FinMin Baden-Württemberg, 20.5.2005, 3 - S 270.0/2

Der EuGH hat in seinen Urteilen vom 9.3.1999 – Rechtssache C-212/97 – und vom 5.11.2002 – Rechtssache C-208/00 – entschieden, dass die Niederlassungsfreiheit (Art. 43i.V.m. 48 EGV) einer Regelung entgegensteht, die die Auflösung einer nach dem Recht eines anderen Mitgliedstaates gegründeten Gesellschaft durch Begründung oder Verlegung des Sitzes der tatsächlichen Geschäftsleitung in einem anderen Mitgliedstaat vorsieht, sofern das Recht des Gründungsstaates dies ohne Auflösung zulässt. Das hat zur Folge, dass durch die Verlegung des Geschäftssitzes die Existenz der Gesellschaft unberührt bleibt und diese in dem anderen Mitgliedsstaat als rechtsfähig zu behandeln ist.

Die nach dem Recht eines anderen EU-Staates gegründeten Gesellschaften mit Geschäftsleitung im Inland erlangen nach bisheriger gewerbesteuerlicher Verwaltungsauffassung erst mit der Eintragung in das deutsche Handelsregister ihre Rechtsfähigkeit im Inland (Abschn. 13 Abs. 2 Satz 4 GewStR). Diese Verwaltungsauffassung ist durch die o.a. Urteile überholt. Solche sog. doppelt ansässigen Gesellschaften sind im Inland voll rechtsfähig. Auf die Eintragung im deutschen Handelsregister kommt es nicht an.

Dieser Erlass ist in allen noch nicht bestandskräftigen Fällen bei Begründung der doppelten Ansässigkeit einer in den Geltungsbereich des EGV fallenden Gesellschaft anzuwenden.

Wirken sich die Rechtsgrundsätze der vorstehenden EuGH-Rechtsprechung (a.a.O.) zum Nachteil eines Steuerpflichtigen aus, sind sie aus Billigkeitsgründen erstmals ab Erhebungszeitraum 2004 anzuwenden.

Dieser Erlass ergeht im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der anderen Länder.

 

Normenkette

GewStG § 2 Abs. 2

GewStR Abschn. 13 Abs. 2 Satz 4

 

Fundstellen

BStBl I, 2005, 727

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Finance Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge