Rückstellungensind für ungewisse vertragliche oder gesetzliche Gewährleistungsansprüche zu passivieren,[1] deren Verursachung durch Lieferung(en) im laufenden Geschäftsjahr liegt. Für Garantie- und Gewährleistungsrückstellungen gelten die allgemeinen Grundsätze für Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten. Nach den handelsrechtlichen Grundsätzen dürfen solche Rückstellungen grundsätzlich gebildet werden. Handelsrechtlich geboten sind derartige Rückstellungen allerdings nur, wenn mit einer Inanspruchnahme ernsthaft zu rechnen ist. Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten setzen deshalb in tatsächlicher Hinsicht voraus, dass die Schulden, für die die Rückstellungen gebildet werden sollen,

  • mit hinreichender Wahrscheinlichkeit bestehen oder entstehen werden und
  • ernsthaft mit einer Inanspruchnahme gerechnet werden muss.

Wurde ein (Werk-) Mangel bis zum Bilanzstichtag noch nicht gerügt, weil der Mangel bis dato noch keine erkennbare betriebsbeeinträchtigende Wirkung entfaltet hatte, und hatten die Vertragspartner noch keine Kenntnis vom Mangel, liegt es nach dem BFH nahe, dass der Unternehmer am Bilanzstichtag noch nicht ernsthaft mit einer Inanspruchnahme zur Gewährleistung rechnen musste.[2]

Garantierückstellungen, mit denen das Risiko künftiger Erlösschmälerungen durch kostenlose Nacharbeiten oder durch Ersatzlieferungen oder aus Minderungen oder Schadensersatzleistungen wegen Nichterfüllung aufgrund gesetzlicher oder vertraglicher Gewährleistung erfasst werden sollen, können bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen gebildet werden. Hierbei sind Einzelrückstellungen für die bis zum Tage der Bilanzaufstellung bekannt gewordenen einzelnen Garantiefälle oder Pauschalrückstellungen möglich.[3]

Muss ein Verkäufer jedoch am Bilanzstichtag nicht mit einer Wandlung des Kaufvertrags rechnen, darf er keine Rückstellung wegen seiner potenziellen Verpflichtung zur Rückerstattung des Kaufpreises bilden. Das gilt auch dann, wenn die Wandlung noch vor Aufstellung der Bilanz erklärt wird.[4]

Rückstellungen sind auch für Gewährleistungen zu bilden,[5] die ohne rechtliche Verpflichtungen erbracht werden und denen sich der Kaufmann aus geschäftlichen Erwägungen nicht entziehen kann (sog. Kulanzleistungen). Es sind somit nicht nur rechtliche, sondern auch faktische Verpflichtungen zurückzustellen. Eine solche faktische Verpflichtung setzt zum einen eine tatsächlich zuvor ausgeführte Lieferung oder Leistung voraus und zum anderen einen Nachweis, dass bereits in der Vergangenheit ähnliche Kulanzleistungen geleistet wurden. Für reine Kulanzleistungen, die darauf abzielen, den "guten Ruf" des Unternehmens zu erhalten, zu verbessern oder den Kundenkontakt zu pflegen, dürfen keine Rückstellungen gebildet werden, da diese Aufwendungen der Werbung dienen und in die Zukunft wirken.[6]

 
Hinweis

Geschäftliche Erwägungen bei Kulanzrückstellungen

Geschäftliche Erwägungen liegen dann vor, wenn am Bilanzstichtag aufgrund von Kulanzleistungen in der Vergangenheit unter Berücksichtigung des pflichtgemäßen Ermessens des vorsichtigen Kaufmanns damit zu rechnen ist, dass Kulanzleistungen, auch ohne Vorliegen einer rechtsverbindlichen Zusage, in Zukunft bewilligt werden, denen der Kaufmann sich nicht entziehen zu können glaubt.[7]

Die Passivierungspflicht für Gewährleistungsansprüche endet im Zeitpunkt des Wegfalls des Rückstellungsgrunds.[8] Entfällt der Grund für die Bildung der Rückstellung im folgenden Geschäftsjahr ganz oder teilweise, ist die Rückstellung entweder in voller Höhe oder zumindest zum Teil erfolgswirksam aufzulösen. Bestehen weiterhin Gewährleistungsverpflichtungen, muss die Rückstellung hingegen weitergeführt werden. Es ist daher notwendig, gebildete Rückstellungen jährlich zu überprüfen und ggf. anzupassen.

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