Rz. 84

Der entgeltliche Erwerb von Genussrechten löst unabhängig davon, ob es sich bei dem Erwerber um eine natürliche oder juristische Person handelt, keine Steuerpflicht aus. Lediglich unentgeltlich erhaltene Genussrechte können der Kapitalertragsteuer gemäß § 20 Abs. 3 EStG unterliegen.[1]

 

Rz. 85

Bei einem Halten der Genussrechte im Privatvermögen besteht keine Bilanzierungspflicht. Werden die Genussrechte hingegen im Betriebsvermögen gehalten, orientiert sich ihre Bilanzierung aufgrund des in § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG kodifizierten materiellen Maßgeblichkeitsprinzips der Handelsbilanz für die Steuerbilanz zunächst an den handelsrechtlichen Ansatz-, Bewertungs- und Gliederungsvorschriften.[2] Vorrangig in der Steuerbilanz zu beachten sind allerdings die strengeren allgemeinen ansatzbezogenen Regelungen[3] sowie aufgrund des Bewertungsvorbehalts des § 5 Abs. 6 EStG die strengeren bewertungsbezogenen Regelungen[4].

 

Rz. 86

Die Genussrechtsausschüttungen stellen für den Genussrechtsinhaber entweder nach dem EStG oder nach dem KStG steuerpflichtiges Einkommen dar.[5] Werden Genussrechte von natürlichen Personen im Betriebsvermögen gehalten, gehören die Ausschüttungen auf solche Genussrechte entweder zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb[6], zu den Einkünften aus selbstständiger Arbeit[7] oder zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft[8]. Bei von natürlichen Personen im Privatvermögen gehaltenen Genussrechten gehören die Ausschüttungen auf diese Genussrechte zu den Einkünften aus Kapitalvermögen[9].[10] Zwar bezieht sich § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG lediglich auf solche Genussrechte, die vereinbarungsgemäß eine Beteiligung am Gewinn und am Liquidationserlös enthalten, aber eine Zuordnung der Ausschüttungen auf Genussrechte, die nicht gleichzeitig eine Beteiligung am Gewinn und am Liquidationserlös gewähren, zu einer anderen Einkunftsart lässt sich aus dieser Vorschrift nicht ableiten; in einem solchen Fall fällt die Genussrechtsvergütung unter § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Hat die emittierende Gesellschaft ihren Sitz im Inland, unterliegen die Genussrechtsausschüttungen gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1, 1a EStG der Kapitalertragsteuer. Gemäß § 43 Abs. 4 EStG hat dies auch Gültigkeit für Genussrechte, die im Betriebsvermögen gehalten werden. Gemäß § 8 Abs. 2 KStG werden bei Körperschaften sämtliche Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb behandelt. Gemäß § 8b Abs. 1 KStG i. V. m. § 8b Abs. 5 KStG bleiben zudem die Bezüge i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG bei der Ermittlung des körperschaftsteuerlichen Einkommens grundsätzlich unberücksichtigt.

 

Rz. 87

Nach Auffassung der Finanzverwaltung sind Genussrechte, die eine Beteiligung am Gewinn und am Liquidationserlös gewähren, mit Anteilen an einer Körperschaft oder Personenvereinigung i. S. d. § 8b Abs. 2 KStG gleichzusetzen.[11] Veräußerungsgewinne aus dem Kauf und dem anschließenden Verkauf von solchen Genussrechten unterliegen daher aufgrund von § 8b Abs. 2 KStG nicht der Besteuerung. Allerdings ist auch hier § 8b Abs. 5 KStG zu beachten. Ferner können eingetretene Veräußerungsverluste gemäß § 8b Abs. 3 KStG nicht geltend gemacht werden. Analog dürften auf diese Genussrechte auch § 3 Nr. 40 EStG und § 3c Abs. 2 EStG Anwendung finden.[12]

[1] Vgl. in diesem Kontext auch Knoppe, BB 1966, S. 284; Fischer, Der Genussschein als kapitalmarktpolitisches Instrument der Unternehmensfinanzierung, 1989, S. 286 f.
[2] Vgl. hierzu die Ausführungen in Rz. 61 ff.
[5] Vgl. hierzu sowie zum Folgenden auch Mihm, in Goette/Habersack, Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, 5. Aufl. 2021, § 221 AktG Rz. 437.
[6] Vgl. § 15 EStG.
[7] Vgl. § 18 EStG.
[8] Vgl. § 13 EStG.
[9] Vgl. § 20 EStG.
[10] Vgl. hierzu sowie zum Folgenden Mihm, in Goette/Habersack, Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, 5. Aufl. 2021, § 221 AktG Rz. 438.
[12] Vgl. zu § 3 Nr. 40 EStG weiterführend Levedag, in Schmidt, Einkommensteuergesetz, 42. Aufl. 2023, § 3 EStG Rz. 135 ff. Vgl. zur Anwendung des § 3c Abs. 2 EStG weiterführend Levedag, in Schmidt, Einkommensteuergesetz, 42. Aufl. 2023, § 3c EStG Rz. 12 ff.

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