Leitsatz

Auch bei einer nach Versäumung der Ausschlußfrist gemäß § 364b AO 1977 erhobenen Klage ist das FG verpflichtet, die mündliche Verhandlung nach Maßgabe des § 79 Abs. 1 FGO vorzubereiten und alle prozeßleitenden Maßnahmen zu ergreifen, um den Rechtsstreit nach Möglichkeit bis zur mündlichen Verhandlung zur Entscheidungsreife zu bringen. Auf welchen Tag die mündliche Verhandlung angesetzt wird, ist in einem solchen Fall vom FG unter Berücksichtigung seiner Geschäftslage nach pflichtgemäßem Ermessen zu bestimmen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 10.06.1999, IV R 23/98

Anmerkung

Die Entscheidung IV R 23/98 betrifft Stpfl., deren Besteuerungsgrundlagen vom FA geschätzt wurden, weil sie keine Erklärungen abgegeben hatten. Da sie auch im Einspruchsverfahren bis zum Ablauf der Ausschlußfrist (§ 364 b AO) keine vollständigen Erklärungsunterlagen einreichten, wies das FA den Einspruch unter Hinweis auf den Ablauf der Ausschlußfrist ohne weitere Prüfung der vorhandenen Unterlagen zurück. Auch die Klage wies das FG ab. Nach Auffassung des FG bestehen gegen die Schätzung keine Bedenken. Die Fristsetzung durch das FA sei rechtmäßig und mit einer ordnungsmäßigen Belehrung versehen gewesen. Die Klägerinnen hätten die Ausschlußfrist ohne genügende Entschuldigung versäumt. Die inzwischen eingereichten Feststellungserklärungen wies das FG nach § 76 Abs. 3 i.V.m. § 79 b Abs. 3 FGO zurück.

Der BFH hob das Urteil des FG auf und verwies die Sache an das FG zurück, weil das FG sein Ermessen bei der Zurückweisung der Feststellungserklärungen nicht fehlerfrei ausgeübt habe. Eine Zurückweisung von Erklärungen und Beweismitteln dürfe nicht erfolgen, wenn es dem Gericht mit geringem Aufwand möglich ist, den Sachverhalt auch ohne die Mitwirkung des Beteiligten zu ermitteln. Selbst wenn weitere Aufklärung erforderlich gewesen sein sollte, hätte das FG nicht davon ausgehen dürfen, daß die Zulassung des verspäteten Vorbringens den Rechtsstreit verzögern würde. Zu einer Verzögerung des Rechtsstreits könne es keinesfalls kommen, wenn eine Erledigung in der ersten vom FG nach pflichtgemäßem Ermessen terminierten mündlichen Verhandlung möglich ist.

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