Steuerrechtlich sind Rückstellungen für Verpflichtungen abzuzinsen. Ab dem Kalenderjahr 1999 schreibt das Steuerrecht für derartige Verbindlichkeiten eine Abzinsung von 5,5 % vor (Abzinsungsgebot).[1], [2]

4.5.1 Ausnahmen von der Verzinsung

Eine Abzinsung unterbleibt, wenn

  • die Laufzeit der Rückstellung am Bilanzstichtag weniger als 12 Monate beträgt,
  • die ungewisse Verbindlichkeit verzinslich ist (z. B. Steuerschulden, die nach § 233 a AO verzinst werden) oder
  • die Rückstellung auf einer Anzahlung oder Vorausleistung beruht.

     
    Hinweis

    Keine bilanzsteuerliche Abzinsung von unverzinslichen Verbindlichkeiten

    Bisher mussten unverzinsliche Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von mindestens 12 Monaten unter Berücksichtigung eines Zinssatzes von 5,5 % abgezinst werden.[1]

    Für Wirtschaftsjahre, die zum 1.1.2023 beginnen entfällt diese Verpflichtung. Soweit die Steuerbescheide noch nicht bestandskräftig sind, kann diese Regelung auch schon für die Vorjahre einheitlich beantragt werden.

    Bei Rückstellungen bleibt das Abzinsungsgebot nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e EStG nach wie vor bestehen.

4.5.2 Vervielfältiger für die Abzinsung einer unverzinslichen Schuld

Bei der Bewertung ist der Vervielfältiger aus § 12 Abs. 3 (Tabelle 2) maßgebend. In der Tabelle ist der Vervielfältiger für die Abzinsung einer unverzinslichen Forderung oder Schuld im Nennwert von 1 EUR angegeben, wobei ein Zinssatz von 5,5 % berücksichtigt ist. Das ist auch der Zinssatz, der bei der Abzinsung von Verbindlichkeiten zugrunde gelegt werden muss.

In der folgenden Tabelle sind Vervielfältiger für die Abzinsung einer unverzinslichen Schuld aufgelistet, die nach einer bestimmten Zeit in einem Betrag fällig ist (im Nennwert von 1 EUR).

 
Laufzeit in Jahren maßgebender Vervielfältiger   Laufzeit in Jahren maßgebender Vervielfältiger   Laufzeit in Jahren maßgebender Vervielfältiger
1 0,948   36 0,146   71 0,022
2 0,898   37 0,138   72 0,021
3 0,852   38 0,131   73 0,020
4 0,807   39 0,124   74 0,019
5 0,765   40 0,117   75 0,018
               
6 0,725   41 0,111   76 0,017
7 0,687   42 0,106   77 0,016
8 0,652   43 0,100   78 0,015
9 0,618   44 0,095   79 0,015
10 0,585   45 0,090   80 0,014
               
11 0,555   46 0,085   81 0,013
12 0,526   47 0,081   82 0,012
13 0,499   48 0,077   83 0,012
14 0,473   49 0,073   84 0,011
15 0,448   50 0,069   85 0,011
               
16 0,425   51 0,065   86 0,010
17 0,402   52 0,062   87 0,009
18 0,381   53 0,059   88 0,009
19 0,362   54 0,056   89 0,009
20 0,343   55 0,053   90 0,008
               
21 0,325   56 0,050   91 0,008
22 0,308   57 0,047   92 0,007
23 0,292   58 0,045   93 0,007
24 0,277   59 0,042   94 0,007
25 0,262   60 0,040   95 0,006
               
26 0,249   61 0,038   96 0,006
27 0,236   62 0,036   97 0,006
28 0,223   63 0,034   98 0,005
29 0,212   64 0,032   99 0,005
30 0,201   65 0,031   100 0,005
               
31 0,190   66 0,029      
32 0,180   67 0,028      
33 0,171   68 0,026      
34 0,162   69 0,025      
35 0,154   70 0,024      

Tab 1: Vervielfältiger für die Abzinsung einer unverzinslichen Schuld.

 
Wichtig

Kurzfristige Rückstellungen werden nicht abgezinst

Eine Abzinsung erfolgt nicht, wenn die Verpflichtung innerhalb von 12 Monaten nach dem Bilanzstichtag erfüllt wird, d. h., wenn die Restrukturierung innerhalb dieses Zeitrahmens abgeschlossen ist.

4.5.3 Laufzeit der Rückstellung umfasst nicht immer volle Jahre

Bei der Einzelbewertung einer Restrukturierungsmaßnahme beträgt die Laufzeit i. d. R. nicht immer volle Kalenderjahre. Die o. g. Tabelle beinhaltet aber nur die Werte für volle Kalenderjahre.

Bei unterjähriger Laufzeit muss ein Zwischenwert ermittelt werden. Dies bezeichnet man als interpolieren. Die (verbleibende) Laufzeit einer Restrukturierungsverpflichtung ist taggenau zu berechnen. Dabei kann aus Vereinfachungsgründen das Kalenderjahr mit 360 Tagen, jeder volle Monat mit 30 Tagen, der Monat, in dem der Fälligkeitstag liegt, mit der Anzahl der tatsächlichen Tage einschließlich des Fälligkeitstags, höchstens jedoch mit 30 Tagen, gerechnet werden.

 
Praxis-Beispiel

Laufzeit einer Restrukturierungsverpflichtung von 1 Jahr, 3 Monaten und 10 Tagen

Die Restlaufzeit einer Garantieleistungsverpflichtung (500.000 EUR) beträgt am Bilanzstichtag noch 1 Jahr, 3 Monate und 10 Tage. Bei Anwendung der Vereinfachungsregelung ist der maßgebende Vervielfältiger laut obiger Tabelle wie folgt zu interpolieren:

 
Vervielfältiger für 2 Jahre: 0,898
Vervielfältiger für 1 Jahr: 0,948
Differenz: – 0,050
   
3/12 von 0,050 0,0125
10/360 von 0,050 0,00138
Summe 0,01388
gerundet 0,01400
   
Vervielfältiger für 1 Jahr: 0,948
./. Vervielfältiger für 3 Monate und 10 Tage – 0,014
interpoliert: 0,934
   
Garantieleistungsverpflichtung  
500.000 EUR × 0,934 = 467.000 EUR

Kontrollrechnung:

 
Vervielfältiger für 1 Jahr: 0,948
Vervielfältiger für 2 Jahre: 0,898
Differenz: + 0,050
   
8/12 von 0,050 0,033333
20/360 von 0,050 0,002777
Summe 0,03611
gerundet 0,0361
   
Vervielfältiger für 2 Jahre: 0,898
+ Vervielfältiger für 8...

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