Leitsatz

1. Bei der Anwendung der Grenzgängerregelung in Art. 15a DBA-Schweiz 1971/1992 zählen Dienstreise­tage mit Übernachtungen im Ansässigkeitsstaat zu den "Nichtrückkehrtagen" (Bestätigung des Senatsurteils vom 11.11.2009, I R 15/09, BFH/NV 2010, 530, BFH/PR 2010, 191).

2. Eintägige Dienstreisen in Drittstaaten führen nicht zu Nichtrückkehrtagen (Bestätigung des Senatsurteils vom 11.11.2009, I R 15/09, BFH/NV 2010, 530, BFH/PR 2010, 191).

3. Der Tag, an dem der Arbeitnehmer von einer mehrtägigen Dienstreise in Drittstaaten an seinen Wohnsitz zurückkehrt, zählt nicht als Nichtrückkehrtag. Ein Nichtrückkehrtag liegt dagegen vor, wenn der Arbeitnehmer an diesem Tag mit der Rückreise beginnt, aber erst am Folgetag an seinen Wohnsitz zurückkehren kann (Bestätigung des Senatsurteils vom 11.11.2009, I R 15/09, BFH/NV 2010, 530, BFH/PR 2010, 191).

4. Ein Tag, an dem der Arbeitnehmer aufgrund einer nicht selbstständigen Tätigkeit für einen nicht in der Schweiz ansässigen Arbeitgeber nicht an seinen Wohnsitz zurückkehrt, ist kein Nichtrückkehrtag. Jedoch kann eine Tätigkeit auch dann "für einen in der Schweiz ansässigen Arbeitgeber" ausgeübt werden, wenn jener Arbeitgeber den Arbeitnehmer zu einer Tochtergesellschaft entsendet und der Arbeitnehmer dort die Interessen des Schweizer Arbeitgebers wahrnehmen soll.

5. Erzielt ein Arbeitnehmer im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses mit einem Schweizer Arbeitgeber Einkünfte aus einer in Deutschland oder in einem Drittstaat ausgeübten Tätigkeit, so "stammen" diese Einkünfte nicht i.S.d. § 34c Abs. 6 S. 4 EStG 1997 i.d.F. des StBereinG 1999 aus der Schweiz. Eine auf diese Einkünfte erhobene Schweizer Steuer kann deshalb unter den Voraussetzungen des § 34c Abs. 3 EStG 1997 i.d.F. des StBereinG 1999 bei der Ermittlung der in Deutschland zu besteuernden Einkünfte des Arbeitnehmers abgezogen werden.

 

Normenkette

Art. 15 Abs. 1, Art. 15a, Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d DBA-Schweiz 1971/1992, § 34c Abs. 3 und Abs. 6 S. 1 und 4 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger wohnte im Inland und war bei einer Schweizer AG nicht selbstständig tätig. Er arbeitete 2000 sowie im Streitjahr 2002 teilweise bei einer Tochtergesellschaft der AG in den USA. Zu diesem Zweck wurde er für die betreffenden Zeiträume "versetzt". Er blieb während dieser Zeit bei der AG "unter Vertrag"; eine Vereinbarung über seine Tätigkeit in den USA wurde nicht abgeschlossen. Die AG nahm weiterhin die Lohnzahlung sowie Abzüge für Sozialversicherung, Pensionskasse und Quellensteuer vor.

Der Kläger ging davon aus, mit seinen Einkünften nicht als Grenzgänger i.S.d. Art. 15a DBA-Schweiz 1971/1992 der Besteuerung im Inland zu unterliegen. Das Besteuerungsrecht stehe ausschließlich der Schweiz zu, weil der Kläger leitender Angestellter i.S.d. Art. 15 Abs. 4 S. 1 DBA-Schweiz 1971/1992 sei. Das FA war anderer Auffassung.

Die daraufhin erhobene Klage hatte teilweise Erfolg. Das FG entschied, dass das FA die Einkünfte des Klägers zu Recht der Besteuerung unterworfen habe, die in der Schweiz erhobene Quellensteuer aber gem. § 34c Abs. 3 EStG bei der Ermittlung der Einkünfte des Klägers abzuziehen sei (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 12.03.2009, 3 K 4105/08, Haufe-Index 2292348, EFG 2010, 778).

 

Entscheidung

Der BFH hob das FG-Urteil (Revision sowohl des Klägers als auch des FA) auf und verwies die Sache zur weiteren Sachaufklärung an das Tatgericht zurück:

Zum einen seien die Nichtrückkehrtage anders zu gewichten und zu zählen. Per Saldo sei der Kläger danach nicht als Grenzgänger anzusehen; seine Arbeitseinkünfte seien vollen Umfangs in der Schweiz zu versteuern und in Deutschland freizustellen. Es bedürfe indes weiterer Feststellungen zum Umfang jener Einkünfte.

Zum anderen gelinge der vom Kläger begehrte Abzug der Schweizer Steuer bei der Ermittlung der ESt-Bemessungsgrundlage in Deutschland. Das gelte aber nur, wenn die in der Schweiz erhobene Steuer keinem Ermäßigungsanspruch mehr unterfalle. Auch das sei weiter aufzuklären.

 

Hinweis

1. Der Streit drehte sich einmal mehr um die "leidige" Grenzgängerfrage nach dem DBA-Schweiz, und dazu hatte der BFH in jüngerer Zeit eine Reihe von Grundsatz- wie Einzelfallentscheidungen getroffen, denen sich die Finanzverwaltung auch im Großen und Ganzen angeschlossen hat. Im Kern geht es dabei um die Berechnung der sog. Nichtrückkehrtage. Diese Nichtrückkehrtage setzten die quantitative "Grenzmarke" dafür dar, ob das Besteuerungsrecht trotz der nicht selbstständigen Tätigkeit im anderen Vertragsstaat im Ansässigkeitsstaat verbleibt. Sie wird in Art. 15a Abs. 1 DBA-Schweiz mit 60 Arbeitstagen im Kalenderjahr fixiert.

a) Auf dieser Basis decken sich die Aussagen, welche der BFH in den Leitsätzen 1 bis 3 des Besprechungsfalls wiedergibt, mit dem Urteil vom 11.11.2009, I R 15/09 und auf die Praxis-Hinweise in BFH/PR 2010, 191 ist dazu zu verweisen. Eine Ergänzung findet sich lediglich im Leitsatz 4 für einen Arbeitnehmer, der von seinem Schweizer Arbeitgeber ins Ausland zu einer Tochtergesellschaft "entsandt" wird; diese ...

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