Entscheidungsstichwort (Thema)

Frage der Umsatzbesteuerung von Erlösen aus dem Verkauf von sog. Erlebnisgutscheinen als Entgelt für steuerbare Leistung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Es sind der USt unterliegende sonstige Leistungen gegeben, wenn zwischen der erbrachten Dienstleistung und dem erhaltenen Gegenwert ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Es stellt eine unionsrechtliche, unabhängig von der Beurteilung nach nationalem Recht zu entscheidende Frage dar, ob die Zahlung eines Entgelts als Gegenleistung für die Erbringung von Dienstleistungen erfolgt. Demzufolge erbrachte der Stpfl. mit dem Betrieb seines Internetportals an die Nutzer bzw. Gutscheinerwerber jeweils insgesamt eine steuerbare Leistung gegen Entgelt.

2. Der Stpfl. ist nach den Umständen des Einzelfalls hinsichtlich der erbrachten Erlebnisleistungen gegenüber den Gutscheininhabern als leistender Unternehmer i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 aufgetreten. Organisationsleistungen und der Zahlungsverkehr wurde über das von dem Stpfl. bereitgestellte Portal abgewickelt.

 

Normenkette

UStG § 2 Abs. 1 S. 1, §§ 15, 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 15.03.2022; Aktenzeichen V R 35/20)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Erlöse aus dem Verkauf von Gutscheinen als Entgelt für eine steuerbare Leistung des Klägers der Umsatzbesteuerung unterliegen.

Der Kläger, der in den Streitjahren seine Umsätze nach vereinbarten Entgelten versteuerte, betrieb seit 2008 ein Internetportal (www.….de). Auf diesem präsentierte er verschiedene Freizeiterlebnisse, die gebucht und in Anspruch genommen werden konnten. Dies setzte jeweils den Erwerb eines Gutscheins voraus (vgl. § … der AGB, Bl. 15 der Gerichtsakte). Die Gutscheine wurden vom Kläger im eigenen Namen und für eigene Rechnung über sein Internetportal verkauft. Zielgruppe des Klägers waren in erster Linie Personen, die ein Geschenk in Form eines besonderen Erlebnisses machen, die endgültige Auswahl des Geschenks aber dem Beschenkten überlassen wollten. Es konnten zum einen Gutscheine für ein konkret ausgewähltes Erlebnis (sog. Erlebnisgutscheine, vgl. Nr. … der Hilfshinweise, Bl. 18 der Gerichtsakte) erworben werden. In diesem Fall reichte bereits der für den Gutschein gezahlte Preis zur Inanspruchnahme des ausgewählten Erlebnisses. Weitere Zahlungen waren für die Inanspruchnahme des Erlebnisses grundsätzlich nicht zu leisten. Zum anderen konnten Gutscheine über einen zu bestimmenden Geldbetrag mit der Möglichkeit, das konkrete Erlebnis später auszuwählen (sog. Wertgutscheine, vgl. Nr. … und Nr. … der Hilfshinweise, Bl. 18R f. der Gerichtsakte), erworben werden. Dem Erwerber eines Erlebnisgutscheins wurden mit Übersendung des Gutscheins alle erforderlichen Informationen zur Verfügung gestellt, um in weiteren Schritten einen Termin für die Inanspruchnahme des ausgewählten Erlebnisses zu vereinbaren (vgl. Nr. … der Hilfshinweise, Bl. 18R der Gerichtsakte). Im Fall des Erwerbs eines sog. Wertgutscheins erhielt der Gutscheininhaber diese Informationen vom Kläger, nachdem er unter Einlösung des Gutscheins ein konkretes Erlebnis ausgewählt hatte. Soweit das gewählte Erlebnis günstiger als der Betrag des verwendeten Gutscheins war, wurde dem Gutscheininhaber der Restbetrag gutgeschrieben. Soweit der Wert des Gutscheins nicht ausreichte, hatte er den Differenzbetrag zu begleichen (vgl. Nr. … der Hilfshinweise, Bl. 18R der Gerichtsakte). Es bestand darüber hinaus die Möglichkeit, erworbene Erlebnisgutscheine umzutauschen und ein anderes Erlebnis als das zunächst ausgewählte Erlebnis in Anspruch zu nehmen (vgl. § … der AGB, Bl. 17 der Gerichtsakte) oder mehrere Wertgutscheine für ein Erlebnis einzulösen (vgl. Nr. … der Hilfshinweise, Bl. 18R der Gerichtsakte).

Den auf seiner Homepage präsentierten Erlebnissen lagen Vereinbarungen mit den jeweiligen Veranstaltern „…”) zugrunde. Danach stellten diese die vom Kläger zur Präsentation auf seinem Internetportal benötigten Informationen zur Verfügung. Für den Fall der Inanspruchnahme der Erlebnisleistung durch einen Gutscheininhaber vereinbarten der Kläger und der jeweilige Veranstalter, dass der Kläger dem Veranstalter über den für einen Erlebnisgutschein gezahlten Preis oder aber im Fall von verwendeten sog. Wertgutscheinen den für ein Erlebnis veranschlagten Preis abzgl. einer vereinbarten Vermittlungsprovision, in der Regel um die 30% (vgl. § … bzw. § … der exemplarisch eingereichten Vereinbarungen, Bl. 21R, 24R der Gerichtsakte), eine Gutschrift ausstellt und den Betrag auszahlt. Die „Vermittlungsprovision” rechnete der Kläger dabei gegenüber den Veranstaltern unter Ausweis von Umsatzsteuer in der Gutschrift ab. Der jeweilige Veranstalter konnte die Abrechnung samt Ausstellung der Gutschrift und die Auszahlung des Betrages über ein vom Kläger hierfür zur Verfügung gestelltes Online-Abrechnungssystem veranlassen. Dabei hatte der Veranstalter u.a. eine auf dem Gutschein vermerkte Referenznummer unter seinem Account einzutragen (vgl. § … bzw. § … der exemplarisch eingereichten Vereinbarun...

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