Entscheidungsstichwort (Thema)

Abrechnungsbescheid über Säumniszuschläge – Konkretisierung der Streitpunkte

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Über konkrete Streitpunkte, die die Entstehung und Verwirklichung von Säumniszuschlägen betreffen, hat die Finanzbehörde durch Abrechnungsbescheid zu entscheiden.
  2. Kontoauszüge und Informationsschreiben reichen nicht aus, weil sie keine bindende, gerichtlich überprüfbare Regelung beinhalten.
  3. Ein Anspruch auf Erlass eines Abrechungsbescheids zu Informationszwecken als Serviceleistung des Finanzamts besteht hingegen nicht.
 

Normenkette

AO § 218 Abs. 2 S. 1, § 240; GG Art. 19 Abs. 4

 

Streitjahr(e)

1999

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 02.02.2006; Aktenzeichen VII B 160/05)

 

Tatbestand

Der Kläger, der als Syndikus nichtselbständig und als Rechtsanwalt selbständig tätig ist, wird mit seiner Ehefrau, der Klägerin, einer Lehrerin, zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Für das Streitjahr 1999 gaben die Kläger ihre Einkommensteuererklärung bzw. der Kläger die Umsatzsteuererklärung im Dezember 2000 ab. Der Beklagte das Finanzamt setzte die Einkommensteuer 1999 zunächst mit Bescheid vom 13. September 2001 auf 98.862 DM fest und führte als Erläuterung aus, da die Kläger auf mehrere Aufklärungsschreiben nicht geantwortet hätten, habe das Finanzamt insoweit nach Aktenlage entschieden. Gegen den Einkommensteuerbescheid für 1999 legten die Kläger Einspruch ein; während des Einspruchsverfahrens erließ das Finanzamt am 7. Januar 2002 einen Änderungsbescheid und setzte hierin die Einkommensteuer auf 42.182,60 EUR (82.502 DM) herab. Im Abrechnungsteil erläuterte das Finanzamt, nach Abzug der anzurechnenden Lohnsteuer habe sich ein verbleibender Einkommensteuer- Betrag von 9.725,79 EUR (19.022 DM) ergeben. Auf diesen Betrag seien bereits 13.804,88 EUR entrichtet worden; demnach seien 4.079,09 EUR zuviel entrichtet. Nach Verrechnung mit entstandenen Säumniszuschlägen in Höhe von 42,44 EUR ergebe sich ein Guthaben zu Gunsten der Kläger von 4.036,65 EUR. Für Vollverzinsungszinsen und Solidaritätszuschlag erfolgte eine entsprechende Berechnung, allerdings ohne Verrechnung mit Säumniszuschlägen.

Mit Schreiben vom 31. Januar 2002 erhoben die Kläger gegen den Einkommensteuer-Änderungsbescheid vom 7. Januar 2002 Einspruch und beantragten zugleich den Erlass eines „aktuellen Abrechnungsbescheides für die Steuerjahre 1996 bis 2001”. Aus der Abrechung des Bescheids sei nicht zu ersehen, wie sich die dort genannten Zahlungsbeträge errechneten. Die Kläger hätten „gemäß den uns vorliegenden Kontoauszügen viel mehr” an das Finanzamt gezahlt bzw. das Finanzamt habe „darüber hinaus noch Guthaben nicht ausgezahlt, sondern irgendwo verrechnet.” Außerdem seien keine Säumniszuschläge angefallen. Da sich in dem Bescheid vom 7. Januar ein Erstattungsbetrag zu Gunsten der Kläger ergebe, habe das Finanzamt noch Guthabenzinsen zu zahlen, nicht aber hätten die Kläger Säumniszuschläge zu entrichten.

Mit Schreiben vom 20. Februar 2002 lehnte das Finanzamt den Erlass eines Abrechnungsbescheids ab und führte zur Begründung aus, hinsichtlich der Jahre 1996 bis 1998, 2000 und 2001 hätten die Kläger nicht substantiiert dargelegt, inwieweit Unstimmigkeiten bestünden. Bezüglich des Jahres 1999 seien Säumniszuschläge entstanden, weil die Aussetzung der Vollziehung der im Bescheid vom 13. September 2001 angeforderten Abschlusszahlung nicht ab Fälligkeit, sondern erst mit Wirkung ab 9. November 2001 gewährt worden sei; die Säumniszuschläge seien gemäß § 240 Abs. 1 Satz 4 AO nicht nachträglich entfallen. Für eine weitergehende Feststellung im Rahmen eines Abrechungsbescheides bestehe kein Bedarf. Das Finanzamt übersandte den Klägern einen aktuellen Kontoauszug zur Einkommensteuer 1996 bis 2002, worin die Buchungsvorgänge –aus Sicht des Finanzamts dargestellt waren.

Hiergegen erhoben die Kläger Einspruch (Schreiben vom 26.02.2002). Sie trugen vor, über die Abrechnung bestehe jede Menge Streit, wie das Finanzamt aus anderen Verfahren wisse; nach Ansicht der Kläger bestehe ein Guthaben zu ihren Gunsten von 43.337 DM. Der Kontoauszug sei für sie nicht nachvollziehbar. Beispielsweise seien in der Spalte „gezahlt” viele Positionen mit einem Minuszeichen als Auszahlungen aufgeführt, sie (die Kläger) hätten von diesen Beträgen aber nichts gesehen. Es stelle sich die Frage, auf welches Bankkonto die Erstattungen geflossen seien? Die den Klägern zugerechneten Zahlungen seien im wesentlichen Verrechnungen mit Steuerguthaben. Es sei nicht klar, was wann mit welchen Guthaben verrechnet worden sei. Das Finanzamt habe im Kontoauszug auch Positionen ausgewiesen (Einkommensteuer 2000 mit Verspätungszuschlag hierzu, fällig am 02.04.02), die es noch gar nicht gebe und die auch nicht fällig seien. Außerdem sei der Kontoauszug nicht nachvollziehbar, weil er die Beträge nur in Euro enthalte und die in DM getätigten Transaktionen nicht in DM ausweise. Das Finanzamt solle deshalb einen Abrechnungsbescheid zur Einkommensteuer 1996 bis 2001 erlassen.

Das Finanzamt übersan...

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