Entscheidungsstichwort (Thema)

Grenzgängereigenschaft nach DBA-Schweiz. keine Nichtrückkehrtage bei Rückreise aus Drittland, an Sonn- und Feiertagen bei Geschäftsreise und Tätigkeit im Inland. Entsendung eines Grenzgängers in Drittstaaten. Anrechnung abkommenswidrig erhobener Quellensteuer

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die zeitweise Tätigkeit eines in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Arbeitnehmers in Drittstaaten führt, bei einer Fortdauer des Beschäftigungsverhältnisses mit dem Schweizer Arbeitgeber, nicht zum Verlust der Grenzgängereigenschaft für das ganze Kalenderjahr.

2. Bei der Tätigkeit in Drittstaaten ist die Anzahl von 60 schädlichen Nichtrückkehrtagen nicht zu kürzen.

3. Die Grenzgängereigenschaft i. S. d. Art. 15a DBA-Schweiz setzt voraus, dass der Arbeitnehmer die Grenze regelmäßig überquert. Dies erfordert kein tägliches jedoch mehr als nur ein gelegentliches Überqueren der Grenze zur Schweiz.

4. Der Arbeitsort des Arbeitnehmers befindet sich bei einem Aufenthalt in Drittstaaten am Ort des Arbeitgebers, wenn der Arbeitnehmer weiter in den Betrieb des Arbeitgebers eingegliedert ist.

5. Wird ein Arbeitnehmer von der Konzernobergesellschaft in die ausländische Tochtergesellschaft entsandt, um dort Koordinierungs-, Integrations- und Kontrolltätigkeiten wahrzunehmen, dient die Tätigkeit dem entsendenden Unternehmen.

6. Keine für die Grenzgängereigenschaft schädlichen Nichtrückkehrtage sind Tage, an denen der Grenzgänger von mehrtägigen Geschäftsreisen aus Drittstaaten an seinen Wohnsitz zurückkehrt und Arbeitstage in der BRD.

7. Sind Wochend- und Feiertage keine im Arbeitsvertrag vereinbarte Arbeitstage, sind sie auch dann keine für die Grenzgängereigenschaft schädlichen Nichtrückkehrtage i. S. d. Art. 15a Abs. 2 S. 2 DBA-Schweiz, wenn sie auf einer Geschäftsreise verbracht werden und der Arbeitgeber die Reisekosten übernimmt.

8. Zwischenstaatlichen Verständigungsvereinbarungen kommt keine unmittelbare Gesetzeskraft zu.

9. Das inländische Besteuerungsrecht hinsichtlich der Einkünfte des Grenzgängers aus unselbständiger Arbeit, die in Drittstaaten ausgeübt wird, ergbit sich aus den DBA, die Deutschland mit diesen Drittstaaten abgeschlossen hat.

10. Abkommenswidrig von der Schweiz einbehaltene Quellensteuer ist nach § 34c Abs. 3 Atl. 3 EStG bei der Ermittlung der Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit abzuziehen.

11. Ein Handlungsbevollmächtigter i. S. v. Art. 462 des Schweizer Oblgationenrechts ist kein leitender Angestellter i. S. d. Art.15 Abs. 4 S. 1 DBA-Schweiz

 

Normenkette

DBA CHE Art. 15a, 15 Abs. 2, 4 S. 1; EStG § 34c Abs. 3 Alt. 3; Schweizer Obligationenrecht Art. 462

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 17.11.2010; Aktenzeichen I R 76/09)

 

Tenor

1. Unter Änderung des Einkommensteuerbescheides vom 17. Februar 2003 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 24. Januar 2006 wird die Einkommensteuer auf xx.xxx DM festgesetzt. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu 66.92 v.H., der Beklagte zu 33.08 v.H. zu tragen.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung von mehr als 1.500 EUR, darf die Vollstreckung nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von des darin festgesetzten Erstattungsbetrages erfolgen. In anderen Fällen kann der Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder durch Hinterlegung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der am xx.xx xxxx geborene Kläger wird für den Veranlagungszeitraum 2001 (Streitjahr) mit seiner Ehefrau zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger war im Streitjahr im Inland, in X/Deutschland ansässig. Der Kläger hat eine Ausbildung als Diplom-Chemiker absolviert. Die Ehefrau, deren ausgeübter Beruf Hausfrau ist, erzielte aus dieser Tätigkeit und auch im übrigen keine steuerpflichtigen Einkünfte.

Nach dem Beschluss des Verwaltungsrates der Q AG (im folgenden: Q AG, bei der der Kläger seit dem 1. September 1985 beschäftigt ist) vom 4. Dezember 1991 wurde dem Kläger die nicht im Schweizerischen Handelsregister eintragbare (Meier-Hayoz/Forstmoser, Schweizerisches Gesellschaftsrecht, 10. Aufl., 2007, § 9 Rn. 54; Art. 20 Abs. 2 Handelsregisterverordnung [HRegV] Handlungsvollmacht erteilt (Hinweis Bl. 93-103 [Bl. 101] der FG-Akten; vgl. in diesem Zusammenhang: Art. 716a Abs. 1 Nr. 4 OR in Verbindung mit Art. 721 OR und Art. 462 OR mit Art. 462 des Obligationenrechts vom 30. März 1911 – OR –). Als Handlungsbevollmächtigter hatte er unter Beifügung der seine Ermächtigung kennzeichnenden Abkürzung „i.V.” oder „p.m.” (Art. 462 OR) zu zeichnen.

Dem Finanzgericht (FG) wurden – mit Ausnahme des vorgenannten Beschlusses – weder die Statuten noch das Organisationsreglement (oder andere Regelungen zum Zeichnungsrecht) der Q AG vorgelegt. Die Q AG wurde am 22. Februar 2000 im Schweizerischen Handelsregister gelöscht. Zuvor war sie aufgelöst worden durch die Gener...

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