kann (Ausnahmenfall)

§ 253 Abs. 3 Sätze 1, 2

§ 253 Abs. 3 Sätze 3, 4
2 Außerplanmäßige Abschreibung für abnutzbare und nicht abnutzbare Anlagegegenstände bei voraussichtlich dauernder Wertminderung (Abschreibungsgebot) § 253 Abs. 3 Satz 5
3 Außerplanmäßige Abschreibung bei voraussichtlich nicht dauernder Wertminderung der Finanzanlagen (Abschreibungswahlrecht) § 253 Abs. 3 Satz 6
Umlaufvermögen 4 Abschreibung auf einen niedrigeren aus einem Börsen- oder Marktpreis sich ergebenden Wert (Abschreibungsgebot) § 253 Abs. 4 Satz 1
5 Abschreibung auf den niedrigeren Stichtagswert, wenn ein niedrigerer Börsen- oder Marktpreis nicht feststellbar ist (Abschreibungsgebot) § 253 Abs. 4 Satz 2

Tab. 1: Handelsrechtliche Abschreibungsarten

1.1.2 Handelsrechtliche Zuschreibungen

1.1.2.1 Übersicht Zuschreibungsgebote und -verbote

Nach § 253 Abs. 5 Satz 1 HGB dürfen niedrigere Wertansätze aufgrund der Abschreibungen nach Nrn. 2 – 5 der Tabelle[1] nicht beibehalten werden, wenn die Gründe dafür nicht mehr bestehen. Aber ein niedrigerer Wertansatz eines entgeltlich erworbenen Geschäfts- oder Firmenwerts muss nach § 253 Abs. 5 Satz 2 HGB beibehalten werden, da sich durch die Wertaufholung eventuell ein originärer Geschäfts- oder Firmenwert ergeben würde (Ansatzverbot, nach § 246 HGB darf nur der derivative Geschäfts- oder Firmenwert aktiviert werden).[2]

Für die Wertaufholung ergibt sich daher, wenn die Gründe für diese Abschreibungen nicht mehr bestehen:

 
Anlagevermögen Umlaufvermögen
Abnutzbare Anlagegegenstände außer Geschäfts- oder Firmenwert: Zuschreibungsgebot bis zur Höhe des Werts aufgrund fortgeführter planmäßiger Abschreibung Geschäfts- oder Firmenwert: Zuschreibungsverbot Zuschreibungsgebot bis zur Höhe der Anschaffungs- oder Herstellungskosten
Nicht abnutzbare Anlagegegenstände: Zuschreibungsgebot bis zur Höhe der Anschaffungs- oder Herstellungskosten  

Tab. 2: Zuschreibungsgebote und -verbote

[2] Bertram/Heusinger-Lange, in: Haufe HGB Bilanzkommentar, Stand: 4.9.2023, § 253 HGB, Rz. 338.

1.1.2.2 Wertaufholungsgebot für Vermögensgegenstände

In § 253 Abs. 5 Satz 1 HGB wurde ein umfassendes und rechtsformunabhängiges Wertaufholungsgebot bezüglich aller Formen von außerplanmäßigen Abschreibungen bestimmt. Es sind auch Genossenschaften, Personenhandelsgesellschaften und Einzelkaufleute zur Wertaufholung verpflichtet.[1]

 
Hinweis

Die Wertaufholung betrifft nur die außerplanmäßigen Abschreibungen

Bei den abnutzbaren Anlagegegenständen betrifft die Wertaufholung nur die außerplanmäßigen Abschreibungen. Überhöhte planmäßige Abschreibungen fallen nicht unter das Gebot der Wertaufholung. Ebenfalls nicht unrichtig vorgenommene Abschreibungen. Das Zuschreibungsgebot betrifft daher nur Abschreibungen, die in Übereinstimmung mit den Vorschriften erfolgt sind.[2]

Das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift. Hiernach werden nur außerplanmäßige Abschreibungen der Anlagegegenstände und die Abschreibungen der Umlaufgegenstände auf den niedrigeren Wert erfasst, bei denen die Gründe für die Abschreibung n...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Finance Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge