Entscheidungsstichwort (Thema)

Besteuerungsrecht Kanadas für von der Deutschen Rentenversicherung Bund an eine in Kanada ansässige Steuerpflichtige gezahlte Rente

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Das Besteuerungsrecht für eine Altersrente, die eine in Kanada ansässige Steuerpflichtige von der Deutschen Rentenversicherung Bund bezieht, steht nach Art. 18 Abs. 1 S. 1 i. V. m. Art. 30 DBA-Kanada und Ziffer 5 Buchst. b) des Protokolls zum DBA-Kanada nicht Deutschland, sondern Kanada zu. Entgegen der von der Finanzverwaltung vertretenen Ansicht (vgl. Bayerisches Landesamt für Steuern, Verfügung v. 8.6.2011, S 1301.1.1-93/4 St 32) können Altersrenten aus der deutschen gesetzlichen Sozialversicherung nicht nach Art. 18 Abs. 3 Buchst. DBA-Kanada in Deutschland besteuert werden (Abweichung vom BFH-Beschluss v. 13.12.2011, I B 159/11); ein deutsches Besteuerungsrecht ergibt sich auch nicht aus Art. 18 Abs. 2 S. 1 und 2 DBA Kanada.

2. Renten aus der gesetzlichen Sozialversicherung sind „Ruhegehälter” i. S. v. Art. 18 Abs. 1 S. 1 DBA-Kanada.

3. Ziffer 5 Buchst. b des Protokolls zum DBA-Kanada enthält für die Quellenbesteuerung in Deutschland eine sachliche Begrenzung, nach der diese nur für Ruhegehälter im öffentlichen Dienst möglich ist.

 

Normenkette

EStG § 1 Abs. 1, 3-4, § 49 Abs. 1 Nr. 7, § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst aa; DBA-Kanada Art. 18 Abs. 1 Sätze 1-2, Abs. 2 Sätze 1, 3, Abs. 3 Buchst. c; DBA-Kanada Art. 21 Abs. 3; DBA-Kanada Art. 30; AO §§ 8-9; SGB IV § 29

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 20.12.2017; Aktenzeichen I R 8/16)

BFH (Urteil vom 20.12.2017; Aktenzeichen I R 8/16)

 

Tenor

Abweichend von den Bescheiden für 2005 und 2006 über Einkommensteuer vom 12.06.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 03.12.2014 wird die festgesetzte Einkommensteuer für 2005 und 2006 auf jeweils … Euro herabgesetzt.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruches der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in der gleichen Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Besteuerung einer von der Deutschen Rentenversicherung Bund bezogenen Rente.

Die … geborene Klägerin lebt seit dem Ende der …iger Jahre in Kanada. Sie bezog in den beiden Streitjahren von der Deutschen Rentenversicherung Bund eine Leibrente nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a) Doppelbuchstaben aa) des EinkommensteuergesetzesEStG – in Höhe von jeweils … EUR. Als Rentenbeginn wird in den elektronisch übermittelten Rentenbezugsmitteilungen der … ausgewiesen.

Mit Bescheiden vom 12.06.2012 setzte der Beklagte für 2005 und 2006 jeweils … EUR Einkommensteuer gegen die Klägerin fest. Dabei berücksichtigte er die von ihr bezogene Rente jeweils nur mit ihrem steuerpflichtigen Teil (… EUR). Das zu versteuernde Einkommen versteuerte er mit dem Mindeststeuersatz nach § 50 Abs. 3 Satz 2 EStG in der in den beiden Streitjahren geltenden Fassung (25 %). Den hiergegen form- und fristgerecht eingelegten, aber auch in der Folgezeit nicht weiter begründeten Einspruch wies der Beklagte nach … Fristverlängerungsanträgen des Prozessbevollmächtigten der Klägerin und nachdem er diesem die Rechtslage noch einmal mit Schreiben vom 03.04.2014 erläutert und auf die Möglichkeit einer Option zur unbeschränkten Steuerpflicht nach § 1 Abs. 3 EStG hingewiesen hatte, mit Einspruchsentscheidung vom 03.12.2014 zurück. Zur Begründung führte er aus, dass die Klägerin mit ihrer aus Deutschland bezogenen Rente nach §§ 1 Abs. 4, 49 Abs. 1 Nr. 7, 22 Nummer 1 Satz 3 Buchstabe a) EStG der deutschen Einkommensteuer unterliege.

Die Klägerin hat am 05.01.2015 Klage erhoben.

Nachdem sie mit Schreiben des Vorsitzenden vom 08.01.2015, ihrem Prozessbevollmächtigten zugestellt am 11.02.2015, nach § 79b Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO – aufgefordert worden ist, bis zum 20.02.2015 die Tatsachen anzugeben, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Verwaltungsverfahren sie sich beschwert fühlt, hat sie mit Schriftsatz vom 20.02.2015 vorgetragen, dass sie seit dem Eintritt in ihr Rentenalter von der Deutschen Rentenversicherung eine geringfügige Rente beziehe, die mehr als … Jahre nicht der deutschen Einkommensteuer unterlegen habe. In Kanada beziehe sie eine Witwenrente, die unter dem kanadischen Existenzminimum liege. Beide Renten reichten nicht aus, um ihren Lebensunterhalt zu decken. In Kanada habe sie keine Steuererklärung abgegeben. Ob ihr kanadische Steuerbescheide vorlägen, wisse sie nicht. Sie bemühe sich mit Hilfe eines Verwandten in den Besitz dieser Einkommensteuerbescheide zu kommen. Da sie nicht abschätzen könne, ob eine Option nach § 1 Abs. 3 EStG zu einer Verschlechterung führe, könne eine solche Option erst nach Vorlage und Prüfung der kanadischen Steuerbescheide erfolgen.

Die Klägerin ist mit Schreiben des Berichterstatters vom 27.03. ...

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