Entscheidungsstichwort (Thema)

Nur teilweiser Erlass von Säumniszuschlägen bei Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung

 

Leitsatz (redaktionell)

Trotz Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung besteht kein Anspruch auf hälftigen Erlass von Säumniszuschlägen, die auf vom Arbeitgeber (Sequester) pflichtwidrig nicht einbehaltene und abgeführte Lohnsteuern anfallen. In bezug auf diese Verpflichtung behalten die Säumniszuschläge ihre Funktion als Druckmittel.

 

Normenkette

AO §§ 227, 240; EStG § 38 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 S. 1, § 41a

 

Streitjahr(e)

1997, 1998, 1999, 2000

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 09.07.2003; Aktenzeichen V R 57/02)

 

Tatbestand

Mit Beschluss vom 20. Januar 1997 ordnete das Amtsgericht A in dem Konkursantragsverfahren des Kaufmanns B die Sequestration des Geschäftsbetriebs des Schuldners an. Zum Sequester bestellte es den Kläger. Am 09. Juni 1997 wurde das Konkursverfahren über das Vermögen des B eröffnet; der Kläger wurde zum Konkursverwalter bestellt.

In der Folgezeit meldete der Beklagte erhebliche Steuerforderungen und hierauf zu entrichtende Säumniszuschläge zur Konkurstabelle an.

Mit Schreiben vom 04. Februar 2000 beantragte der Kläger den Erlass sämtlicher Säumniszuschläge, soweit sie über den Tag der Sequestrationsanordnung vom 20. Januar 1997 hinaus berechnet worden seien.

Mit Schreiben vom 20. März 2000 nahm der Beklagte zum begehrten Erlass wie folgt Stellung: Säumniszuschläge würden in erster Linie ein Druckmittel zur Durchsetzung fälliger Steuerforderungen darstellen, seien aber auch eine Gegenleistung für das Hinausschieben der Zahlung sowie ein Ausgleich für den angefallenen Verwaltungsaufwand. Soweit diese Zwecke durch die Säumniszuschläge nicht mehr erreicht werden könnten, sei die Erhebung sachlich unbillig. Im Hinblick auf den weiteren Zweck der Säumniszuschläge, nämlich Gegenleistung für das Hinausschieben der Fälligkeit zu sein und den angefallenen Verwaltungsaufwand abzugelten, komme nach der Rechtsprechung in den Fällen der Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung sowie in den Fällen der wirtschaftlichen Leistungserschöpfung durch Ratenzahlungen grundsätzlich nur ein hälftiger Erlass der Säumniszuschläge in Betracht. Diese Grundsätze seien auch im Falle eines Konkursverfahrens anzuwenden. Von daher sei dem Erlassantrag nur teilweise zu entsprechen, nämlich soweit die Hälfte der ab dem Tag der Sequestration entstandenen Säumniszuschläge betroffen seien. Ein Erlass der Säumniszuschläge zur Lohnsteuer wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung sei hingegen nicht möglich, denn die Annahme einer Zahlungsunfähigkeit hinsichtlich der Lohnsteuer scheide begrifflich schon deshalb aus, weil der Arbeitgeber in keinem Fall mit der einzubehaltenen und abzuführenden Lohnsteuer belastet werde, so dass eine nicht termingerechte Abführung einbehaltener Lohnsteuer mit Liquiditätsschwierigkeiten des zum Abzug Verpflichteten nicht begründet werden könnte. Gründe für eine persönliche Unbilligkeit habe der Kläger nicht vorgetragen. Daher würden insgesamt 45.423,-- DM Säumniszuschläge erlassen, die sich im Einzelnen wie folgt berechnen:

...

Mit Schreiben vom 25. März 2000 teilte der Kläger mit, dass er mit einem hälftigen Erlass der Säumniszuschläge ab Anordnung der Sequestration nicht einverstanden sei. Mit weiterem Schreiben vom 06. April 2000 teilte der Kläger mit, dass der Beklagte offensichtlich die Auswirkungen eines Konkursverfahrens verkenne. Es werde daher abschließend um die Erteilung eines rechtsmittelfähigen Bescheids gebeten.

Der Beklagte behandelte dieses Schreiben als erneuten Antrag auf Erlass der Säumniszuschläge und lehnte diesen mit Bescheid vom 28. April 2000 ab. Zur Begründung wies er darauf hin, dass ein Vorrang der Konkursordnung vor der Abgabenordnung nicht erkennbar sei. Der Antrag auf vollständigen Erlass der Säumniszuschläge ab Anordnung der Sequestration werde daher auch weiterhin abgelehnt.

Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 29. Mai 2000 Einspruch ein, in dem er noch einmal darauf hinwies, dass mit Anordnung der Sequestration ein Zahlungsverbot erlassen worden sei. Insoweit könnten Säumniszuschläge, die den Zweck hätten, den säumigen Schuldner zur Zahlung zu bewegen, diesen Zweck nicht mehr erfüllen.

Mit Einspruchsentscheidung vom 31. Juli 2000 wies der Beklagte den Einspruch zurück und führte zur Begründung aus: Ein weiterer Erlass der Säumniszuschläge, über den mit Schreiben vom 20. März 2000 gewährten Umfang hinaus, komme nicht in Betracht. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sei er regelmäßig nicht verpflichtet, bei Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung mehr als die Hälfte der nach § 240 der Abgabenordnung (AO) verwirkten Säumniszuschläge zu erlassen. Die erhobenen Säumniszuschläge würden ihre Funktion als Straf- oder Verzugszinsen im Falle der Anordnung der Sequestration auch weiterhin erfüllen. Darüber hinaus würden sie auch den Verwaltungsaufwand, der durch Nichtzahlung oder verspätete Zahlung verursacht werde, abdecken. Ein Erlass der Hälfte der verwirkten Säumnisz...

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