Rz. 84

Bei den nachfolgend (Rz. 85 ff.) dargestellten verdeckten Bewertungswahlrechten handelt es sich nur um eine Auswahl bedeutender in der IFRS-Rechnungslegung im Einzelabschluss vorhandener Bewertungswahlrechte. Daneben bestehen insbesondere noch folgende weitere verdeckte Bewertungswahlrechte:

  • Wertaufholung einzelner Vermögenswerte bzw. Gruppen von Vermögenswerten: Gestaltungsspielräume grundsätzlich wie bei der Identifizierung und Bestimmung der Wertminderung (Rz. 85 ff.);
  • Nutzungsdauer und Restwert bei abnutzbaren langfristigen Vermögenswerten in Abhängigkeit von der betrieblichen Investitionspolitik (verdecktes Wahlrecht gemäß IAS 16.57);
  • Bewertung (aktiver) latenter Steuern (Rz. 75 ff.);
  • Abgrenzung von Finanzinvestitionen, insbesondere bei "Vorratsgrundstücken" bzw. "Vorratsgebäuden", Grundstücken mit einer aktuell nur geringfügigen Nutzung oder einer künftig noch nicht klar bestimmten Nutzung, beispielsweise offene Lagerflächen, unbefestigte Kundenparkplätze sowie aktuell leer stehende Gebäude (faktisches Wahlrecht zur Einordnung dieser Immobilien);[1]
  • Existenz eines aktiven Marktes als Voraussetzung für die Anwendung der Neubewertungsmethode bei immateriellen Vermögenswerten (Rz. 4 ff.);
  • Schätzung der versicherungsmathematischen Parameter zur Berechnung der Pensionsrückstellung nach IAS 19 oder auch von Jubiläumsverpflichtungen und ähnlichen langfristigen Verpflichtungen gegenüber Arbeitnehmern;
  • Schätzung der Fluktuation und/oder der Performance der Mitarbeiter sowie des Unternehmens bei der Ausgabe von Aktienoptionen an Führungskräfte und Mitarbeiter, wenn die Gewährung der Aktienoptionen vom Verbleiben der Mitarbeiter während einer bestimmten Zeit bzw. vom Erreichen bestimmter Ziele abhängt.[2]
  • Aufgabe von Geschäftsbereichen

    Allerdings ist durch IFRS 5 aufgrund der Reklassifizierung eines zunächst aufgegebenen Geschäftsbereichs bei Entfallen der Voraussetzungen (insbesondere nicht erfolgte Veräußerung innerhalb von 12 Monaten) als fortgeführter Geschäftsbereich[3] die Bedeutung dieses Wahlrechts, insbesondere in Bezug auf die sachliche Abgrenzung des Geschäftsbereichs, zwar noch vorhanden[4], aber deutlich zurückgegangen.[5]

[1] Vgl. Rz. 13 f. sowie Graumann, UM 2004, S. 131.
[2] Vgl. IFRS 2.19.
[3] Vgl. IFRS 5.36 i. V. m. 5.8 sowie Heuser/Theile, IFRS-Handbuch, Einzel- und Konzernabschluss, 6. Aufl. 2019, Kap. 30.29.
[4] Vgl. Heuser/Theile, IFRS-Handbuch, Einzel- und Konzernabschluss, 6. Aufl. 2019, Kap. 30.18.
[5] Vgl. zu den verdeckten Gestaltungsspielräumen der früheren Regelung Kirsch, Finanz- und erfolgswirtschaftliche Jahresabschlussanalyse nach IFRS, 2004, S. 66.

4.2.1 Ermittlung von Wertminderungen und Wertaufholungen im langfristigen Vermögen

 

Rz. 85

Obwohl auch bei der Ermittlung von Wertminderungsaufwendungen nach IFRS im Prinzip der Einzelbewertungsgrundsatz gilt, ist von diesem Grundsatz abzuweichen, wenn einem Vermögenswert keine Zahlungsströme aus der betrieblichen Nutzung zugeordnet werden können, die von anderen Vermögenswerten unabhängig sind.[1] Bewertungseinheiten für die Durchführung des Asset-Impairment-Tests sind in Abhängigkeit der Zuordenbarkeit von cashflows auf die Vermögenswerte entweder einzelne Vermögenswerte oder eine zahlungsmittelgenerierende Einheit (ZGE). Die ZGE ist die kleinste Einheit von Vermögenswerten, denen cashflows direkt zugeordnet werden können und deren cashflows weitgehend unabhängig von denen anderer Gruppen von Vermögenswerten sind.

 

Rz. 86

Ausgenommen der immateriellen Vermögenswerte mit unbestimmter Nutzungsdauer und der noch nicht zum Gebrauch verfügbaren Vermögenswerte, die – aufgrund fehlender planmäßiger Abschreibungen – ohne Vorliegen besonderer Wertminderungsindikatoren einem jährlichen Asset-Impairment-Test zu unterziehen sind,[2] ist die Werthaltigkeit von Vermögenswerten bzw. Gruppen von Vermögenswerten, die keinen Geschäfts- oder Firmenwert enthalten,[3] nach IAS 36.12 nur dann zu überprüfen, wenn (mindestens) ein Indikator für eine potenzielle Wertminderung vorliegt. Solche Indikatoren sind beispielsweise:

 
Externe Informationsquellen Interne Informationsquellen
  • Starkes Sinken des Marktwerts im Vergleich zu dem durch die gewöhnliche Nutzung erwarteten Rückgang
  • Überalterung oder physische Beschädigung des Vermögenswerts
  • Signifikante Veränderungen im technischen, ökonomischen oder gesetzlichen Umfeld mit nachteiligen Folgen für das Unternehmen
  • Signifikante Nutzungsveränderung
  • Erhöhung der Marktzinssätze
  • Wirtschaftliche Ertragskraft des Vermögenswerts unterhalb der Erwartungen (u. a. Rückgang der Netto-Cashflows)
  • Übersteigen des Buchwerts des Reinvermögens über die Marktkapitalisierung

Abb. 12: Indikatoren für das Vorliegen einer Wertminderung nach IAS 36.12 (ausgenommen spezifischer Wertminderungsindikatoren für Anteile an Tochterunternehmen, Gemeinschaftsunternehmen und assoziierten Unternehmen)[4]

 

Rz. 87

Bei Vorliegen mindestens eines solchen Indikators ist ein Vergleich zwischen dem erzielbaren Betrag, der sich als Maximum aus beizulegendem Zeitwert abzüglich Verkaufskosten und Nutzungswert des Vermögenswerts bzw. der Grupp...

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